Düsseldorf Neuer Streit zwischen der Arbeitnehmervertretung und Konzernchef Herbert Diess bei Volkswagen: Die Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo wirft dem Vorstandsvorsitzenden vor, dass er „selbst in dieser Krise weder Empathie noch Gespür für die Situation der Belegschaft hat“. Anlass ist Diess’ Ankündigung, in der kommenden Woche wegen einer Investorenreise in die USA nicht an der ersten Betriebsversammlung seit fast zwei Jahren teilzunehmen.
Cavallo sprach von einem „beispiellosen Verhalten in der Geschichte unseres Konzerns“, weil Diess die US-Investoren der eigenen Belegschaft vorziehe. „Würde ihm der Dialog am Herzen liegen, hätte er seine Prioritäten anders gesetzt“, sagte sie. Die Betriebsratsvorsitzende sprach ebenfalls von einer „Provokation“.
Diess zeige damit, dass er kein Interesse an einer konstruktiven Zusammenarbeit habe. „Die Fragen werden mehr und mehr. Bei der Betriebsversammlung hätten sie offen beantwortet werden können“, so Cavallo weiter.
Wegen der Coronapandemie hat es seit Anfang vergangenen Jahres keine Betriebsversammlung mehr in Wolfsburg gegeben. Mit gelockerten Gesundheitsvorschriften soll es am Donnerstag kommender Woche erstmals wieder eine Zusammenkunft geben.
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Wegen der anhaltenden Versorgungskrise bei Halbleitern ist das Informationsbedürfnis in der Belegschaft nach Angaben des Betriebsrats besonders groß. Im Wolfsburger VW-Stammwerk gehört Kurzarbeit derzeit zum Standard. Regelmäßig müssen Schichten gestrichen werden, weil es nicht genug Chips gibt. In Wolfsburg ist die Produktion in diesem Jahr schon mehrfach für ganze Wochen eingestellt worden.
Besonders erzürnt die Arbeitnehmerseite, dass Diess den Verzicht auf die Teilnahme an der Betriebsversammlung vor wenigen Tagen über die Medien bekannt gegeben habe. Der Betriebsrat sei nicht direkt informiert worden.
VW-Chef Diess plant eigene Informationsveranstaltung
Am Dienstag ist die Auseinandersetzung um die Teilnahme von Diess an der ersten Betriebsversammlung nach der Coronapause dann weiter eskaliert. Anlass war die Ankündigung des Unternehmens, dass es Donnerstagabend eine eigene Veranstaltung des Vorstandsvorsitzenden zur Belegschaftsinformation geben wird.
Der Konzern wollte damit offensichtlich die Kritik aus dem Weg räumen, dass Diess nicht zur Betriebsversammlung kommt. Nach dem eigens dafür entwickelten Hygienekonzept könnten 200 Beschäftigte daran teilnehmen. Alle anderen Mitarbeiter sollten die Veranstaltung online verfolgen und per Chatfunktion Fragen stellen.
Betriebsratschefin Cavallo hielt Diess vor, dass er mit dieser Art der Informationsveranstaltungen eine „persönliche Profilierung auf dem Rücken der Belegschaft“ betreibe. Der Vorstandschef solle seinen Finanzvorstand zu den US-Investoren schicken. „Stehen Sie der Belegschaft am 4. November gefälligst Rede und Antwort“, schloss Cavallo. Die Äußerungen der Betriebsratsvorsitzenden wollte VW nicht kommentieren.
Diess hatte seine Absage auch damit begründet, dass der Betriebsrat kurzfristig zur Betriebsversammlung eingeladen habe. Die Reisepläne in die USA zu Investoren ließen sich nicht mehr ändern, so das Unternehmen. Der Betriebsrat wies diese Begründung zurück.
Für die Kurzfristigkeit sei das Unternehmen am Ende verantwortlich. Eine Betriebsversammlung könne es nur dann geben, wenn die Belegschaft vor Ort im Betrieb anwesend sei. Mit seinen kurzfristigen Absagen wegen Chipmangels sorge der Konzern dafür, dass die Mitarbeiter nicht im Werk seien.
Diess gehe es bei der Veranstaltung am Donnerstag darum, die Mitarbeiter bei der Modernisierung des Wolfsburger Traditionswerks mitzunehmen, erläuterte ein Sprecher. Dabei wolle er erneut auf den Wettbewerb mit Konkurrent Tesla eingehen, den Diess in Sachen Produktivität zum Vorbild erhoben hat. Auch Fragen zur Chipkrise und zur Auslastung des Stammwerks wolle Diess beantworten.
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