Zäsur auf dem deutschen Medienmarkt: Der Kölner Fernsehsender übernimmt das Magazingeschäft des traditionsreichen Hamburger Zeitschriftenverlags Gruner + Jahr (unter anderem „stern“, „Geo“, 800 Journalisten) für 230 Millionen Euro. Beide Unternehmen gehören zum Bertelsmann-Konzern.
Heißt: Der TV-Sender wird jetzt auch Verleger.
Durch den Kauf endet die publizistische Eigenständigkeit des 1965 von den Verlegern John Jahr senior (†91), Gerd Bucerius („Die Zeit“, †89) und dem Druckereibesitzer Richard Gruner (†84) gegründeten Medienhauses nach mehr als fünf Jahrzehnten.
Bereits seit Monaten hatten die Führungskräfte von RTL und G+J hinter verschlossenen Türen über eine enge Verzahnung der Unternehmen verhandelt. Am Ende stand statt einer Kooperation die Komplett-Übernahme.
„Alle Arbeitsplätze bleiben in Hamburg“
Damit entsteht laut RTL ein „journalistisches Powerhouse“ mit mehr als 1500 Journalisten, das künftig gemeinsam Themen für Fernsehen, Audio und Magazine produzieren soll. Bertelsmann-Chef Thomas Rabe (wird heute 56), seit 2019 in Personalunion auch CEO der RTL Group, sicherte den G+J-Mitarbeitern in einem Journalisten-Call zu: „Es wird keine große Umzugsaktion geben, alle Arbeitsplätze bleiben in Hamburg.“
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► Der Kauf soll zum 1. Januar 2022 erfolgen, dafür wird die neue Gruner + Jahr Deutschland GmbH gegründet. Ausgenommen von der Übernahme sind die G+J-Minderheitsbeteiligung am „Spiegel“ (wird künftig vom Mutterkonzern Bertelsmann wahrgenommen), die „Sächsische Zeitung“ sowie der Kommunikationsdienstleister Territory. Das Kartellamt muss nicht zustimmen, da RTL und G+J bereits zu Bertelsmann gehören.
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► Mit der Zusammenlegung einher geht eine angestrebte Neupositionierung von RTL als Familiensender und zu einer, so Rabe, „führenden Marke für positive Unterhaltung und unabhängigen Journalismus“. Der Konzernchef: „Das Management sowohl in Köln wie in Hamburg steht geschlossen hinter dem Konzept. Es bietet die Chance, dass beide Unternehmen ihr Potenzial deutlich besser nutzen können.“
RTL versechsfacht Nettogewinn
RTL stellte am Donnerstag die Halbjahreszahlen vor. Die stiegen nach der Corona-Delle 2020 um 87 Prozent, der Nettogewinn versechsfachte sich auf 929 Millionen Euro vor allem aufgrund eines starken Wachstums bei den TV-Werbeumsätzen. Für das Gesamtjahr 2021 rechnet die RTL Group mit einem Umsatz von 6,5 Milliarden Euro. Die Börsen-Analysten hatten damit offenbar gerechnet – die RTL-Aktie legte im Tagesverlauf um sechs Prozent zu.
Der Verkauf der G+J-Magazingeschäfte und -marken von Bertelsmann an RTL Deutschland qualifiziert als Transaktion mit nahestehenden Unternehmen und Personen („related-party transaction“). Daher haben die unabhängigen Mitglieder des Verwaltungsrats der RTL Group über diese Transaktion abgestimmt und sie einstimmig genehmigt.
Ein unabhängiger Experte (Deutsche Bank) hat den Mitgliedern des Verwaltungsrats der RTL Group eine „Fairness-Opinion“ zur Verfügung gestellt, die zu dem Schluss gekommen ist, dass der von der RTL Group zu zahlende Kaufpreise für die G+J-Magazingeschäfte in finanzieller Hinsicht fair für die RTL Group ist. Die Transaktion wurde darüber hinaus jeweils einstimmig von Vorstand und Aufsichtsrat von Bertelsmann genehmigt und soll zum 1. Januar 2022 abgeschlossen werden.
Das erweiterte RTL Deutschland hätte im Geschäftsjahr 2020 einen Umsatz von 2,63 Milliarden Euro und einen operativen Gewinn (Adjusted EBITA) von 496 Millionen Euro erzielt. Die potenziellen Synergien der Zusammenführung (Run-Rate-Effekt auf das Adjusted EBITA) werden auf rund 100 Millionen Euro pro Jahr geschätzt, die im Jahr 2025 vollständig realisiert werden sollen. Gruner + Jahr Deutschland wird auch in Zukunft seinen Sitz in Hamburg haben.
RTL wird jetzt Verleger: TV-Sender übernimmt Zeitschriften von Gruner + Jahr - BILD
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