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Saturday, April 10, 2021

Gigafactory in Grünheide: Wie klimafreundlich ist Tesla? - ZEIT ONLINE

Wie klimafreundlich ist Tesla? – Seite 1

Es ist eine kühne Behauptung, die Tesla in einem am Donnerstag öffentlich gewordenen Schreiben an das Landesgericht Brandenburg aufstellt. Dort heißt es: "Der deutsche Genehmigungsrahmen für Industrie- und Infrastrukturprojekte […] steht in direktem Gegensatz zu der für die Bekämpfung des Klimawandels notwendigen Dringlichkeit […]." Im Klartext: Die Bürokratie ist zu langsam und deswegen geht es mit dem Klimaschutz nicht recht voran. In dem Brief erwähnt der US-Automobilhersteller die eigene Elektroautofabrik in Brandenburg zwar mit keinem Wort, aber die Vermutung liegt nahe, dass die Kritik mit dem stockenden Genehmigungsverfahren für die Gigafabrik zusammenhängt.

Die Vorwürfe sind überraschend, weil Teslas Großprojekt in Brandenburg eher ein Beispiel für die mögliche Effizienz der deutschen Behörden ist als für deren Langsamkeit: Nur 16 Monate nach der Antragstellung ist die Fabrik zu etwa zwei Dritteln fertiggestellt. Im Sommer sollen die ersten Autos vom Band rollen. Möglich wurde das durch eine Ausnahmeregelung im Bundesimmissionsschutzgesetz, die Baumaßnahmen unter Vorbehalt erlaubt. Die abschließende Genehmigung fehlt allerdings noch. Eigentlich sollte die finale Entscheidung Ende März fallen, wegen einer großen Zahl von Anträgen beim Landesamt für Umwelt wurde die Entscheidung aber auf einen unbestimmten Termin im Frühjahr vertagt.

In dem Schreiben an das Landgericht Brandenburg beklagt sich Tesla darüber, dass die Genehmigungsverfahren für "umweltfreundliche Projekte" die gleichen seien wie für Kohlekraftwerke. Es gehört zur Marketingstrategie von Unternehmenschef Elon Musk sich und seine Mitarbeiter als Pioniere der Umweltbewegung zu sehen. Um den Klimawandel aufzuhalten, kann der Ausbau der Elektromobilität für Musk gar nicht schnell genug gehen. Dieses Selbstverständnis findet sich auch in Teslas Onlineauftritt wieder. Dort hat das US-Unternehmen die Mission ausgegeben, den "Übergang zu nachhaltiger Energie zu beschleunigen". Auch bei der Beschreibung der geplanten Gigafabrik in Brandenburg spart Tesla nicht mit Superlativen. Die Fabrik werde die "fortschrittlichste Serienproduktionsstätte für Elektroautos der Welt" und das Arbeitsumfeld modern und nachhaltig sein.

Beim Umweltbundesamt gibt man sich abwartend, ob Tesla in Brandenburg den eigenen Ansprüchen gerecht werden kann. "Unternehmen, die mit einer positiven CO2-Bilanz werben, sollten auch den Nachweis erbringen, dass sie die eigenen Zielvorgaben einhalten", sagt Jens Schuberth, der im Fachgebiet Energieeffizienz arbeitet. Es gebe viele Möglichkeiten den Bau und Betrieb einer Fabrik klimafreundlich zu gestalten. So könnten etwa klimaschonende Materialien eingesetzt oder ein Umweltmanagementsystem eingeführt werden. Ob Tesla ähnliche Maßnahmen plant oder bereits umgesetzt hat, ist allerdings nicht bekannt. Eine Anfrage dazu, ob die Nachhaltigkeit der Fabrik mit Zahlen belegt werden kann, ließ Tesla unbeantwortet.

Die Batterieproduktion ist entscheidend

Trotz dieser Vorbehalte ist Martin Wietschel vom Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung zuversichtlich, dass die Brandenburger Fabrik einen wichtigen Beitrag zur deutschen Energiewende leisten kann. Die Emissionen, die beim Bau entstünden, seien in der Gesamtbetrachtung zu vernachlässigen. "Der Standort in Grünheide ist günstig, weil der Anteil von Windstrom in Brandenburg schon heute relativ hoch ist", sagt Wietschel. Entscheidend für die Klimabilanz sei vor allem die Batterieproduktion. Durch den Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien und kurze Transportwege könne der ökologische Fußabdruck eines Elektroautos deutlich reduziert werden.

In einer Studie kommen Martin Wietschel und seine Kollegen zu dem Ergebnis, dass der CO2-Ausstoß eines Elektroautos bis zu 23 Tonnen geringer ausfällt als der eines Autos mit Verbrennungsmotor. Das Ergebnis beruht allerdings auf der Annahme, dass die erneuerbaren Energien in den kommenden Jahren stetig ausgebaut werden. "Der Vorteil des Elektroautos steht und fällt mit der Zusammensetzung des Strommix", sagt Wietschel. Auch gelte nach wie vor die Faustregel, dass kleine und leichte Autos klimafreundlicher seien als Jeeps oder Sportwagen, egal, ob mit oder ohne Elektroantrieb. Die Größe und Batteriekapazität der Teslamodelle 3 und Y, die in Brandenburg produziert werden sollen, bewegen sich für Wietschel aber noch im Rahmen des Sinnvollen.

Auch Tesla sieht noch Verbesserungspotenzial

Ähnlich argumentiert auch Kerstin Meyer, die für die Initiative Agora Verkehrswende das Projekt für Fahrzeuge und Antriebe leitet. "Wenn wir in Deutschland die Klimaziele einhalten wollen, brauchen wir mehr Elektromobilität", sagt Meyer. Ziel müsse es sein, bis zum Jahr 2030 14 Millionen elektrisch angetriebene Fahrzeuge auf die Straßen zu bringen.

Auch Agora Verkehrswende hat sich in einer Studie mit der Klimabilanz von Elektroautos und Autos mit Verbrennungsmotor auseinandergesetzt. Das Fazit der Forscherinnen und Forscher ist eindeutig: Die Herstellung und Entsorgung von Elektroautos erzeugt zwar mehr CO2 als die Produktion von Autos mit Verbrennungsmotor, allerdings wird dieser Nachteil im Laufe der Nutzungsdauer kompensiert. Ab einer Laufleistung von etwa 62.000 Kilometern ist ein durchschnittliches Elektroauto klimafreundlicher als ein Benziner. Ab etwa 90.000 Kilometern ist es besser als ein Dieselfahrzeug. Bei einer Fahrleistung von 200.000 Kilometern können so bis zu 29 Prozent CO2 eingespart werden. Kerstin Meyer ist überzeugt, dass der CO2-Ausstoß durch Verbesserungen bei der Batterieherstellung künftig noch geringer ausfallen wird. Zwar seien die Autos von Tesla etwas größer und schwerer als andere Elektroautos, die Vorteile gegenüber den Verbrennern blieben aber erhalten.

Umweltzerstörungen und Menschenrechtsverletzungen

Hinsichtlich der Reduzierung der CO2-Emissionen scheint Tesla die selbst gesteckten Ziele tatsächlich erreichen zu können. Umweltorganisationen wie der Naturschutzbund Brandenburg und die Grüne Liga zweifeln aber nach wie vor an der Nachhaltigkeit des Bauprojekts und haben beim Landgericht Brandenburg Widerspruch gegen die Baugenehmigung eingelegt. Sie kritisieren den hohen Wasserverbrauch der Fabrik und die Gefährdung geschützter Tierarten wie der Zauneidechse.

Ein weiterer Kritikpunkt der Tesla-Gegner ist der hohe Ressourcenverbrauch. Für die Produktion eines Akkus mit einer Kapazität von 90 Kilowattstunden werden etwa 13 Kilogramm Kobalt und Lithium benötigt. Bei der Gewinnung von Lithium werden große Mengen giftiger Chemikalien eingesetzt, die im Länderdreieck von Bolivien, Chile und Argentinien zu gewaltigen Umweltzerstörungen geführt haben. Außerdem wurden beim Abbau von Kobalt in der Demokratischen Republik Kongo in der Vergangenheit wiederholt schwere Menschenrechtsverletzungen und Kinderarbeit nachgewiesen. Der Verbrauch seltener Metalle ist allerdings kein exklusives Problem von Tesla, sondern betrifft die gesamte Autobranche.

Auch Tesla sieht beim Ressourcenverbrauch noch deutliches Verbesserungspotenzial und hat im vergangenen September eine vielversprechende Ankündigung gemacht. "Wir glauben, dass wir die Menge an Kobalt fast auf null reduzieren können", erklärte Elon Musk auf Twitter. Falls die kommende Batteriegeneration tatsächlich ohne Kobalt auskommen sollte, stehen die Chancen gut, dass Tesla auch die verbleibenden Kritiker von den Vorteilen des Elektroautos überzeugen kann.

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