Ifo-Index rutscht weiter ab: Unternehmen sind wegen vierter Coronawelle äußerst besorgt - DER SPIEGEL
Lockdown-Angst und Lieferprobleme belasten deutsche Unternehmer. Sie blicken skeptischer in die Zukunft, der Ifo-Geschäftsklimaindex fällt erneut. Zumindest in der Industrie sind die Erwartungen etwas besser.
Es ist der fünfte Rückgang in Folge: Die Stimmung der deutschen Wirtschaft hat sich angesichts der anhaltenden Lieferprobleme und der fortschreitenden Coronapandemie weiter verschlechtert. Der Geschäftsklimaindex sank auf 96,5 Punkte nach 97,7 Zählern im Oktober, wie das Münchner Ifo-Institut zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Experten hatten nur einen Rückgang auf 96,6 Punkte erwartet.
»Lieferengpässe und die vierte Coronawelle machen den Unternehmen zu schaffen«, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Chefinnen und Chefs bewerteten die Lage ihrer Firmen insgesamt skeptischer als zuletzt und blickten auch weniger optimistisch nach vorn. Doch zwischen den einzelnen Branchen gibt es Unterschiede.
Unter Dienstleistern hat sich das Geschäftsklima merklich verschlechtert. Insbesondere bei den Erwartungen nahm die Skepsis deutlich zu, aber auch mit der aktuellen Lage waren sie weniger zufrieden. Die vierte Infektionswelle hat die Erwartungen insbesondere im Tourismussektor und dem Gastgewerbe einbrechen lassen, vielerorts herrscht wieder Existenzangst.
Die Unternehmen in der Branche stünden vor zwei bis drei schwierigen Monaten, sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe. »Selbst wenn keine formalen Lockdowns verkündet worden sind, dürften sich viele Menschen freiwillig einschränken.«
Wirtschaftlicher »Herbststurm über Deutschland«
Handelsunternehmen blicken ebenfalls pessimistischer in die Zukunft, Ihre aktuelle Lage bewerteten sie hingegen noch etwas besser. Im Einzelhandel wird die Stimmung weiterhin durch Lieferprobleme belastet, viele Unternehmen planen deshalb auch verstärkt Preiserhöhungen.
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In der Industrie beurteilten die Unternehmen indes auch die laufenden Geschäfte deutlich schlechter. Allerdings hellten sich die Erwartungen etwas auf, was vor allem auf die Entwicklung der Automobilindustrie zurückzuführen war, wenngleich die Fabriken auch weiterhin unter Lieferengpässen bei Vorprodukten und Rohstoffen leiden.
Das führe zu dem Paradoxon, dass die Auftragsbücher voll seien, aber trotzdem wegen der Lieferengpässe die Produktion sinke, so Ifo-Experte Wohlrabe. Hoffnungen auf eine Verbesserung der Lage seien zerstört worden. Selbst auf dem Bau, der in der Pandemie boomte, hat sich das Geschäftsklima leicht verschlechtert: Die Erwartungen im Bauhauptgewerbe gingen zurück.
Mit der Einschätzung ihrer Lage liegen die Unternehmen auf einer Linie mit den Vorhersagen führender Wirtschaftsforschungsinstitute. Sie hatten angesichts der sich verschärfenden Coronasituation ihre Konjunkturprognosen für dieses Jahr zuletzt ebenfalls heruntergeschraubt. Zuletzt gab auch die Bundesbank einen deutlich pessimistischeren Ausblick auf die wirtschaftliche Entwicklung als bisher.
Für das laufende Quartal erwarten einige Ökonomen sogar ein Schrumpfen der Wirtschaft, während die Bundesbank weitgehend mit einer Stagnation rechnet. Als Konjunkturbremse gelten neben der Pandemie auch aus Sicht der Wirtschaftsforschungsinstitute vor allem die Lieferengpässe und höhere Energiepreise.
»Allgemein verliert die Konjunktur weiter Dampf«, kommentierte Jens-Oliver Niklaisch von der Landesbank Baden-Württemberg das Abrutschen des Ifo-Index. Eine Trendwende sei leider nicht in Sicht, »sodass wir konstatieren müssen, dass der Jahresausklang aus konjunktureller Sicht unerfreulich zu werden droht«. Andreas Scheuerle von der Deka-Bank sprach von einem »Herbststurm über Deutschland«, nach und nach braue sich ein wirtschaftliches Unwetter zusammen.
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