München - Jahrelang gab es für den Selfmade-Milliardär René Benko (46) aus Innsbruck nur eine Richtung: Expansion. Auf der ganzen Welt kaufte der "Wirschafts-Wunderwuzzi", wie man ihn in Österreich nannte, mit seinem verschachtelten Signa-Imperium ein Immobilien-Filetstück nach dem anderen – auch in München.
Er erwarb Anteile am Chrysler Building in New York, am Nobelkaufhaus Selfridges in London und am KaDeWe in Berlin. In Hamburg will er den höchsten Wolkenkratzer bauen, den Elbtower. Auch ins Mediengeschäft ist er eingestiegen, er erwarb Anteile an Österreichs auflagenstärkster Zeitung, der "Kronen Zeitung".
Das Benko-Imperium bröckelt: Insolvenzen und viele Filialschließungen
In Deutschland übernahm die Signa 2013 unter anderem die letzten Kaufhaus-Riesen Galeria Kaufhof und Karstadt – wiederum mit vielen der dazugehörigen Immobilien in besten Innenstadtlagen. Die Folgen sind bekannt: Insolvenzen, viele Filialschließungen, der Steuerzahler musste bluten, Hunderte Arbeitsplätze gingen verloren.
Inzwischen ist's offensichtlich vorbei mit der krakenartigen Ausbreitung der Signa. Seit einigen Monaten ist bekannt, dass die Holding in massiven finanziellen Schwierigkeiten steckt: Bilanzen müssen nachträglich korrigiert werden, mächtige Finanzgeber fordern Millionenbeträge zurück oder sind abgesprungen, die Bankenaufsicht macht Ärger. Benkos Imperium bröckelt.
René Benko startet den großen Ausverkauf: SportScheck geht an britischen Milliardär
Um wieder an Geld zu kommen, läuft nun der große Ausverkauf: Die Signa bietet im großen Stil Firmen, Millionen-Grundstücke und -Immobilien, die sie sich teils erst vor wenigen Jahren einverleibt hatte, wieder zum Verkauf an. Zuletzt wurde bekannt, dass Benkos Handelssparte Signa Retail den Sport-Riesen SportScheck an den britischen Milliardär und Sportartikelhersteller Mike Ashley (Frasers) verkauft.
Und: In München will Benko noch mehr loswerden. In der Immobilienbranche heißt es, er sei bei allen seinen Objekten und Projekten offen für Kaufangebote. Äußern will sich die Signa dazu nicht.
Diese Immobilien-Sahnestücke gehören – oder gehörten – zu Benkos Imperium in München:
Oberpollinger in der Fußgängerzone
Das Edelkaufhaus in der Neuhauser Straße ist flächenmäßig eines der größten Deutschlands. Im Juni 2011 kaufte die Signa Holding zunächst die Hälfte des Kaufhauses samt Grundstück, 2014 kam die andere dazu. Benko gliederte das Haus zusammen mit dem KaDeWe in Berlin und dem Hamburger Alsterhaus in die "The Kadewe Group" aus. 2015 verkaufte Benko 50,1 Prozent an die italienische Firma La Rinascente des thailändischen Milliardärs Tos Chirathivat. Trotz der Eigentümerwechsel hat das Kaufhaus seinen alten Namen behalten. Er prangt nach wie vor an der Fassade des eindrucksvollen Historismus-Baus (Architekt: Max Littmann).
Karstadt Sports am Karlstor
Zusammen mit einem anderen Investor hatte Signa 2011 das ehemalige Karstadt-Sports-Gebäude direkt am Karlstor erworben. 250 Millionen Euro sollen damals zusammen mit dem Erwerb von Oberpollinger geflossen sein. Nur zwei Jahre später verkaufte Benko den denkmalgeschützten Oberpollinger-Bau wieder, heute gehört er komplett der Euro Real Estate aus der Unternehmensgruppe von Wilhelm von Finck. Nach Informationen der "Immobilienzeitung" soll der Kaufpreis bei 95 Millionen Euro gelegen haben. Das Haus ist mittlerweile komplett entkernt und innen neu ausgestaltet worden. Bald sollen hier Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts einziehen.
Kaufhof am Marienplatz
An der Immobilie der umsatzstärksten Kaufhof-Filiale in ganz Deutschland war die Signa-Gruppe ebenfalls beteiligt. Diese Anteile hat sie im Sommer 2022 verkauft, ergab eine Recherche der "Immobilienzeitung".
Kaut-Bullinger in der Rosenstraße
Der Büroausstatter in der Rosenstraße hat jahrzehntelang München geprägt. 2022 war Schluss. Da gehörten Grund und Gebäude bereits seit zwei Jahren zum Benko-Imperium. Er ließ das Gebäude abreißen und den Neubau eines Büro- und Geschäftsgebäudes planen. Im Juli 2023 kam dann die – auch für Oberbürgermeister Reiter (SPD) – überraschende Nachricht: Benko sucht einen Käufer für diese Adresse. Für 100 Millionen Euro wurde das Objekt im Juli 2023 über einen Makler angeboten. Unter den Kaufinteressenten ist auch (mindestens) ein Münchner Unternehmen.
Galeria Kaufhof am Rotkreuzplatz
Zeitgleich mit dem Kaut-Bullinger-Haus hat die Signa 2023 auch diese Immobilie mitsamt Grundstück zum Verkauf angeboten – für ebenfalls 100 Millionen Euro. Für die Angestellten von Galeria kam die Nachricht völlig überraschend, hatten sie doch gerade erst die zweite große Welle von Galeria-Schließungen überlebt. Das Kaufhaus hat einen langfristigen Mietvertrag. Ob es schon ernsthafte Verkaufsverhandlungen gibt, ist derzeit nicht bekannt.
Alte Akademie in der Münchner Innenstadt
Ihren größten Coup in München hat Benkos Signa mit der Alten Akademie gemacht. Der enorme Gebäudekomplex aus dem 16. Jahrhundert mitten in der Fußgängerzone gehört dem Freistaat. Für 240 Millionen Euro erwarb die Signa 2013 einen 65-jährigen Erbbaurechtsvertrag. Seit November 2020 wird massiv umgebaut, innen entstehen Büroräume, die Signa bereits komplett an den Schweizer Pharmakonzern Novartis vermietet hat. Der ursprünglich geplante Einzugstermin verzögere sich allerdings, teilte ein Konzernsprecher der AZ mit – weil die Baumaßnahmen nicht rechtzeitig fertig wurden.
Hermann-Tietz-Haus am Hauptbahnhof in München
Mit dem Kauf der Warenhauskette Galeria Kaufhof Karstadt ging auch das historische ehemalige Hertie-Kaufhaus (eröffnet 1905) im Benko-Imperium auf. Signa begann, es aufwendig zu erneuern, riss Verbauungen aus den 70ern wieder ab, stellte die äußere Fassade von einst wieder her und riss die Brücke zum dahinterstehenden Karstadt-Gebäude in der Schützenstraße ab. Ursprünglich war geplant, dass die Galeria-Karstadt-Kaufhaus-Mitarbeiter von nebenan nach der Fertigstellung wieder in den Altbau ziehen, 2024 sollte es so weit sein. Daraus wird nichts: Im März 2023 teilte der Insolvenzverwalter des Galeria-Konzerns mit, dass die Filiale ersatzlos aufgegeben wird. Dutzende weitere Filialen in ganz Deutschland wurden geschlossen. Was aus dem schmucken Bau wird, wenn er mal fertig ist, ob Benko auch ihn verkaufen will – derzeit ist nichts bekannt.
Karstadt an der Schützenstraße
Heruntergekommen und verwaist steht der 70er Bau nun da. Ende Juni war für die Karstadt-Mitarbeiter Schluss, das Kaufhaus an diesem Standort ist Geschichte. Die ursprüngliche Planung sah vor, dass das Gebäude abgerissen und komplett neu bebaut wird. "Ein einmaliges Entwicklungspotenzial" in bester Lage direkt hinter dem neuen Hotel Königshof sah die Signa hier. Welche Pläne Benkos krisengeschüttelter Konzern nun damit hat – auch verkaufen, doch bebauen und dann verkaufen? Stillschweigen.
Benko braucht Geld: Er verkauft Top-Immobilien in München - Abendzeitung
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