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Thursday, April 22, 2021

EZB-Sitzung: Jetzt steht die Notenbank vor einem ökonomischen Trilemma - WELT

Manchmal erzählt ein Satz die gesamte Geschichte. „Die Finanzierungsbedingungen werden durch einen ganzheitlichen und vielschichtigen Satz von Indikatoren definiert, der die gesamte Transmissionskette der Geldpolitik vom risikofreien Zinssatz und den Renditen von Staatsanleihen bis hin zu den Renditen von Unternehmensanleihen und den Kreditkonditionen der Banken umfasst“, war ein solcher. Es war der Versuch von Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), die Marschrichtung der Notenbank zu erklären, ohne zu konkret zu werden.

Für Investoren ist trotzdem klar: Die wolkige Umschreibung der Strategie heißt nichts anderes, als dass die EZB im Zweifel weiterhin alles tun wird, um die Märkte gewogen zu halten. Sprich: Im Zweifel wird die Notenbank bei Verspannungen noch mehr Liquidität in die Börsen pumpen.

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Daran dürfte auch die EZB-Sitzung am Donnerstag wenig ändern. Die Lage bei der Geldpolitik bleibt undurchsichtig. Einzelne EZB-Ratsmitglieder fordern, über eine Drosselung der Anleihekäufe zu diskutieren, sollte sich die Wirtschaft erholen oder die Inflation steigen.

Gleichzeitig diskutiert der EZB-Rat weiterhin über ein neues Inflationsziel, was, wenn es so kommt, eher für eine lockerere Geldpolitik spricht. Und über allem steht die – wenn auch kryptisch formulierte – Forderung von Lagarde, für vorteilhafte Finanzierungsbedingungen in der Euro-Zone zu sorgen.

Die Währungshüter stehen damit vor einer Art ökonomischen Trilemma, das sich logisch nicht lösen lässt. Bereits die Diskussion über ein Ende des Pandemiekaufprogrammes PEPP würde die Märkte in Unruhe versetzen und damit dem Ziel der optimalen Finanzierungsbedingungen zuwiderlaufen.

Gleichzeitig ist jede Debatte über eine Änderung des Inflationsziels unvereinbar mit der Vorstellung, das geldpolitische Stimulans zurückzuführen. Insofern dürfte Lagarde weiter nebulös bleiben.

Quelle: Infografik WELT

Das Trilemma wird auch im Zentralbankrat offensichtlich. Der belgische Notenbankchef Pierre Wunsch hatte zu Beginn des Monats bereits die Hoffnung formuliert, dass die EZB die Ausstiegsgespräche „innerhalb eines vernünftigen Zeitrahmens“ beginnen könnte.

Sein niederländischer Kollege Klaas Knot hat sogar bereits vorgeschlagen, die Anleihekäufe ab dem dritten Quartal zu reduzieren. Doch das stößt im Rat keineswegs nur auf Zuspruch. So hat Frankreichs Notenbankpräsident François Villeroy de Galhau stattdessen einen Übergang von den Pandemie-Anleihekäufen zu einer „angepassten“ Version eines älteren Kaufprogrammes vorgeschlagen.

Gemeint ist damit wohl eine ähnliche Beinfreiheit wie in dem derzeit laufenden Notfallprogramm, das unter Pandemiebedingungen konstruiert wurde. Negativzinsen, langfristige Bankkredite und eine explizite Guidance zur Inflationstoleranz könnten demnach auch genutzt werden, um den Abschiedsschmerz vom Notfallprogramm zu lindern.

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Sollte es so kommen und das Pandemieprogramm nicht verlängert werden, dann dürften Diskussionen darüber, wann und wie es beendet werden soll, vermutlich sogar ausgerechnet in die Zeit der Abschlussüberlegungen zur neuen EZB-Strategie fallen. Da der Strategieschwenk eher eine Lockerung bedeuten dürfte, könnte das ebenfalls beim Übergang helfen.

Auffällig ist, dass der Dax parallel zur Bilanzsumme der EZB läuft. Im Klartext: Die Liquidität der Währungshüter kommt dem Aktienmarkt gehörig zugute. „In den Sitzungen im September, Oktober und Dezember müssen zwei wichtige Dinge besprochen werden: die neue Strategie einschließlich des Instrumentariums und die Zukunft des Pandemie-Notkaufprogramms“, sagte Piet Christiansen, Chefstratege der Danske Bank, dem Finanzdienst Bloomberg. „Es wird schwierig sein, beides zu trennen.“

Eine Option wäre, dass die Strategieüberprüfung selbst zu einem politischen Instrument wird. Wenn ein Signal, dass die Pandemiekäufe im März aufhören sollen, die Investoren mehr verunsichert, als die EZB glaubt, könnte eine Zusage, die Inflation für einige Zeit über zwei Prozent laufen zu lassen, als Gegengewicht genutzt werden.

Doch es ist nicht damit zu rechnen, dass der EZB-Rat dieses Fass schon auf der anstehenden Sitzung öffnen wird. Selbst die Junisitzung wäre dafür aus Sicht einiger Beobachter noch zu früh – obwohl bei diesem Termin dann schon neue Wirtschaftsprognosen veröffentlicht werden, die dann womöglich auf eine Erholung der Konjunktur hindeuten könnten. Doch es dürfte dem Rat ganz recht sein, die Investoren noch für eine Weile länger in der Schwebe zu lassen.

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