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Monday, December 26, 2022

Hinter den Kulissen: Im realistischsten F1-Simulator, den man kaufen kann - Motorsport-Total.com

(Motorsport-Total.com) - Ich habe mich noch nie so sehr an das Lenkrad eines Autos geklammert wie jetzt, wo ich auf der Formel-1-Strecke von Barcelona meine Runden drehe. Wenn die linken Räder bei Vollgas den Randstein berühren, während ich auf Kurve 9 zufahre, erschüttern ein tiefes Grollen und Vibrationen das Cockpit.

Dynisma-Simulator

Der DMG-1 gilt als zweitrealistischster Simulator der Welt Zoom

Aber es bleibt wenig Zeit, darüber nachzudenken oder gar zu genießen, wie verdammt cool es sich anfühlt (und anhört). Die Augen sind bereits auf den Einlenkpunkt der Rechtskurve gerichtet und versuchen, den Scheitelpunkt perfekt zu treffen, der sich irgendwo in der Nähe der Kuppe des Hügels befindet.

Trotz allem, was im Laufe der Jahre über die Geschwindigkeit und die Brutalität des Fahrens in einem Formel-1-Auto gesagt wurde, kann nichts in Worte fassen, wie die Zeit verschwimmt, wenn man sich derart am Limit bewegt.

Die Millisekunden, die dein Gehirn braucht, um zu beurteilen, wie nah du dem Scheitelpunkt beim Einlenken gekommen bist, haben bereits zu lange gedauert. Wo du dachtest, dass du wärst, ist nicht mehr, wo du bist. Kurve 9 ist schon längst vorbei.

Du bist am anderen Ende der Kurve ausgespuckt worden und saust nun über den Randstein - wieder dieses brummende Geräusch und die Vibration, die dich durchschütteln. Das Lenkrad noch immer fest umklammert, sammelst du dich wieder, lässt den Randstein hinter dir und denkst an die nächste Kurve. Und so weiter.

Das Gefühl, die Intensität und die Emotionen sind sehr real, auch wenn das, was ich fahre, kein echtes Formel-1-Auto ist. Tatsächlich bin ich nicht einmal in der Nähe von Barcelona.

Wie echter Realismus in Simulatoren entsteht

Ich befinde mich in einer Industrieanlage am Stadtrand von Bristol und fahre einen Simulator, der als der realistischste auf dem Markt erhältliche Simulator angepriesen wird. Der DMG-1, gebaut von Dynisma, gilt als der zweitrealistischste Simulator der Welt.

Er wird nur von dem offiziellen Ferrari-Simulator übertroffen, den Dynisma exklusiv für die Mannschaft aus Maranello gebaut hat. Das Unternehmen kennt sich also aus.

Wenn man über Realismus in Rennsimulatoren spricht, geht es oft nur um die Grafik und das Fahrverhalten der Autos. Sieht es gut aus und kann ich gut gegen die KI oder meine Kumpels fahren? Aber wenn es um echten Realismus in Simulatoren geht - oder um Bewegungsgeneratoren, wie Ash Warne, der Gründer und CEO von Dynisma, sie lieber nennt -, dann hat die Grafik weniger Priorität.

Was zählt, um ein wirklich effektives Werkzeug sowohl für die Fahrer als auch für die Teams zu sein, ist ihre Latenzzeit. Das ist die Geschwindigkeit, mit der Informationen darüber, was das Auto tut, beim Fahrer ankommen, damit er reagieren kann.

Wenn die Hinterräder die Traktion verlieren und ausbrechen, der Fahrer dies aber nicht schnell genug spüren kann, um zu reagieren, dann wird sich Auto unvorhersehbar drehen.

Dieses Informationsfeedback muss berechnet und dem Fahrer nicht in Zehntelsekunden, sondern in Millisekunden übermittelt werden. In früheren Jahren wurde eine Latenzzeit von 20-50 Millisekunden als akzeptabel angesehen.

Qualität steht und fällt mit der Latenzzeit

Aber der DMG-1 hat die Dinge auf die nächste Stufe gehoben und die Latenzzeit auf unter fünf Millisekunden gesenkt. Das ist zehnmal besser als bei einigen anderen aktuellen Simulatoren auf dem Markt. "Das ist ein wirklich kritischer Parameter", sagt Warne.

Er leitete zuvor das Simulatorteam bei McLaren und arbeitete mit dem Modell der vorherigen Generation von Ferrari, als er dort als leitender Ingenieur für Fahrzeugdynamik tätig war. Im Jahr 2017 gründet er schließlich Dynisma.

"Ein Simulator ist ein sehr ganzheitliches System, das alle Sinne des Fahrers anspricht. Aber letztlich geht es in einem Rennsimulator, vor allem in Hochleistungssimulatoren wie der Formel 1, darum, dass der Fahrer so reagiert, wie er es im echten Auto tun würde", erklärt der Gründer und CEO des Unternehmens.

"Man hat ein sehr genaues Fahrzeugmodell, das die gesamte Physik erfasst, aber dann braucht man ein wirklich hochwertiges Bewegungssystem wie mit unserer Technologie, das dem Fahrer diese Informationen so schnell wie möglich liefert."

"Unser Bewegungssystem gibt dem Fahrer dieses Feedback innerhalb von drei bis fünf Millisekunden, sodass er sofort reagieren und eventuelle Rutscher abfangen kann."

"Bei anderen Simulatoren, die nicht so schnell sind wie unsere, passiert es oft, dass der Fahrer versucht, den Simulator zu fahren, und dabei übersteuert", weiß Warne. "Das hintere Ende dreht sich einfach, weil sie es nicht abfangen konnten. Sie haben das Übersteuern, die Bewegung, nicht rechtzeitig bemerkt."

DMG-1 vermittelt ein unmittelbares Gefühl

Ich habe selbst schon einige Rutscher mit dem Heck abgefangen - vor allem in der letzten Schikane in Spa und in La Source. Und ich kann bestätigen, dass sich dieses Gefühl ohne Verzögerung einstellt. Das hat auch der Formel-1-Simulator- und Formel-E-Fahrer Jake Hughes beim Testen des DMG-1 festgestellt.

"Sofort ist das richtige Wort", sagt er, nachdem er ihn ausprobiert hatte, und lobt die Unmittelbarkeit. "Auch das Fahren über die Randsteine fühlt sich gut und sehr realistisch an. Sogar das Berühren der Scheitelpunkte fühlt sich in Hochgeschwindigkeitskurven gut an und auch die Vibrationen beim Untersteuern."

Der wirkliche Wert dieser vorbildlichen Latenzzeit kommt jedoch nicht nur den Fahrern zugute. Sie macht den Simulator zu einem noch wertvolleren Werkzeug für die Teams.

Die Set-ups können so realitätsnah wie möglich sein, und das kann die Erkenntnisse der Ingenieure beschleunigen. Ohne eine ausreichend niedrige Latenzzeit und wenn das Simulatorauto ständig durchdreht, wird sein Wert als Hilfsmittel geschmälert.

Warne sagt: "Oft muss man Untersteuern in das Set-up des Autos einbauen, um die Runde zu schaffen. Aber dann gibt es im Grunde keine Korrelation zwischen dem Set-up in der realen Welt und dem in der Simulation. Der Test ist nicht genau und repräsentativ."

Entscheidend für die Realitätsnähe ist auch die Bandbreite, die ein Simulator übertragen kann. Vor ein paar Jahren war man der Meinung, dass 20 Hertz für die Technik ausreichend sind. Der Dynisma DMG-1 arbeitet mit 100 Hertz.

Hoher Frequenzbereich zeichnet DMG-1 aus

Warne erklärt, warum man 20 Hertz früher als genug erachtete: "Der Grund dafür war, dass, wenn man auf ein Auto zugeht und ihm einen Tritt verpasst, die Karosserie des Fahrzeugs eine Frequenz zwischen fünf und 15 Hertz aufwies. Der Gedanke war also, warum braucht man eine viel höhere Frequenz als diese?"

"Tatsächlich bewirkt die Federung, dass die Frequenzen, die durch das Auto dringen, gedämpft werden. Es können immer noch viel höhere Frequenzen den Fahrer erreichen, selbst bei einem Straßenfahrzeug. Wenn man draußen über einen Rüttelstreifen fährt, können diese Frequenzen leicht 100 Hertz betragen. Und man spürt sie direkt durch das Fahrzeug", erklärt der Simulator-Experte.

"Aber es gibt auch Daten, die aus dem Fahrzeugmodell stammen und Auskunft darüber geben, wie sich das Auto verhält", führt Warne weiter aus, "seien es Reifenvibrationen, die Dynamik der Auflagefläche oder Vibrationen des Antriebsstrangs."

"All diese Informationen werden von sehr niedrigen bis sehr hohen Frequenzen übermittelt. Jeder andere Simulator hat diesen Filter, der alles dämpft, sodass es ein taubes System wird." Und es gibt noch weitere Elemente, die den DMG-1 laut Dynisma auszeichnen. Eines davon ist das Fehlen störender Nebengeräusche.

Nachdem ich in Barcelona und Spa gefahren bin (und ja, ich habe es geschafft, Eau Rouge mit Vollgas zu fahren!), war das Erlebnis vor allem dadurch gekennzeichnet, dass es sich so natürlich und echt anfühlte. Nichts wirkte unecht oder unnötig übertrieben.

Warne erklärt: "Die Daten, die wir durch unseren Simulator schicken, kommen beim Fahrer an, ohne die Fehler und das Rauschen, die man bei anderen Simulatoren hat."

Schlüsselfertige Lösung für ein paar Millionen

"Wenn Fahrer unseren Simulator testen, nachdem sie andere Simulatoren ausprobiert haben, ist eines der ersten Dinge, die wir immer hören, wie mechanisch sich die Simulatoren der anderen anfühlen: dass sie klirren, knallen und klappern. Dinge, die man bei einer exakten Simulation natürlich nicht erwartet."

"Wir haben uns vom ersten Tag an darauf konzentriert, all diese Dinge zu eliminieren. Und was wir jetzt haben, ist ein reines Gerät zur Bewegungserzeugung, bei dem der Fahrer genau das spürt, was er soll, und nicht eine ganze Menge anderer Nebengeräusche."

Simulatoren haben sich seit den Anfängen, als McLaren begann, sie als ein unverzichtbares Werkzeug im Arsenal eines jeden Teams anzusehen, sehr stark weiterentwickelt.

Waren sie früher ausschließlich den megareichen Formel-1-Teams vorbehalten, können heute Teams auf allen Ebenen von ihnen profitieren. Dynisma hat sein DMG-1 speziell auf diesen Markt ausgerichtet und bietet eine schlüsselfertige Lösung an, die an jede Kategorie und jedes Niveau angepasst werden kann.

Und die Kosten? "Die Kosten für einen unserer DMG-1-Fahrsimulatoren, einschließlich der Grafik, der Computertechnik, der Fahrzeugmodelle und so weiter, belaufen sich auf etwa zwei bis drei Millionen Pfund", sagt Warne. Das sind 2,3 bis 3,4 Millionen Euro.

Das zahlt man nicht aus der Portokasse. Aber als Hilfsmittel, das die Leistung verbessern und möglicherweise den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen kann, ist es heute fast schon ein Muss, um im Motorsport erfolgreich zu sein.

"McLaren waren die ersten, die gezeigt haben, dass ein Fahrsimulator ein nützliches Werkzeug für die Entwicklung eines Hochleistungsrennwagens sein kann", erklärt Warne. "Bis zu diesem Zeitpunkt wusste niemand wirklich, wie effektiv es sein kann. Und das gab allen anderen den Anstoß, zu investieren."

"Mittlerweile hat sich gezeigt, dass sie ein wirklich wertvolles Werkzeug für die Entwicklung der Leistung eines Rennwagens sind", sagt der Dynisma-CEO abschließend.

Und nachdem ich das Glück hatte, mich hinter das Steuer des neuesten Modells zu setzen, können meine müden Arme und mein brummendes Gehirn bestätigen, dass der Realitätsgrad dieser hochmodernen Simulatoren seinesgleichen sucht.

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