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Thursday, November 18, 2021

Automobilzulieferer: Bosch-Mitarbeiter protestieren – „Konzern will die Beschäftigten in die Abstellkammer entsorgen“ - Handelsblatt

Stuttgart, München Für den künftigen Bosch-Chef Stefan Hartung dürfte der Freitagmorgen einen Vorgeschmack auf das schwierigste Thema seiner am 1. Januar beginnenden Amtszeit bieten: Der Widerstand der Beschäftigten gegen den Stellenabbau im Zuge des Konzernumbaus in Richtung Elektromobilität wächst. Die bisherige Strategie, Standort für Standort den Beschäftigungsabbau voranzubringen, wollen die Arbeitnehmervertreter auch bei kleineren Werken nicht mehr so klaglos hinnehmen wie bisher.

Am 9. November trommelte Lutz Welling, Geschäftsführer des Bosch-Werks in Arnstadt, seine Mitarbeiter zur wohl letzten Belegschaftsversammlung zusammen. Der Manager hatte schlechte Nachrichten zu verkünden. Ende des Monats müsse die Produktion von Generatoren-Reglern an dem Standort in Thüringen leider eingestellt werden, erklärte Welling laut Angaben von mehreren Teilnehmern. Es mangele an Aufträgen.

Der Hintergrund: Elektroautos benötigen keine klassischen Lichtmaschinen, bat Welling um Verständnis und kündigte an, die 103 betroffenen Beschäftigten ab 1. Dezember freizustellen. Die Mehrheit der Mitarbeiter sieht das allerdings nicht ein. Die Mitarbeiter verweisen auf den bestehenden Tarifvertrag, der noch bis Ende 2022 den Standort absichern soll.

„Ich akzeptiere keine bezahlte Freistellung“, schrieben 79 Mitarbeiter daher wenige Tage später an Welling in sogenannten Geltendmachungen und pochten auf ihren „Beschäftigungsanspruch“. Eines der Schreiben liegt dem Handelsblatt exemplarisch vor. Beharren alle Beteiligten auf ihrem Standpunkt, dürften die Fälle bald vor dem Arbeitsgericht landen. Es wäre die nächste Eskalation in einem Konflikt, der weit über die kleine Produktion in Arnstadt hinausreicht.

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Schließlich bangen derzeit bei Bosch auch Hunderte Beschäftigte in München und im badischen Bühl um ihre Jobs. Betriebsrat und Gewerkschaft haben für diesen Freitag an den drei Standorten zu Protesten aufgerufen und fordern ihre Leute an allen übrigen Dependancen auf, sich solidarisch zu erklären und trotz Corona in Bussen zu den Kundgebungen zu fahren. Die Arbeitnehmervertreter werfen dem Management des weltgrößten Autozulieferers vor, die Werte des Firmengründers Robert Bosch zu untergraben.

„Bosch bricht in Arnstadt den Tarifvertrag und das Gesetz“

„Bei Bosch hieß es immer: Lieber Geld verlieren als Vertrauen. Was einmal versprochen wurde, ist unantastbar. Diese Grundsätze scheinen nun nicht mehr zu gelten“, kritisiert Kirsten Joachim Breuer von der IG Metall in Erfurt. „Bosch bricht in Arnstadt den Tarifvertrag und das Gesetz. Der Konzern will die Beschäftigten in die Abstellkammer entsorgen. Das werden wir nicht widerstandslos hinnehmen.“

Das sind harte Töne auch von den Arbeitnehmern. Denn Bosch ist eigentlich bei der Gewerkschaft wohlgelitten, weil Personalreduktionen dort in den meisten Fällen sozialverträglicher ablaufen als in börsennotierten Konzernen.

Konkret empört Breuer, dass Bosch aus seiner Sicht längst noch nicht alle Maßnahmen zum Erhalt der Fertigung in Arnstadt ausgeschöpft hat. Vorschläge für die Ansiedlung neuer Produkte würde der Konzern beispielsweise seit Jahren beiseitewischen.

Bosch widerspricht dieser Darstellung. Das Unternehmen halte sich an getroffene Vereinbarungen, sagte eine Sprecherin. Die Schwaben sehen vielmehr keine Alternative zur Einstellung der Geschäfte in Arnstadt und wollen den Beschäftigten keine falschen Hoffnungen machen. „Wir sind uns unserer unternehmerischen Verantwortung bewusst – in intensiven Gesprächen mit dem Sozialpartner setzen wir uns dafür ein, erforderliche Maßnahmen zu prüfen und Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung auszuschöpfen“, sagt Personalchefin Filiz Albrecht dem Handelsblatt.

Alternativ würden den Betroffenen zudem Arbeitsplätze in Eisenach und im bayerischen Ansbach angeboten. „In der anspruchsvollen Übergangszeit zur nachhaltigen Mobilität stehen wir an unseren Standorten vor unterschiedlichen Herausforderungen und Zukunftschancen – zugleich müssen wir unsere Konkurrenzfähigkeit im Markt erhalten“, betonte Albrecht.

So nüchtern sehen es die Betroffenen nicht: „Wenn ganze Standorte wie Arnstadt und München-Berg am Laim geschlossen, wenn 1000 Mitarbeiter am Standort Bühl abgebaut werden sollen, dann sind wir erschüttert und fragen uns, wie es um das soziale Gefüge und die Werte bei Bosch steht“, sagt Gesamtbetriebsratschef Frank Sell dem Handelsblatt. Er wird Freitag selbst in München auf der Bühne stehen.

Niemand bestreite, dass der Strukturwandel bei Bosch hohe Anstrengungen erfordere. Aber man könne nicht akzeptieren, dass das auf Kosten der Mitarbeiter gehe. „Wir fordern eine faire Transformation – und zwar mit den Beschäftigten im Fokus“, so Sell.

Außerdem sagt er: „Was wir nicht akzeptieren können, ist, dass die Produktions- und Entwicklungsbereiche, die über Jahrzehnte das Geld für Bosch verdient haben und heute noch verdienen, die Bereiche, die dafür gesorgt haben, dass viele Zukunftsinvestitionen erst möglich waren, keine Zukunft mehr haben sollen.“

Sell forderte die Konzernführung auf, Arbeitsplätze durch standort- und geschäftsbereichsübergreifende Transfers zu sichern. Von weltweit knapp 395.000 Beschäftigten arbeitete Ende 2020 mit 131.827 ein knappes Drittel in Deutschland. Das waren 3116 weniger als im Jahr zuvor. In diesem Jahr dürfte der Beschäftigungsabbau angesichts des Einbruchs der Autoproduktion im Zuge der Lieferengpässe und der Pandemie noch stärker ausfallen. Konkrete Aussagen dazu machte Bosch nicht.

Mehr: Bosch verkauft Werk in Göttingen und prüft Schließung in München

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