Rechercher dans ce blog

Thursday, October 19, 2023

EZB macht mit digitalem Euro Ernst: Vorbereitungsphase beginnt - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Der EZB-Rat, das höchste geldpolitische Gremium der Eurozone, hat am Mittwoch den Start einer „Vorbereitungsphase“ für den digitalen Euro beschlossen. Damit sollen die Planungen für eine Digitalwährung für den Euroraum konkreter und noch offene Fragen geklärt werden. Parallel dazu beraten die politischen Gremien in Brüssel noch über den rechtlichen Rahmen für den digitalen Euro.

Die EZB und die nationalen Notenbanken des Euroraums arbeiten schon seit längerer Zeit an sogenanntem „digitalen Zentralbankgeld“. Das Projekt startete offiziell im Juli 2021. Damals entschied der EZB-Rat, von Oktober 2021 eine zweijährige Untersuchungsphase zum digitalen Euro zu beginnen. Diese ist jetzt abgeschlossen. In der nächsten Phase, die ebenfalls auf zwei Jahre veranschlagt wird, soll das alles nun etwas konkreter werden.

„Wir müssen unsere Währung auf die Zukunft vorbereiten“, erklärte Christine Lagarde, Präsidentin der EZB. Die digitale Währung wäre eins zu eins an den Euro gekoppelt, die EZB könnte so ihre Stabilität garantieren und „Nutzerinnen und Nutzern Echtzeitzahlungen in Zentralbankgeld ermöglichen“. 

Politik in Brüssel muss noch Entscheidung treffen

Ein formaler und endgültiger Beschluss, den digitalen Euro am Ende auch tatsächlich einzuführen, ist das zwar noch nicht. „Am Ende kann der EZB-Rat nur gemeinsam mit der Politik entscheiden, ob ein digitaler Euro tatsächlich ausgegeben wird“, heißt es in einer Darstellung der Deutschen Bundesbank. Auch hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde bekanntlich im Januar 2021 in Aussicht gestellt, es werde noch mindestens fünf Jahre dauern, bis der digitale Euro einsatzbereit sei – und dies scheint sich jetzt doch länger hinzuziehen. Bundesbankvorstand Burkhard Balz sagte unlängst in einer Rede bei einer Veranstaltung in Hannover, er rechne frühestens 2027 mit einer digitalen Version des Euro: „Stand heute wäre mit einem digitalen Euro für jedermann wohl erst in vier bis fünf Jahren zu rechnen.“

Gleichwohl ist schon klar, wie man sich das wohl vorzustellen hat: Der Bürger bekommt eine „Wallet“, eine digitale Geldbörse – im Regelfall wohl eine App auf dem Smartphone. Dort befindet sich sein Digitalgeld. Damit lassen sich online Zahlungen tätigen. Und auch kleine Zahlungen von Smartphone zu Smartphone sind möglich.

Der große Unterschied zu allem, was man schon kennt: Hinter den Zahlen und Ziffern in der elektronischen Geldbörse steht keine Bank und keine Kreditkartengesellschaft, aber auch keine Kryptobörse. Sondern die Notenbank selbst. Und die kann per Definition nicht pleitegehen – zumindest, wenn sich nicht die gesamte staatliche Ordnung auflöst.

Den praktischen Kundenverkehr, so hat man sich inzwischen geeinigt, sollen gleichwohl weiter die Banken übernehmen. Damit nicht alle Leute ihr Erspartes in den elektronischen Börsen horten, wird es Obergrenzen geben – das restliche Geld fließt ab aufs Konto. Für Händler plant man in gewissem Ausmaß eine Annahmeverpflichtung. Offenbar gibt es Pläne, dass Banken-Apps für das Online-Banking für den digitalen Euro ausgerüstet werden. Die Notenbanken wollen aber wohl auch eine eigene App entwickeln. Für Menschen, die kein Smartphone haben, soll es auch ein Angebot mit einer Plastikkarte geben.

In der Vorbereitungsphase soll das Regelwerk für den digitalen Euro komplettiert und die Zusammenarbeit mit den privaten Dienstleistern geklärt werden, zudem soll es größer angelegte Experimente mit den entsprechenden Apps geben. Die EZB hat sich dabei entschieden, den digitalen Euro für den allgemeinen Zahlungsverkehr von einem speziellen, weitergehenden Angebot für Unternehmen zu trennen.

Die Reaktionen auf die Entscheidung waren unterschiedlich. „Die Menschen müssten beim digitalen Bezahlen unabhängiger werden von kommerziellen Interessen einer Handvoll internationaler Konzerne", argumentierte Ramona Pop vom Verbraucherzentrale Bundesverband. „Der digitale Euro kann dies liefern und den Zahlungsverkehr damit auf eine neue Stufe heben.“

Auch der Digitalverband Bitkom begrüßte die Bestrebungen der EZB, wie dessen Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder ausführte: „Ein digitaler Euro kann die Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität Europas nachhaltig stärken.“

Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) als Dachverband der fünf großen Bankenverbände in Deutschland sieht die Arbeiten am digitalen Euro grundsätzlich positiv. Tanja Müller-Ziegler, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), mahnte jedoch federführend für die DK: „Negative Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft müssen vermieden und der digitale Euro in der Bevölkerung breit akzeptiert werden.“ Zudem müsse für den digitalen Euro ein gesetzlich verankertes Haltelimit im unteren dreistelligen Euro-Bereich gelten, um Risiken für die Finanzstabilität zu verhindern, forderte die DK.

Umfragen lassen bei einem Teil der Bürger durchaus noch gewisse Vorbehalte erahnen. Je nachdem, wie die Fragen formuliert sind, stimmt mal eine knappe Mehrheit dafür, mal eine knappe Mehrheit dagegen. Auch der Ökonom Peter Bofinger hatte zuletzt ein Gutachten vorgelegt, das sich sehr kritisch mit dem digitalen Euro auseinandersetzte. „Der digitale Euro geht in die falsche Richtung“, urteilte Bofinger.

Aber auch Banken äußern sich immer mal wieder skeptisch. In Brüssel sind die entsprechenden Vorschläge für den rechtlichen Rahmen zwar gemacht, aber noch nicht entschieden. Es gibt einen Gesetzesantrag, aber noch keinen Beschluss.

Heike Mai, Ökonomin der Deutschen Bank, hat in mehreren Research-Berichten die Frage gestellt, ob sich der digitale Euro überhaupt durchsetzen wird. Das Argument, das hinter dem Geld die Notenbank steht, hält sie nicht für wahnsinnig stark. Die meisten Bürger kämen mit der bestehenden Einlagensicherung klar. Die Kosten rund ums Zahlen mit dem Digitaleuro hält sie dagegen für einen wichtigen Punkt. In Umfragen erwähnen die Bürger zudem immer wieder, die Frage der Anonymität der Zahlungen habe für sie hohe Priorität.

Adblock test (Why?)


EZB macht mit digitalem Euro Ernst: Vorbereitungsphase beginnt - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung
Read More

No comments:

Post a Comment

adidas-Aktie nachbörslich deutlich tiefer: adidas übertrifft eigene Prognose - Yeezy-Verkäufe sorgen für schwarze Zahlen - finanzen.net

Der Sportartikelkonzern adidas hat im vergangenen Jahr besser abgeschnitten als von ihm zuletzt prognostiziert. Der Nike -Rivale kündigte...