Trotz Teuer-Schock XXL | Oberste Euro-Hüterin will nichts gegen Inflation tun
Der Teuer-Hammer schlägt im Euroraum so heftig zu wie noch nie seit Einführung der Gemeinschaftswährung: Im Dezember rasten die Preise in den Euro-Ländern auf Jahressicht um 5 Prozent rauf, in Deutschland sogar um 5,3.
Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte den Teuer-Schock bremsen, indem sie den Leitzins anhebt, der aktuell bei historisch niedrigen 0 Prozent liegt. Will sie aber nicht! Und das, obwohl die Inflation im Euroraum noch Jahre andauern könnte, wie EZB-Direktorin Isabel Schnabel (50) – Deutschlands oberste Euro-Hüterin – selbst sagt.
Schnabel zur „Süddeutschen Zeitung“: „Unseren Entscheidungen liegt eine mittelfristige Perspektive von etwa ein bis drei Jahren zugrunde. Auf mittlere Sicht gehen wir davon aus, dass die Inflation deutlich sinkt. Das ist der Grund, warum wir derzeit nicht die Zinsen erhöhen, wie manche fordern.“
Top-Ökonom Gunther Schnabl (55, Uni Leipzig): „Wenn ab dem Jahr 2023 die Inflation tatsächlich wieder unter der Zielmarke von 2 Prozent liegen würde, dann gäbe es keinen Grund, die Zinsen zu erhöhen.“ Das Problem laut Schnabl: „Allerdings lag die EZB in der Vergangenheit mit ihren Prognosen meist daneben.“
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Wie sehr die EZB sich bei ihren jüngsten Inflationserwartungen verrechnet hat, zeigen Aussagen von Isabel Schnabel aus dem November. Damals zeigte sich die Euro-Hüterin noch optimistisch, sagte im ZDF voraus, dass „im November der Höhepunkt der Inflationsentwicklung erreicht ist und dass die Inflation im kommenden Jahr wieder allmählich zurückgehen wird, und zwar in Richtung unseres Inflationsziels von zwei Prozent“ – von ein bis drei Jahren Teuer-Schock keine Rede!
Eine fatale Fehlprognose! Die EZB selbst hob erst kürzlich ihre Inflationsprognose massiv an, rechnet für 2022 jetzt mit 3,2 Prozent Teuerung statt zuvor 1,7 (BILD berichtete). Ökonom Gunther Schnabl: „Das sagt viel über die mangelnde Verlässlichkeit der Prognosen der EZB aus.“ Isabel Schnabel selbst gesteht gegenüber der „SZ“ zur Inflationsentwicklung: „Wir betrachten diese Zahlen mit einer gewissen Sorge, weil sie höher sind, als wir ursprünglich erwartet haben.“
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Damit bestätigt sie das, wovor BILD seit Monaten warnt – und dafür auch von Schnabel kritisiert wurde.
Für die Jahre 2023 und 2024 rechnet die EZB nun offiziell mit jeweils 1,8 Prozent Teuerungsrate. Gunther Schnabl: „Da scheint mir eher der Wunsch Vater des Gedankens.“
Isabel Schnabel habe „großes Verständnis dafür, dass viele Bürgerinnen und Bürger besorgt sind“, sagt sie im Interview. Doch die Zinsen anzuheben, würde kurzfristig jedoch nichts bringen: „Wenn wir heute Maßnahmen ergreifen, wirken diese erst mit Verzögerung.“ Nur die zukünftige Inflation sei so zu beeinflussen, begründet sie das Nichtstun der EZB. Dabei ist das vorrangige Ziel der EZB die Preisstabilität – eigentlich!
Natürlich dauere es einige Monate, bis Entscheidungen der Zentralbanken sich auf die Preise auswirken, sagt auch Gunther Schnabl. Aber, so der Ökonom: „Deshalb sollen Zentralbanken Inflationsgefahren frühzeitig erkennen und vorausschauend gegensteuern. Gerade das ist aber nicht erfolgt.“
Gegen steigende Energiepreise sei die EZB ohnehin machtlos, behauptet Schnabel: „Die Geldpolitik kann den Öl- oder Gaspreis nicht senken.“
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Würde die EZB die Zinsen anheben, könne außerdem der Aufschwung der Wirtschaft „abgewürgt“ werden. Ein weiterer Grund gegen eine Zinsanhebung laut Gunther Schnabl: Einige hoch verschuldete Südstaaten im Euroraum wie Frankreich oder Italien könnten durch eine Zinsanhebung keine neuen Schulden mehr aufnehmen und in finanzielle Schwierigkeiten geraten, weil sie am Tropf des billigen Geldes hängen.
Die Notenbankerin beteuert hingegen: „Was wir tun, ist ausschließlich von unserem Mandat der Preisstabilität geleitet. Die Finanzierung einzelner Staaten spielt für die Entscheidungen des EZB-Rates keine Rolle.“
Schnabel argumentiert außerdem mit einer weiteren Vorhersage: „In unseren Prognosen sinkt die Inflation in der mittleren Frist sogar wieder unter unser Inflationsziel von zwei Prozent.“ Gegen den akuten Teuer-Schock hilft die Hoffnung der Notenbankerin jedoch nicht.
Ökonom Gunther Schnabl überzeugen die Prognosen der Notenbankerin wenig: „Seit einigen Monaten wird die EZB von den hohen Inflationsraten überrascht und muss ihre Prognosen nach oben revidieren.“ Sein Fazit: „Eine vorausschauende, stabilitätsorientierte Geldpolitik sieht anders aus.“
Der Inflationsdruck werde sich fortsetzen, „wenn die EZB nicht gegensteuert“, warnt Schnabl: „In den USA hat man die Risiken bereits erkannt und eine geldpolitische Wende für das Jahr 2022 angekündigt.“
Die US-Notenbank FED kündigte bereits Mitte Dezember an, den Leitzins (aktuell 0 bis 0,25 Prozent) dieses Jahr dreimal zu erhöhen, um je 0,25 Prozent – vor allem, um die galoppierende Inflation in den USA (aktuell 7 Prozent) aufzuhalten.
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