Die Pressemitteilung, die da am Mittwochabend um 19:46 Uhr vom Volkswagen-Konzern verschickt wurde, kommt unvermittelt, hart - aber doch scheint sie in gewisser Weise konsequent zu sein: "Der Aufsichtsrat der Traton SE hat heute einen zweifachen Vorstandswechsel bei Traton entschieden", heißt es. Gesamtchef Matthias Gründler und Finanzchef Christian Schulz werden demnach vor Vertragsende ausscheiden, und zwar bereits an diesem Donnerstag.
Traton, das ist die Holding, in der die schweren Lastwagen bei Volkswagen gebündelt sind. Da ist zum einen der Münchner Lastwagen-Bauer MAN, der gerade mit Werksschließungen und Stellenabbau beschäftigt ist. Da ist zum anderen der schwedische Truckhersteller Scania, diese strahlende Premiummarke. Und da ist seit Kurzem auch noch der darbende US-amerikanische Hersteller Navistar. Drei unterschiedliche Firmen und Kulturen, darüber die Holding mit dem Kunstnamen und darüber schließlich noch der Haupteigentümer Volkswagen aus Wolfsburg. Das ist alles nicht einfach zu organisieren, zumal in Umbruchzeiten: Auch Lkw müssen ihre Antriebe umstellen, von Diesel auf Strom und Wasserstoff wie bei den Autos. Auch dort hält die Digitalisierung Einzug, auch dort fehlen gerade Computerchips. Das alles hatte Gründler, 56, dem Vernehmen nach aber ganz gut im Griff, es schien im Spaß zu machen. Er war übrigens - kleine Pointe - erst vor gut einem Jahr gekommen, weil damals sein Vorgänger Andreas Renschler hingeworfen hatte, wohl auch aus Frust über zu viel Einflussnahme durch Wolfsburg.
Doch dann änderten sich auch bei Gründler die Umstände und die Laune in diesem Frühjahr. Zum 1. Mai bekam er einen Vorstandskollegen an die Seite gesetzt: Bernd Osterloh. Nicht nur, dass Gründler nicht um diese - nun ja - Verstärkung darum gebeten hatte. Nein, er war vom Traton-Aufsichtsrat vor vollendete Tatsachen gestellt worden, nach allem was man hört. Osterloh, das muss man wissen, war über ein Jahrzehnt der Volkswagen-Betriebsratschef, galt als "König von Wolfsburg" - und zum Ende seiner Karriere bastelte man ihm noch diesen hübsch dotierten Posten bei Traton. Personalvorstand ist der mächtige und selbstbewusste Ex-Betriebrat nun dort, was nicht wirklich nötig war in einer Holding.
Wie eng die Zusammenarbeit war, oder eben nicht, beschrieb Gründler kurz nach Osterlohs Amtsantritt im SZ-Interview: "Ich gehe davon aus", sagte Gründler da über seinen neuen Vorstandskollegen, "dass er sich, wie bei allen Managern bei uns üblich, in den nächsten 100 Tagen über seine Strategie Gedanken machen wird." Das sind Worte die größtmögliche Distanzierung ausdrückten - und in denen man lesen konnte, wie desavouiert sich Gründler vom Aufsichtsrat rund um Hans Dieter Pötsch fühlte. Der machte damit deutlich, wessen Wohlergehen am wichtigsten ist bei Volkswagen. Es ist insofern eher wahrscheinlich, dass Gründler genug hatte - wenn es auch nicht belegt ist.
Den Abschied immerhin haben sie alle zusammen sehr freundlich gestaltet: Pötsch dankt Gründler in der Abschiedsmitteilung "ausdrücklich". Auch er bekommt einige Zitatzeilen eingeräumt und wünscht der gesamten Gruppe "viel Erfolg". Sein Nachfolger wird Scania-Chef Christian Levin, der beide Unternehmen in Personalunion führen soll - was die Leute bei MAN nicht freuen dürfte. Finanzvorständin wird die Traton-Managerin Annette Danielski.
VW-LKW-Sparte: Gründler wirft hin - Süddeutsche Zeitung - SZ.de
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