Beim Versicherungskonzern Allianz steht Vorstandsmitglied Jacqueline Hunt im Zuge der voraussichtlich milliardenteuren Affäre um Verluste von Allianz-Hedgefonds in der Coronakrise vor dem vorzeitigen Aus. Die Allianz erwäge, »die Nachfolgeplanungen für ihren Vorstand vorzuziehen«, teilte der Münchner Konzern mit. Dabei gehe es auch um die Asset-Management-Sparte, »die aufgrund der Structured-Alpha-Thematik in den USA derzeit vor besonderen Herausforderungen steht«. Der Vertrag der 53-Jährigen läuft im kommenden Jahr ohnehin aus. Das »Wall Street Journal« berichtete, Hunt verhandle schon über einen vorzeitigen Abgang.
Der Amerikanerin wird zumindest ein Teil der Verantwortung für das Debakel gegeben, das die Vermögensverwaltungstochter Allianz Global Investors (AllianzGI) mit den Hedgefonds erlitten hat. Etwa 25 institutionelle Investoren in den USA – darunter Pensionsfonds für Staatsbedienstete – haben die Allianz auf sechs Milliarden Dollar verklagt. Sie hatten im Frühjahr 2020 mit den riskanten, aber angeblich krisensicheren Papieren einen Großteil ihres Einsatzes verloren. Sie werfen der Allianz vor, angesichts der zeitweiligen Panik an den Märkten von ihrer Investmentstrategie abgewichen zu sein. Die Verluste haben auch die Aufsichtsbehörden in den USA und Deutschland sowie das US-Justizministerium auf den Plan gerufen.
Die Allianz hat bisher keine Rückstellungen gebildet, musste aber bereits eine Gewinnwarnung aussprechen. Sie prüft nach eigenen Angaben auch selbst die »Risiko- und Compliance-Prozesse in Bezug auf die Structured-Alpha-Fonds, die zum Geschäftsbereich Asset Management gehören«.
Hunt ist seit 2016 im Allianz-Vorstand für die beiden Asset-Management-Töchter Pimco und AllianzGI zuständig. Pimco genießt im Konzern aber relativ große Autonomie, solange die Kalifornier zuverlässig ihre Gewinne in München abliefern. Die kleinere, in Frankfurt ansässige AllianzGI ist in Deutschland eigentlich vor allem für Publikumsfonds bekannt. Hedgefonds wie die in den USA vertriebene »Structured Alpha«-Familie sind für sie eher ein Randgeschäft.
Dem »Wall Street Journal« zufolge habe Hunt bereits gehen wollen, bevor das US-Justizministerium im Mai auf die »Structured Alpha«-Fonds aufmerksam geworden sei. Über die Zeit hätten sich Divergenzen über die Unternehmenskultur angehäuft, zitierte die Zeitung einen Insider. Der Zeitpunkt ihres Abschieds sei aber noch unklar.
Hunt hatte ihren Vertrag bereits 2019 nur noch um drei statt der üblichen fünf Jahre verlängern lassen. Laut der Zeitung steht ein Nachfolger schon bereit, der aber noch von der Finanzaufsicht Bafin bestätigt werden muss. Die Allianz teilte mit, der Aufsichtsrat werde sich auf seiner nächsten regulären Sitzung am 30. September mit den Nachfolgeplänen befassen.
Hedgefonds-Affäre: Allianz-Vorständin Hunt steht vor der Ablösung - DER SPIEGEL
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