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Sunday, July 10, 2022

Investieren in Afrika: Was Anleger über den Nischen-Markt wissen sollten - WELT - WELT

In Afrika hat Biontech gerade Geschichte geschrieben. In der ruandischen Hauptstadt Kigali in Ostafrika hat das Pharma-Unternehmen den Grundstein für sein erstes Werk gelegt. Damit werden in Afrika erstmals mRNA-basierte Impfstoffe hergestellt.

Endlich, sagen die einen – viel zu spät, sagen die anderen. Seit Frühjahr 2020 hatten die Weltgesundheitsorganisation und zahlreiche Nichtregierungsorganisationen eine gerechte Verteilung von Impfstoffen gefordert. Doch nun hat das Corona-Virus in vielen Teilen Afrikas längst den Schrecken verloren. Und so ist die Impfbereitschaft immer weiter gesunken.

Zu langsam, zu zögerlich also. Ein Phänomen, das in Afrika verbreitet ist, wenn es um Investitionen aus dem Ausland geht. „Vor allem in Deutschland dauert es einfach zu lange, bis Entscheidungen getroffen und Investitionen zugesagt werden“, sagt Rhoda Berger, COO und Projektmanagerin bei der Global Perspective Initiative.

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Die Berliner Organisation bringt Vertreter der afrikanischen und deutsch-europäischen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft an einen Tisch. „Die Chinesen sind viel schneller als wir, das höre ich von Gründern und Wirtschaftsexperten aus Afrika immer wieder.“

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Dabei stehen die Zeichen in Afrika auf Wachstum. Die Bevölkerung des Kontinents wächst so schnell wie keine andere auf der Welt: 1,4 Milliarden Menschen leben dort heute. 2030 könnten es 1,7 Milliarden sein – dann gäbe es mehr Afrikaner als Chinesen.

Afrika müsste als Chancen-Kontinent gelten

In den nächsten zehn Jahren wird in Afrika mehr gebaut werden als in den vergangenen hundert Jahren in Europa, prophezeien Experten. Sechs der zehn am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften finden sich in Afrika. Und auch die Konsumausgaben steigen – Jahr für Jahr um fast vier Prozent, 2021 auf mehr als 1,93 Billionen Dollar.

All das spräche dafür, Afrika als Chancen-Kontinent zu sehen. Doch mit Investitionen in Afrika ist der Westen eher zögerlich – vor allem in Deutschland scheut man sich. Warum ist das so?

Quelle: Infografik WELT

Mit dieser Frage beschäftigt sich Philipp von Carlowitz. Er ist Professor an der ESB Business School in Reutlingen. Seit mehr als zehn Jahren forscht er zu Wirtschaftsfragen rund um den Kontinent. Im vergangenen Jahr startete er in Kooperation mit Kollegen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft ein neues Projekt mit dem Namen „Doing Business in Africa“.

Die Ergebnisse sollen hiesigen Unternehmen Optionen für das eigene Afrikageschäft aufzeigen und erklären, warum die deutsche Wirtschaft in Afrika unterrepräsentiert ist. „Wir versuchen herauszufinden, was die Erfolgsfaktoren für ein unternehmerisches Engagement in Subsahara-Afrika sind und welche Geschäftsmodelle funktionieren“, sagt von Carlowitz.

„Wir behandeln Südafrika und die nordafrikanischen Länder wegen ihrer grundlegend anderen Voraussetzungen bewusst stiefmütterlich und konzentrieren uns stattdessen auf die übrigen 47 afrikanischen Länder – also genau die, die bei Investoren ein blinder Fleck sind“, so der Professor.

Das wahre Bild Afrikas ist ein Bild der Gegensätze

Doch nicht nur die Bedingungen vor Ort würden die Investoren hemmen. Eine der größten Herausforderungen sieht von Carlowitz bei der Beschaffung von wahrheitsgetreuen Informationen. „Die einen sagen ‚Wenn man was mit Afrika macht, stirbt man‘, die anderen ‚Es gibt nichts Besseres als in Afrika Geschäfte zu machen‘ – beides ist natürlich Unsinn“, so von Carlowitz. Deshalb versucht er unter anderem über das soziale Netzwerk Linkedin über das Thema zu informieren – für einen Wissenschaftler ein eher unkonventioneller Kanal.

Armut, Krieg und Krankheiten – dieses Narrativ kann Afrika kaum abschütteln. Das liege auch an Hilfsorganisationen, meint Rhoda Berge. „Nichtregierungsorganisationen, die Spenden sammeln, haben ein Interesse daran, dieses Bild aufrecht zu erhalten“, sagt Berger. „Dabei wird eine andere Perspektive total unterschätzt: Europa braucht Afrika.“

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Das wahre Bild von Afrika ist wohl ein Bild der Gegensätze. Es gibt Hunger, Elend und Korruption. Wasserknappheit und Dürren. Aber eben auch die jüngste Bevölkerung der Welt. Uni-Absolventen, die für Lieferdienste Essen ausfahren, weil sie keine anderen Jobs finden. Wachsende Konsumausgaben. Potenzielle Kunden. Unerschlossene Märkte, die darauf warten, belebt zu werden. Herausforderungen, die gelöst werden müssen. In all dem sieht Erick Yong Chancen für die Privatwirtschaft.

Yong ist Co-Gründer der Beratungs- und Investmentfirma Greentech Capital, die in afrikanische Start-ups investiert. Er selbst hat seine Wurzeln in Kamerun. „In Afrika gibt es wirklich noch einen Bedarf an neuen Produkten, Nahrung, Energie“, sagt Yong. Im Jahr 2015 gründete er Greentech, gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Thomas Festerling. „Damals hatten wir die etwas kindische Idee, einfach Gutes zu tun. Wir waren so begeisterungsfähig, dass wir auch viele Fehler gemacht haben.“

Das weitaus meiste Geld fließt in Fintechs

Doch über die Jahre konnten sie ihre Erfolgsquote deutlich steigern. Das liege vor allem an zwei Faktoren: „Wir haben dazugelernt. Vor allem wissen wir, dass es auf den Gründer ankommt – seinen Background, seinen Elan, seinen Willen.“

Zudem spielt ihnen in die Karten, dass mittlerweile deutlich mehr junge Gründer, die im Ausland studieren, Erfahrungen sammeln, die westliche Kultur kennenlernen, nach ein paar Jahren nach Afrika zurückkehren. „Diese Dynamik ist ein Gamechanger. Die Rückkehr der klugen, gebildeten Köpfe, die auch die westliche Perspektive kennen, tut Afrikas Entwicklung gut“, meint Yong.

Quelle: Infografik WELT

Bisher kennt die afrikanische Start-up-Branche dennoch nur einen Überflieger: Fintechs. Zu ihnen zählen etwa Chipper Cash, Opay und Flutterwave. Sie helfen Nutzern dabei, ganz unkompliziert mobile Bezahlvorgänge zu tätigen. Die Tech-Branche macht in Afrika eine solch rasante Entwicklung durch, dass einzelne Entwicklungsstufen einfach übersprungen werden – Leapfrogging nennen Experten das. „Mit dem richtigen Geschäftsmodell ist Afrika das Eldorado für Finanzunternehmen und Versicherungen“, sagt von Carlowitz.

Das haben auch Investoren erkannt: Insgesamt 62 Prozent der Gesamtinvestitionen in Afrika landen bei Fintechs. Weit abgeschlagen mit nur acht Prozent folgt die Gesundheits- und Biotech-Branche, auf Platz drei mit sieben Prozent rangieren Logistik und Supply Chain Management.

Gute Chancen für Investoren

Yong ist überzeugt, dass auch Branchen wie Agrarwirtschaft, Gesundheit und Erneuerbare Energien in den kommenden Jahren ordentlich Potenzial haben und für Investoren gute Chancen bieten. Davon würde nicht nur die afrikanische Bevölkerung profitieren – auch für Anleger prophezeit Yong gute Aussichten.

„Wer in afrikanische Start-ups investiert, geht per se kein höheres Risiko ein. Man muss die Märkte und Unternehmen richtig analysieren, und man muss Netzwerke aufbauen. Dabei wollen wir helfen.“ Er ist davon überzeugt, dass dies der richtige Ansatz ist: „Wir müssen weg von der klassischen Entwicklungshilfe.“

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Auch Philipp von Carlowitz sieht die Notwendigkeit, von dem weitverbreiteten entwicklungspolitischen und entwicklungsökonomischen Blick auf Afrika abzurücken. Mit seinem Forschungsansatz will er eine andere Sichtweise bieten. „Ich setze die Unternehmerbrille auf. Denn wir wollen wissen, welche Investitionen und Entwicklungen aus privatwirtschaftlicher Sicht in Afrika sinnvoll sind.“

Das, so sagt er, sei insbesondere in Deutschland ein relativ einzigartiger Ansatz in der Afrikaforschung. „Dieser Ansatz ist deshalb so wichtig, weil die Privatwirtschaft beim Transfer von Wissen und Technologie eine zentrale Rolle spielt sowie bei der Schaffung von Arbeitsplätzen.“

Dabei konzentrieren sich die Wissenschaftler vor allem auf das verarbeitende Gewerbe. „Wir untersuchen vor allem die wichtigsten operativen Aktivitäten von Unternehmen, wie Vertrieb, Logistik und Finanzierung.“

Der Warentransport ist schwierig und teuer

Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass Unternehmen vor vier großen Herausforderungen stehen: Ihnen fällt es schwer, passende Fachkräfte und Logistiklösungen zu finden sowie die Finanzierung der Geschäfte vor Ort zu bewerkstelligen. Außerdem ist die Verteilung von Waren ein Problem – hauptsächlich außerhalb der Großstädte. Denn vielerorts gibt es keinen Schienenverkehr, die Straßen sind holprig, bei Regen überschwemmt.

Vor allem in abgelegene Gegenden ist der Warentransport deshalb schwierig und teuer. „Je nach Produkt und Marktsegment können die Distributionskosten die Herstellungskosten um den achtfachen Faktor übersteigen“, sagt von Carlowitz.

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Der kongolesische Ministerpräsident Patrice Emergy Lumumba bei seinen von belgischen Offizieren geführten Truppen im Juli 1960. Er wurde am 2. Juli 1925 in Katako-Kombe (Provinz Kasai-Oriental) geboren. 1958 war Lumumba Mitbegründer des "Mouvement National Congolais", wurde 1959/60 verhaftet, aber zur Kongo-Konferenz in Brüssel hinzugezogen. Im Juni 1960 wurde er erster Ministerpräsident der Demokratischen Republik Kongo (heute Zaire). Staatspräsident Kasawubu setzte ihn jedoch am 5. September 1960 ab. Nach einem Militärputsch im September 1960 übernahm Mobutu Sese Seko die Macht und ließ ihn verhaften. Lumumba wurde im Januar 1961 unter ungeklärten Umständen ermordet. 1966 erklärte man ihn zum Nationalhelden.
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Aber es gibt auch Lösungen, die Hoffnung machen: Für die medizinische Versorgung werden seit einigen Jahren in Kenia, Ruanda, Ghana, Nigeria und der Elfenbeinküste Drohnen der Firma Zipline eingesetzt. Sie sollen das Problem der maroden Straßen umgehen und schnelle, kostengünstige Alternativen bieten. Auch für Produkte des täglichen Bedarfs wird über Lieferungen per Drohne nachgedacht.

Die Entwicklung der vergangenen Jahre spricht dafür, dass in Afrika ein Aufwärtstrend zu erkennen ist. Im Jahr 2015, als Greentech Capital an den Start ging, wurden nur rund 190 Millionen US-Dollar in afrikanische Start-ups investiert – 2021 waren es fast fünf Milliarden. Noch, sagt Yong, seien Investitionen in Afrika zwar eine Nische. „Aber eine Nische, die boomt.“

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