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Sunday, April 11, 2021

Vaccitech: Der Briten-Stolz bevorzugt für Börsenstart die USA - WELT

Die Entscheidung für die US-Börse ist ein herber Schlag für die Hoffnung der Londoner City, zu einem Zentrum für Notierungen von jungen Technologie- und Life-Science-Unternehmen zu werden. Enttäuschend ist der Schritt auch für die britische Regierung, die sich in den vergangenen Monaten besonders stark gemacht hat für den im eigenen Land entwickelten Impfstoff, während in der EU ein Streit um die verpassten Lieferzusagen von AstraZeneca entbrannte und Zweifel zu möglichen Nebenwirkungen des Vakzins aufgekommen sind. Laut britischen Medienberichten hält das Finanzministerium eine direkte Beteiligung an Vaccitech.

„Londons Ambitionen, zu einem Zentrum für neue Notierungen in Life Science und Technologie zu werden, versetzt das ein wenig einen Schlag“, sagte Neil Wilson, Analyst bei Markets.com. Allerdings sei die Nasdaq für Biotechnologie-Unternehmen seit Langem die Börse der Wahl, der Schritt von Vaccitech daher verständlich.

Um London als Börse für Gründer attraktiv zu machen, prüfe die Regierung eine Reihe von Lockerungen der Vorschriften, hatte Finanzminister Rishi Sunak Anfang März angekündigt. Unter anderem soll das Zwei-Klassen-System gelockert werden, dass Gründern mehr Stimmrecht einräumt als der Anteil ihrer Aktien.

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Der Start ins Börsenjahr verlief jedoch enttäuschend. Der Essenslieferdienst Deliveroo, mit einer Marktkapitalisierung von 7,6 Milliarden Pfund (8,8 Milliarden Euro) zum Start der größte IPO seit einem Jahrzehnt, hat seit der Erstnotierung Ende März über ein Drittel an Wert eingebüßt.

Institutionelle Anleger verwiesen neben regulatorischen Risiken wegen der Arbeitsbedingungen des Unternehmens auch auf Schwierigkeiten bei der Unternehmensführung, wenn einem Gründer zu viel Macht eingeräumt werde. Mit Cazoo, einer Online-Plattform für Gebrauchtwagen, hat sich zudem ein weiteres junges britisches Unternehmen gerade für eine Notierung in den USA entschieden.

Trotz der Schwierigkeiten in den vergangenen Wochen hat London es geschafft, sich den Börsengang von Oxford Nanopore, einem Spezialisten für DNA-Sequenzierung, zu sichern. Das sei ein deutlich größerer Börsengang als Vaccitech, sagte Analyst Wilson. „Das ist ein entscheidender Vertrauensbeweis.“ Oxford Nanopore wird derzeit mit vier bis sieben Milliarden Pfund bewertet, Vaccitech war bei der letzten Finanzierungsrunde im März mit rund 425 Millionen Dollar (357 Millionen Euro) bewertet worden.

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Das Unternehmen war 2016 von Sarah Gilbert, Impfstoffexpertin an der Universität Oxford, und Adrian Hall, Leiter des Jenner-Instituts, aus der Universität ausgegründet worden, um eine kommerzielle Weiterentwicklung ihrer Forschungsarbeit zu Impfstoffen zu ermöglichen. Das Unternehmen arbeitet an einer Reihe weiterer Impfstoffe und lizenziert dabei jeweils die Forschung des auf Impfforschung spezialisierten Jenner-Instituts. Unter anderem sind Vakzin-Kandidaten gegen Hepatitis B, Papillomavirus und Prostatakrebs aktuell in der frühen Testphase.

Die beiden Wissenschaftler halten jeweils rund fünf Prozent der Anteile an Vaccitech. Weitere Investoren sind unter anderem der Vermögensverwalter M&G Investment Management, Sequoia Capital China, das Biotech-Unternehmen Gilead und GV, die Beteiligungsgesellschaft der Google-Mutter Alphabet.

Mit der Arbeit an einem Impfstoff gegen den neuen Coronavirus Sars-CoV-2 haben Gilbert und ihre Kollegen bereits kurz nach der genetischen Identifizierung des Virus Anfang 2020 begonnen. Sie bauten dabei auf Erfahrungen auf, die sie bei der Entwicklung von Vakzinen entwickelt hatten, zum Beispiel gegen Ebola und die Atemwegserkrankung Mers.

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AZD1222, das Vakzin gegen Covid-19, nutzt die sogenannte Vektortechnologie. Dabei wird eine abgeschwächte Version eines Virus, der eine Erkältung bei Schimpansen auslöst, genutzt, um das genetische Material des Spikeproteins von Sars-CoV-2 in den menschlichen Körper zu bringen und dadurch eine Immunreaktion gegen den Covid-19-Erreger auszulösen.

AZD1222 ist das erste kommerziell eingesetzte Vakzin von Vaccitech, es gehört zu einer Handvoll Impfstoffe, die in der Rekordzeit von weniger als einem Jahr einsatzfähig waren. Vaccitech weist in den Unterlagen für den Börsengang aber auch ausführlich auf mögliche Nebenwirkungen des Impfstoffs hin. In seltenen Fällen kommt es nach der Impfung zu Thrombosen, die bei einigen Geimpften zum Tod geführt haben.

Viele Staaten haben daher die Verabreichung auf bestimmte Altersgruppen begrenzt oder den Impfstoff zunächst ausgesetzt. Auch die britische Aufsicht empfiehlt seit vergangener Woche, Menschen unter 30 Jahren mit alternativen Vakzinen zu impfen. „Es gibt keine Gewissheit, dass der Impfstoff nicht in Verbindung steht mit einer Zunahme des Risikos von Thrombosefällen“, heißt es in den Papieren.

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Ein Problem für den Unternehmenswert könne sich auch aus der in Studien belegten geringeren Wirksamkeit des Vakzins gegen die Version 501Y.V2, die sogenannte südafrikanische Variante des Virus ergeben. „Jede Verbindung von AZD1222 mit unerwünschten Ereignissen oder die Vermutung einer solchen Verbindung oder Erkenntnisse, dass AZD1222 weniger effektiv gegen bestimmte Varianten von Covid-19 ist, könnte den Absatz von AZD1222 reduzieren und damit auch potenzielle Zahlungen, die wir aus dem Verkauf des Impfstoffs erhalten.“ Auch die Kommerzialisierung anderer Impfstoffkandidaten stehe unter diesen Vorbehalten.

Die Lizenz für den Vertrieb des Impfstoffs liegt beim britisch-schwedischen Pharmakonzern AstraZeneca, der sich verpflichtet hat, für die Dauer der Pandemie keinen Gewinn mit dem Vertrieb zu erwirtschaften. Das ändert sich, wenn die Pandemie offiziell für beendet erklärt wird. Sowohl Vaccitech als auch der Universität Oxford steht dann eine Tantieme zu. Für Vaccitech sind das laut den Börsenunterlagen rund 1,4 Prozent der Nettoumsätze.

Experten rechnen damit, dass auch künftig regelmäßige Auffrischungsimpfungen gegen Sars-CoV-2 nötig sein werden. Vaccitech arbeitet bereits an einem solchen Booster. Der Markt für Impfstoffe, der lange hauptsächlich von den Pharmakonzernen GlaxoSmithKline, Merck, Pfizer und Sanofi beherrscht wurde, dürfte dadurch deutlich wachsen.

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