Das Geschäft der Lufthansa erholt sich langsamer als zunächst erhofft. Bei der 2020 tief in die roten Zahlen abgestürzten großen deutschen Airline stand im ersten Quartal unter dem Strich weiter ein Verlust – über 1,05 Milliarden Euro. Das ist zwar halb so viel wie im Vorjahresquartal zu Beginn der Corona-Krise. Dennoch machte Lufthansa-Chef Carsten Spohr deutlich, dass wegen anhaltender Reisebeschränkungen die Kapazitätsprognosen für das Gesamtjahr nach unten korrigiert werden.
Statt bis zu 50 Prozent des Vor-Corona-Niveaus werden nur noch etwa 40 Prozent erwartet. Neben dem Schrumpfkurs bei der Flotte könnten 2022 nach dem Auslaufen von Kündigungsschutzvereinbarungen bis zu 10.000 Stellen beim Kabinenpersonal wegfallen.
Nicht nur die Lufthansa wartet dringend darauf, dass sich der Flugverkehr durch Corona-Impfungen der Bevölkerung und weniger Eingriffe der Regierungen wieder normalisiert. Weltweit ist die Airline-Branche in die Verlustzone abgerutscht und wurde mittels Staatshilfe gestützt. Zu Rettung der Lufthansa stieg im vergangenen Jahr der Bund über eine Kapitalspritze mit 20 Prozent ein.
Lufthansa-Chef Spohr und Finanzvorstand Remco Steenbergen verwiesen auf den Reisewunsch von vielen, was der Airline wieder mehr Geschäft bescheren würde. Dies habe sich an den sprunghaften Buchungen zu Ostern nach Mallorca gezeigt. Sobald Reisebeschränkungen fallen, werde es sicher diesen Effekt geben. „Je länger die Krise dauert, desto größer wird die Sehnsucht der Menschen, wieder zu reisen“, sagte Spohr.
Kurzfristig könnte die Lufthansa ihre Kapazitäten im Sommer dann auf 70 Prozent der Vor-Corona-Krise aufstocken. Spohr wiederholte frühere Ankündigungen, dass die Lufthansa-Gruppe künftig ihre Flotte von einst geplanten 800 auf 650 Flugzeuge schrumpft, die dann moderner sein sollen.
Das Angebot in der First- und Business-Class soll zugunsten mehr Sitzen in der Premium Economy Class verkleinert werden. Zur Kostensenkung im Konzern habe auch der Abbau von über 25.000 Stellen binnen eines Jahres auf nunmehr gut 111.000 Beschäftigte beigetragen. Ein Schwerpunkt war der Verkauf von Aktivitäten der Bordverpflegungsgruppe LSG.
Keine Dumping-Preise mehr
Nunmehr könnten 2022 bis zu 10.000 Stellen wegfallen, wenn im nächsten Jahr ein Krisenpaket mit Kündigungsschutz für Kabinenmitarbeiter ausläuft. Wie bei früheren Runden von Stellenstreichungen machte Spohr darauf aufmerksam, dass die Zahl davon abhängt, ob im vergleichbaren Maßstab sonst die Personalkosten gesenkt werden können.
Bei der Frage der Wiederbelebung des Flugverkehrs verwies Spohr auf die Ankündigung von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, dass es im Sommer für US-Amerikaner wieder möglich sein soll, in die EU einreisen zu können. Dies sei ein gutes Signal.
Der Lufthansa-Chef erwartet „in den nächsten zwei, drei Wochen“ eine Entscheidung der US-Regierung, wann Europäer wieder in die USA einreisen können. Dies hänge auch vom Impffortschritt in Europa ab. Bei der Preisentwicklung dämpfte Spohr die Hoffnung auf künftige Dumpingpreise. Die Airlines könnten es sich angesichts der Krise der Branche trotz Überkapazitäten nicht erlauben, hohe Rabatte zu geben.
Auf eine Analystenfrage über die Konsequenzen bei einer Beteiligung der Grünen in einer künftigen deutschen Regierung machte Spohr auf Österreich aufmerksam, wo die Grünen im vergangenen Sommer zunächst einen Ticket-Mindestpreis von 40 Euro gefordert hatten. Ähnliche Forderungen seien womöglich auch in Deutschland zu erwarten.
In den Zahlen des ersten Quartals der Lufthansa spiegeln sich die tiefen Einbrüche durch die Corona-Krise wider. Der Umsatz schrumpfte um 60 Prozent auf 2,56 Milliarden Euro, die Zahl der Flüge um 80 Prozent auf 41.000 und die Zahl der Fluggäste um 86 Prozent auf knapp über drei Millionen.
Der Verlust von 1,05 Milliarden Euro fiel etwas geringer aus als die durchschnittliche Prognose der Analysten. Sie erwarten auch im Gesamtjahr 2021 rote Zahlen mit gut zwei Milliarden Euro Verlust und 2022 dann wieder einen Minigewinn.
Airbus schreibt wieder bessere Zahlen
Eine Schlüsselrolle bei den Lufthansa-Finanzen spielt die in Kürze anstehende Hauptversammlung am 4. Mai. Dort soll die Möglichkeit für eine Kapitalerhöhung (genehmigtes Kapital) über nominal bis zu 5,5 Milliarden Euro geschaffen werden. Finanzvorstand Steenbergen geht von einer Zustimmung der Hauptversammlung zu dem Schritt aus und hält eine Nutzung in diesem oder nächsten Jahr für möglich.
Im soeben vorgelegten Lufthansa-Zwischenbericht heißt es, dass der Vorstand die Liquidität des Konzerns auch bei den aktuellen Unsicherheiten über den weiteren Geschäftsverlauf für die nächsten 18 Monate als gesichert ansieht. Am Quartalsende verfügte der Konzern noch über liquide Mittel von 10,6 Milliarden Euro.
Während die Lufthansa weiter in der Verlustzone steckt, meldete Airbus als einer der Hauptlieferanten der Airline wieder deutlich bessere Zahlen. Der europäische Flugzeughersteller kehrte im ersten Quartal mit 362 Millionen Euro Überschuss in die Gewinnzone zurück, nach 481 Millionen Euro Verlust im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz blieb stabil bei 10,5 Milliarden Euro.
Airbus-Chef Guillaume Faury äußerte sich vorsichtig optimistisch. Er verwies auf ein Wiederanspringen des Flugverkehrs in Fernost und den USA. Airbus änderte zwar nichts an der Jahresprognose mit unveränderten Produktionszahlen im Vergleich zu 2020. Dennoch wird hinter den Kulissen offensichtlich ein neuer Aufschwung vorbereitet. Es werde aber untersucht, im welchem Tempo die Produktion wieder ausgebaut werden könnte, sagte Faury.
Während Airbus wieder schwarze Zahlen schreibt, hatte Boeing einen Verlust in Höhe von umgerechnet 445 Millionen Euro für das erste Quartal vermeldet. Die Amerikaner belasten zahlreiche Probleme bei ihren Modellen 737Max, 787 sowie der neuen 777X. Zudem gibt es Verzögerungen bei der Fertigstellung der beiden neuen Air-Force-One-Jumbojets für den US-Präsidenten.
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