Für Christian Sewing ist die Zeit der Ernte gekommen. „Wir haben die Versprechen gehalten, die wir gemacht hatten“, lobt sich der Vorstandschef der Deutschen Bank in seiner vorab veröffentlichten Rede für deren Hauptversammlung an diesem Mittwoch. Ein besseres Ergebnis als den 2022 erzielten höchsten Vorsteuergewinn seit 15 Jahren habe sich niemand wünschen können. Nun, endlich, sollten auch Treue und Geduld der Aktionäre belohnt werden.
Tatsächlich dürften die meisten Anteilseigner beim abermals digital abgehaltenen Treffen versöhnliche Töne anschlagen. Auf Jahressicht ist der Aktienkurs des mit Abstand größten deutschen Geldinstituts zwar nahezu unverändert, verglichen mit dem Stand von vor drei Jahren hat er aber fast 50 Prozent zugelegt.
Zudem will die Bank eine Dividende von 30 Cent pro Aktie zahlen. Das ist karg, aber es sind immerhin zehn Cent mehr als im Jahr davor. Aktienrückkäufe im zweiten Halbjahr sollen den Kurs weiter stützen. Die Manöver dürften verhindern, dass sich die Kritik wie so oft in den vergangenen Jahren an einem spektakulären Ungleichgewicht entzündet. Während die Aktionäre darbten, kassierten viele Investmentbanker des Instituts verlässlich hohe Millionensummen.
An der Konstellation hat sich bis heute wenig geändert. Und auch die Gehälter der Topmanager um Sewing bewegen sich weiter in der europäischen Spitzenklasse, zu der die Bank trotz aller Fortschritte geschäftlich aktuell nicht gehört.
Deutsche Bank dominiert bei Millionengehältern
Wie weit sie der Konkurrenz bezüglich Vergütung voraus ist, zeigt eine Untersuchung der in Paris ansässigen European Banking Authority (EBA). Im Jahr 2021 erhielten demnach insgesamt fast 2000 Beschäftigte europäischer Banken mehr als eine Million Euro im Jahr.
Fast 600 von ihnen arbeiteten bei Instituten aus Deutschland. Verantwortlich für diese Dominanz ist fast ausschließlich die Deutsche Bank. Im Jahr 2021 zahlte sie 520 Beschäftigten ein siebenstelliges Gehalt – das waren deutlich mehr als bei allen Banken Frankreichs oder Italiens zusammen.
Bei der Commerzbank übersprangen nur 13 Angestellte die Schwelle. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Einkommensmillionäre bei der Deutschen Bank infolge des verbesserten Ergebnisses weiter auf 571 gestiegen.
Mit Abstand die meisten von ihnen arbeiten im Investmentbanking. In dem ist die Deutsche Bank deutlich stärker engagiert als die meisten ihrer europäischen Wettbewerber. Im vergangenen Jahr sind die Erträge in diesem Segment um vier Prozent auf zehn Milliarden Euro gestiegen, die Gehälter legten parallel dazu um acht Prozent auf insgesamt knapp 2,4 Milliarden Euro zu.
Da sich die Zahl der Beschäftigten gleichzeitig um 400 auf 7700 erhöhte, fiel das Durchschnittssalär dennoch etwas niedriger aus als 2022. Es lag aber immer noch dreimal so hoch wie in der von Sewing zum Herzstück des Instituts erklärten Unternehmensbank. Und die Dividendenzahlung an die Aktionäre wird die Bank vergleichsweise bescheidene 600 Millionen Euro kosten.
Ein Grund dafür: Vor allem im Jahr 2021 boomte das Geschäft, die Gehälter zogen deshalb in der ganzen Branche deutlich an. In New York kassieren Berufseinsteiger bei den wichtigsten Investmentbanken inklusive Bonus um die 170.000 Euro, in Europa ist es etwa ein Drittel weniger. Auch die Deutsche Bank hat die Gehälter angehoben.
Dass sie nicht nur dem Markt folgt, zeigen jedoch schon die Gehälter ihrer Vorstände. Sewing kassierte im vergangenen Jahr knapp neun Millionen Euro. Das war kaum mehr als 2021, aber deutlich mehr als viele andere Bankchefs in Europa.
Unicredit-Chef Andrea Orcel etwa erhielt 7,5 Millionen Euro. Der Aktienkurs der italienischen Großbank hat sich in den vergangenen drei Jahren verdreifacht. Deutlich darunter liegt Jean-Laurent Bonnafé: Der Vormann der größten kontinentaleuropäischen Bank BNP Paribas erhielt gut 4,5 Millionen Euro.
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Deutsche Bank: Die fürstlichen Gehälter - 571 Einkommensmillionäre - WELT
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