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Sunday, May 30, 2021

Bayers Glyphosat-Problem: 63 Milliarden Dollar für Ärger ohne Ende - WELT

Drei Jahre Klageflut wegen Monsanto – und weiter kein Ende in Sicht. Das ist, kurz gefasst, das Problem, vor dem der Leverkusener Bayer-Konzern steht, nachdem sich in dieser Woche die Hoffnung auf eine gütliche Einigung mit richterlichem Segen erneut zerschlagen hat.

Im Juni vor drei Jahren übernahm der Pharma- und Chemiegigant vom Rhein den deutlich kleineren US-Wettbewerber. Und holte sich mitsamt einer innovativen und hochmotivierten Forschertruppe ungewollt jede Menge juristische Risiken ins Haus. Rund 125.000 Klagen wegen angeblicher Krebsrisiken des Umsatzschlagers Roundup und des darin enthaltenen Wirkstoffs Glyphosat sind es bis heute.

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Zwar hat Bayer für den größten Teil davon, etwa 96.000 insgesamt, bereits einen Vergleich mit den Klägeranwälten vereinbart. Doch Bayer wollte mit einer einmaligen Zahlung von circa zwei Milliarden Dollar jetzt schon zukünftige Rechtsstreitigkeiten beilegen. Die Richter lehnten das ab.

Das ist nicht nur für den Konzern, sondern auch für Vorstandschef Werner Baumann ein Problem. Denn Baumann, der seinen Vertrag trotz aller Kritik im vergangenen Jahr bis 2024 verlängert hat, gilt als Stratege der 63 Milliarden Dollar teuren Übernahme. Doch die Euphorie über die „Logik des Deals“, nämlich den weltweit führenden Anbieter für Saatgut und Pflanzenschutz zu schaffen, ist wegen des nicht enden wollenden Klagerisikos längst verflogen, intern wie extern.

Der Börsenkurs der Bayer-Aktie gibt das wie ein Seismograf wieder. Rund 40 Prozent Marktkapitalisierung hat Bayer, einst wertvollstes Unternehmen im Börsenindex Dax, seit der Übernahme im Sommer 2018 eingebüßt. 2019 verweigerten die erzürnten Investoren Baumann deshalb die Entlastung auf der Hauptversammlung, als erstem Dax-Chef überhaupt.

Zuletzt konnte sich der Kurs wieder etwas erholen, auch weil der Konzern durch das Engagement bei der Corona-Impfstoffproduktion und durch den Einstieg in das Zukunftsgeschäft mit Zell- und Gentherapien wieder neue Pharmahoffnungen schüren konnte. Doch die harsche Absage durch Richter Chhabria versetzte der Aktie in dieser Woche einen Dämpfer von sechs Prozent und kostete das Papier rund 2,3 Milliarden Dollar Börsenwert.

Zwar hat Bayer umgehend einen Fünf-Punkte-Plan vorgelegt, mit dem es gelingen soll, auch ohne richterliches Siegel das leidige Thema der Monsanto-Klagen, so gut es geht, aus der Welt zu schaffen. Doch Baumann und seine Vorstandskollegen räumten in einer eilends einberufenen Telefonschalte ein, dass der ursprüngliche Weg „eindeutig effizienter“ gewesen wäre.

Einer der wichtigsten Punkte des neuen Plans sieht vor, dass der umstrittene Wirkstoff Glyphosat möglicherweise aus den Regalen für Privatkunden in den USA verbannt und durch einen anderen Inhaltsstoff ersetzt wird. Dabei ist man im Konzern weiter von der Sicherheit des Produkts überzeugt – und die meisten Aufsichtsbehörden, die Glyphosat zugelassen haben, geben Bayer recht.

Privatkundengeschäft ist weniger bedeutend

Doch die relativ drastische Maßnahme könnte dabei helfen, das Risiko künftiger Klagen zu begrenzen. Bayer zufolge stammen 90 Prozent der bisherigen Klagen aus dem Privatkundensegment – und eben nicht von Landwirten oder Gleisarbeitern, die Roundup großflächig anwenden.

Rund 300 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet Bayer im Roundup-Geschäft mit Privatkunden. Das macht nicht einmal ein Prozent des gesamten Konzernumsatzes von zuletzt über 41 Milliarden Euro aus. Selbst ein Einbruch in den Verkaufszahlen in diesem Segment oder eine geringere Marge, weil etwa ein anderer Wirkstoff kostspieliger wäre als das altgediente Glyphosat, wäre für Bayer zu verschmerzen – gemessen an der Aussicht, dadurch das Risiko künftiger Klagen zu minimieren.

„Zudem wäre das für Bayer eine Art Schutzschild, falls Institutionen wie die Internationale Krebsagentur IARC ihre toxikologische Einschätzung zu Glyphosat auch auf andere Krebsarten ausweiten“, urteilt Sebastian Bray von der Berenberg Bank. Die Einschätzung der IARC im Jahr 2015, wonach Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend“ für den Menschen sei, war so etwas wie der Startschuss für die Klagen gegen Monsanto. Erst mit der Übernahme durch den Bayer-Konzern haben sich diese allerdings schließlich vervielfacht.

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Bisher hat Bayer insgesamt 11,6 Milliarden Dollar für die Vergleichszahlungen aus den Roundup-Massenklagen eingeplant. Davon sind 9,6 Milliarden für die bereits beigelegten Klagen vorgesehen. Weitere zwei Milliarden Dollar will Bayer für künftige US-Kläger vorhalten. An dieser Summe, auf die Bayer sich zuvor mit den Klägeranwälten geeinigt hatte und die Richter Chhabria nun im Paket mit den übrigen Vereinbarungen abgelehnt hat, hält der Konzern bisher weiter fest.

Positiv vermerkt Analystin Nina Kilb von der DZ Bank, dass die bisherigen Einigungen bei Prozessrisiken von Monsanto – neben Roundup sind hier vor allem die Produkte PCB und Dicamba zu nennen – zwar im laufenden Jahr „zu einer Kennzahlenverschlechterung führen“ dürften, gleichzeitig aber der Cashflow in den Jahren 2021 und 2022 entlastet wird, weil Bayer den für künftige Klagen reservierten Betrag anders als ursprünglich vorgesehen nun doch nicht in einen Fonds einzahlen muss.

Allerdings: Gerade mit Blick auf künftige Investitionen und Zukäufe, insbesondere im Pharmabereich, wo Bayer in den kommenden Jahren angesichts der Patentabläufe seiner Blockbuster Eylea und Xarelto für Ersatz sorgen muss, sind die Möglichkeiten durch die Monsanto-Belastungen weiterhin begrenzt.

Für Analysten ein „gangbarer Weg“

Große Hoffnungen richtet der Konzern nun auf das oberste US-Gericht, wo Bayer für bereits verlorene Klagen in Berufung gehen will. Ein Urteil des Supreme Court könnte Mitte 2022 erfolgen – und nach Einschätzung des Vorstands Haftungsrisiken womöglich „erheblich reduzieren“.

Immerhin, einen Teil der Analysten hat Baumann mit dem Fünf-Punkte-Plan für den Umgang mit den Monsanto-Klagen überzeugen können. Als „gangbaren Weg“ bezeichnet etwa Analyst Michael Leuchten von der UBS die geänderte Strategie. Was diese aber vorerst nicht bringe, sei das, was Bayer nach all den Jahren ersehnt habe: „ein gewisses Maß an Finalisierung“.

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