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Monday, October 11, 2021

Die Preise steigen auf breiter Front - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Der Ölpreis hat zum Wochenauftakt ein neues Sieben-Jahres-Hoch erreicht: Gut 81 Dollar je Fass kostete die amerikanische Sorte WTI – so viel wie seit 2014 nicht mehr. 84 Dollar wurden für die Nordseesorte Brent verlangt. Wer gehofft hatte, der allgemeine Preisauftrieb werde sich abschwächen, weil die Ölpreisrally ja nicht ewig so weitergehen könne, sieht sich erstmal getäuscht.

Die Inflation hat im zurückliegenden Quartal deutlich zugenommen, wie der vierteljährliche F.A.Z.-Preisbericht zeigt. Dabei waren die Energiepreise ein wichtiger Treiber, aber der Anstieg der Teuerung erreichte auch immer weitere Wirtschaftszweige. Die Inflationsrate in Deutschland betrug im Juli 3,8 Prozent, im August 3,9 Prozent und im September 4,1 Prozent: Das war die höchste monatliche Steigerung der Verbraucherpreise seit 28 Jahren. Die Commerzbank hat nun ihre Inflationsprognosen angehoben und rechnet jetzt damit, dass im Laufe des Jahres sogar noch eine Fünf vor dem Komma stehen wird.

Kautschuk mehr als 40 Prozent teurer

Teurer geworden sind auch Winterreifen. Das berichtet jedenfalls das Internetportal Check 24, das die Preise für die 100 beliebtesten Winterreifen verglichen hat. Durchschnittlich seien die Preise um 6,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Das Statistische Bundesamt berichtet derweil von einem außergewöhnlich hohen Anstieg der Einfuhrpreise für den Reifen-Rohstoff Kautschuk, der aber nach der amtlichen Statistik noch keine entsprechenden Auswirkungen auf die Verbraucher zeige. Die Einfuhrpreise für Naturkautschuk seien auf Jahressicht um 41,7 Prozent gestiegen, die für synthetischen um 46,7 Prozent.

In den unterschiedlichsten Wirtschaftszweigen gab es zuletzt spektakuläre Rekorde bei den Preissteigerungen zu vermelden – zum Teil waren dabei allerdings die ungewöhnlich niedrigen Vorjahrespreise im Pandemie-Jahr 2020 ein Grund dafür, dass der Jahresvergleich besonders drastisch ausfiel. So stiegen die Erzeugerpreise in Deutschland im August im Vergleich zum Vorjahresmonat um 12 Prozent, das war der höchste Anstieg immerhin seit Dezember 1974. Und rund um den Bau gab es einen Preissprung um 12,6 Prozent, das war der höchste Anstieg seit mehr als einem halben Jahrhundert.

Besonders hoch sind weiterhin die Steigerungsraten bei den Energiepreisen – aber einengen kann man die Entwicklung längst nicht mehr nur auf den Energiebereich. Die Energie verteuerte sich auf Jahressicht um 14,3 Prozent. Aber Dienstleistungen beispielsweise, deren Preissteigerung noch im Juni bei 1,6 Prozent gelegen hatten, sind inzwischen auch schon bei immerhin 2,5 Prozent angekommen. Und die Kerninflation in der Eurozone, das ist die Teuerung ohne die stark schwankenden Preise für Lebensmittel und Energie, die Notenbanker gern betrachten, stieg von 0,9 Prozent im Juni auf 1,9 Prozent im September.

Benzinpreis auf Neun-Jahres-Hoch

Konkret sieht man den Preisanstieg an den Tankstellen: Super E10 kostet dort jetzt im Schnitt 1,64 Euro je Liter. Das ist nicht einfach das Vorkrisenniveau. Es ist der teuerste Benzinpreis seit neun Jahren. „Teurer war Benzin zuletzt im Herbst 2012“, sagte ein ADAC-Sprecher. Der teure Tankherbst 2018, damals eine Folge des Niedrigwassers auf dem Rhein, ist längst überholt.

„Der Preisdruck wird breiter“, sagt Volker Wieland, Professor für monetäre Ökonomie in Frankfurt und Mitglied im Wirtschafts-Sachverständigenrat. Er glaubt trotzdem, dass die Inflationsraten im nächsten Jahr zunächst wieder sinken – allein schon wegen des Mehrwertsteuer-Effekts. Dieses Jahr werden von Juli bis Dezember Preise aus dem vorigen Jahr mit der abgesenkten Mehrwertsteuer mit Preisen aus dem diesem Jahr mit dem höheren Steuersatz verglichen. Das treibt die Inflationsraten zusätzlich hoch. Dieser Effekt wird mit dem Jahreswechsel aus der Berechnung verschwinden. Einen zweiten sogenannten statistischen Basiseffekt gibt es beim Öl. Der Ölpreis war voriges Jahr wegen der Pandemie außergewöhnlich niedrig, das lässt den Anstieg jetzt umso größer erscheinen. Auch dieser Effekt dürfte nachlassen – aber genau weiß natürlich niemand, wie es mit dem Ölpreis weitergeht. Die aktuellen Inflationsraten „überzeichneten“ den zugrundeliegenden Preisdruck jedenfalls, meinen die Ökonomen der Fondsgesellschaft Union Investment.

Viel dürfte davon abhängen, ob der Preisanstieg Auswirkungen auf die Löhne hat. EZB-Vizepräsident Luis de Guindos sagt, man sehe noch keine Lohn-Preis-Spirale, müsse das aber genau beobachten. Holger Schmieding, Ökonom des Bankhauses Berenberg erwartete schon im nächsten Jahr neue Tarifabschlüsse bei 3 Prozent: „Ich rechne mit einer kleinen Lohn-Preis-Spirale.“ EZB-Chefvolkswirt Philip Lane hat jetzt hervorgehoben, man müsse auch bei den Löhnen zwischen dauerhaften und temporären Effekten unterscheiden: Insbesondere bedeute eine einmalige Verschiebung des Lohnniveaus, wenn damit also nur auf einen vorübergehenden unerwarteten Anstieg des Preisniveaus reagiert werde, keine „Trendverschiebung des Verlaufs der zugrunde liegenden Inflation“, sagte Lane.

Auch Notenbanker erwähnten in ihren Reden zuletzt Aufwärtsrisiken für die Inflation. So könnten die Lieferengpässe länger andauern als anfangs gedacht. Die Autoindustrie spürt den Chipmangel gerade sehr deutlich, auch Engpässe beim Transport etwa von Containern machen sich in höheren Preisen bemerkbar. „Während dies im Sommer noch als eine temporäre Entwicklung interpretiert wurde, änderte sich die Wahrnehmung in den vergangenen Wochen“, schreibt der Vermögensverwalter Flossbach von Storch im aktuellen Kapitalmarktbericht.

EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel hob vorige Woche hervor, es wäre voreilig, zu behaupten, dass die derzeitige Preisdynamik nächstes Jahr völlig abklingen werde. Unter anderem müsse man die Inflationserwartungen von Finanzmärkten und Haushalten genau beobachten, die zuletzt gestiegen seien, sagte Schnabel: „In der Zeit nach der Pandemie ist es besonders schwierig zu erkennen, ob Veränderungen in den Erwartungsmaßen auf einen grundlegenderen Wandel hindeuten, der sich dauerhaft auf die Übertragung der Geldpolitik auswirken kann.“

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