Er zählt zu den wichtigsten Männern in der Welt des Automobils: Li Shufu, Gründer des Konzerns Zhejiang Geely Holding, chinesischer Selfmade-Milliardär, Besitzer des Traditionsunternehmens Volvo in Schweden, größter Einzelaktionär von Daimler. Ende der 90er-Jahre brachte der heute 59-Jährige sein erstes Auto auf den Markt, natürlich mit Verbrennungsmotor.
Auch wenn seine Firmen inzwischen viele Elektroautos herstellen, wird Shufu, der sich auch Eric Li nennt, nicht als Start-up-Visionär wahrgenommen wie Tesla-Gründer Elon Musk. Dazu bauen seine Unternehmen noch zu viele traditionelle Autos. Sie machen eine Transformation durch, wie BMW, Daimler oder Volkswagen. Investoren sortieren solche Konzerne in die Sparte „Old Car“ ein – und bewerten sie entsprechend mies.
Auf der anderen Seite stehen Unternehmen wie Rivian, die bisher null Fahrzeuge verkauft haben, oder Tesla mit aberwitzigen Börsenwerten und der Möglichkeit, praktisch jederzeit an frisches Kapital von Investoren zu kommen. Eine Zwei-Klassen-Gesellschaft.
Cooles Image, aber kaum Verkäufe
Nun will Li offensichtlich aus diesem Muster ausbrechen, und zwar mit einem kleinen Trick. Anders als Volkswagen-Chef Herbert Diess, der mit einer Strategie namens „New Auto“ versucht, den ganzen Konzern in die höher bewertete Klasse zu hieven, schickt Li eine seiner Submarken vor. Polestar heißt sie, eine reine Elektroauto-Marke, angesiedelt bei Volvo.
Sie hat ein cooles Image, im vergangenen Jahr gerade einmal 10.000 Fahrzeuge verkauft und einen Chef, den Designer Thomas Ingenlath, der permanent von Nachhaltigkeit spricht.
Das klingt wie eine Story für einen Elektro-Börsenhype – finden auch zwei US-Fonds, denen diese Geschichte fast 20 Milliarden Dollar wert ist. Über eine Fusion mit ihrer börsennotierten Mantelgesellschaft (einem sogenannten SPAC) werden sie Polestar nächstes Jahr an die US-Technologiebörse Nasdaq bringen.
Der Autohersteller macht dabei auch Kasse: Rund eine Milliarde Dollar fließen der Firma für Investitionen zu, ohne dass Li und Volvo die Aktienmehrheit abgeben müssen. Sie halten jeweils etwas weniger als 50 Prozent. Ein kleines Aktienpaket aus einer frühen Finanzierungsrunde gehört übrigens dem US-Filmstar Leonardo DiCaprio.
Volvo folgt im Windschatten
Wesentlich für Li ist: Der Polestar-Deal öffnet ihm eine Tür. Volvo, sein Aushängeschild in Europa, geht im Windschatten der kleinen Tochter selbst an die Börse. Darüber wollen Li und Volvo-Chef Håkan Samuelsson drei Milliarden Dollar frisches Geld von den Anlegern einsammeln. Ein ambitioniertes Ziel für einen etablierten Autohersteller.
„Wir brauchen das Kapital, um unsere Transformation abzusichern“, sagte Samuelsson im Gespräch mit Journalisten. Sein Plan ist es, Volvo bis 2030 zu einem reinen Elektroauto-Anbieter umzubauen. Das ist eine Story, die Börsianer in die Kategorie „Old Car“ einsortieren.
Samuelsson gibt zu, dass er erst einmal die Polestar-Bewertung abgewartet habe. Denn sie steigert den Wert von Volvo. Glaubt man den Spekulationen am Markt, dann ist der Mutterkonzern allein deutlich weniger wert als sein Elektro-Ableger. Auf fast 100 Jahre Tradition und 770.000 verkaufte Fahrzeuge im vergangenen Jahr setzen Investoren einfach nicht so viel Geld wie auf elektrische Visionen.
Dabei hat Volvo die alte Welt schon weiter hinter sich gelassen als die Konkurrenz. Li und Samuelsson haben Produktion und Entwicklung von Verbrennungsmotoren in eine Art „Bad Bank“ namens Aurobay ausgegliedert. Dorthin werden das Volvo-Motorenwerk im schwedischen Skövde, ein Motorenwerk in China und die Forschungs- und Entwicklungsteams für Verbrennungsmotoren von Volvo und Geely verschoben. Sie bauen für alle Marken der Gruppe komplette Antriebsstränge mit Motor, Getriebe und Hybridbauteilen.
Und womöglich künftig auch für Mercedes-Benz. Der Hersteller will auch ab 2030 zur Elektroautomarke werden. Die alten Motoren könnte er in Aurobay einbringen. Darüber wird nach Angaben von Samuelsson noch gesprochen.
Mit dem Polestar-Trick hievt Chinas Autoriese Geely auch Volvo ins Rampenlicht - WELT
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