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Thursday, April 22, 2021

Lockere Geldpolitik: Die EZB hält Kurs - noch | tagesschau.de - tagesschau.de

Stand: 22.04.2021 17:41 Uhr

Die EZB hält die Geldschleusen weiter geöffnet, hält ein hohes Tempo bei Anlagekäufen und versichert den Finanzmärkten, eine Zinswende sei nicht in Sicht. Doch hinter den Kulissen rumort es.

Von Klaus-Rainer Jackisch, hr

Es ist immer noch etwas ungewohnt für EZB-Präsidentin Christine Lagarde, das neue Setup auf den Pressekonferenzen, das schon im März Premiere hatte. Rund 22 Jahre lang saßen Präsident, Vizepräsident und EZB-Sprecher hinter einem langen Podiumstisch, um die Öffentlichkeit nach der Ratssitzung über die jüngsten Beschlüsse zu informieren. Weil sich die Notenbank jedoch frischer, moderner und der Bevölkerung zugewandter geben will, gibt es die Informationen jetzt hinter Stehpulten auf stylischen Treppenstufen in Hochglanzweiß.

Klaus-Rainer Jackisch
Klaus-Rainer Jackisch

Wirtschaftliche Lage "nicht wesentlich verändert"

Moderner Chic, der aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass sich die Mehrheit im EZB-Rat seiner Geldpolitik treu bleibt: Nachdem im März die Geschwindigkeit des Anleihekaufprogramms aus dem Corona-Notfallprogramm PEPP beschleunigt wurde, war die angespannt wirkende EZB-Präsidentin heute bemüht, immer wieder zu betonen, dass die ultra-lockere Geldpolitik auch weiter auf Hochtouren und mit beschleunigtem Tempo fortgesetzt werde. Denn "die wirtschaftlichen Aussichten bleiben weiter eingetrübt", so Lagarde. Zwar gebe es leichte Zeichen einer Erholung. Insgesamt habe "sich die wirtschaftliche Lage im Euroraum aber nicht wesentlich verändert." Dementsprechend blieben erwartungsgemäß auch die Leitzinsen auf dem Rekordtief von null Prozent.

Kern des PEPP sind die massiven Anleihekäufe: 1,85 Billionen Euro will die Notenbank bis Ende März kommenden Jahres in die Märkte pumpen, indem sie Anleihen aller Art erwirbt. Mehr als die Hälfte ist schon ausgegeben. Bleibt das derart angeheizte Tempo bei den Käufen, wird das fest gesetzte Volumen schon viel eher erreicht sein. Deshalb steht die Frage im Raum: Was kommt danach?

Kommt im Juni die Zinswende?

Schon seit einiger Zeit wittern die "Falken" im EZB-Rat, also die Vertreter einer straffen Geldpolitik, ihre Chance, jetzt die Weichen für den Beginn der Wende zu stellen. Auf der aktuellen Ratssitzung gestern und heute hielten sie zwar noch die Füße still. Doch spätestens auf der nächsten Sitzung im Juni dürfte sich der Druck erhöhen. Dann gibt es neue Konjunkturdaten der EZB. Die "Falken" hoffen, das erste Impferfolge in einigen Eurostaaten und deutlich verbesserte Konjunkturaussichten den Weg frei machen, Märkte und Bevölkerung auf eine Normalisierung der Geldpolitik einzustimmen.

Starke Befürworter sind der niederländische Notenbankchef Klaas Knot, der die Anleihekäufe schon im nächsten Quartal reduzieren will. In ähnliche Richtung gehen sein belgischer Kollege Pierre Wunsch und natürlich auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Ihr schlagendes Argument: Die Finanzmärkte müssen langsam auf die Wende in der Geldpolitik eingestellt werden. Kommt der Schwenk zu abrupt, ist die Unruhe zu groß, und es könnte zu schweren Verwerfungen insbesondere an den Aktienmärkten kommen, die keiner will. Die deutlich anziehende Inflation im Euroraum biete auch die Rechtfertigung für die Währungshüter zu handeln. Im März lag die Inflationsrate im Euroraum bei 1,3 Prozent, nachdem sie im Dezember noch bei minus 0,3 Prozent lag.

Die Börsen reagieren sensibel

Wie fragil die Stimmung an den Aktienmärkten ist, musste die EZB-Präsidentin bereits vor einigen Wochen erleben. Angesichts stark steigender Inflationsraten zogen an den Anleihenmärkten die Renditen an, weil Anleger damit rechneten, dass die Notenbanken ihre Zügel straffen könnten - eine teuflische Entwicklung aus Sicht der Anleger am Aktienmarkt, die daraufhin auch sehr verschnupft reagierten.

Eine überaus nervöse Lagarde versicherte deshalb nach der März-Konferenz, eine Wende der Geldpolitik stehe nicht an - und bekam flankierende Schützenhilfe vom gesamten Direktorium, das nicht müde wurde, mehr oder weniger dasselbe zu versichern. Auch die USA und Großbritannien sprangen der EZB bei; dort schlugen die Notenbanken in dieselbe Kerbe und sorgten so wieder für Ruhe und steigende Kurse an den Aktienmärkten.

Doch jetzt bekommt die internationale Geschlossenheit erste Risse: Gestern beschloss die Notenbank von Kanada als erste führende Zentralbank der Welt, ihre Anleihekäufe zu reduzieren. Von Montag an werden die Währungshüter dort Staatsanleihen nur noch in einem Volumen von drei Milliarden kanadische Dollar pro Woche kaufen, teilten sie in Ottawa mit. Bisher waren es vier Milliarden. Der niedrige Leitzins bleibt hingegen weiter unverändert bei 0,25 Prozent. Die Reduzierung der kanadischen Anleihekäufe wurde an den Finanzmärkten mit großer Überraschung aufgenommen. Sie ist möglich, weil sich die Konjunkturaussichten angesichts großer Impferfolge in dem nordamerikanischen Land deutlich gebessert haben und auch die Erholung am Arbeitsmarkt große Fortschritte macht.

Noch sind die "Falken" in der Minderheit

Doch die "Tauben" im EZB-Rat - und damit die breite Mehrheit in dem Gremium - denkt überhaupt nicht daran, diesem Beispiel zu folgen. Lagarde machte das heute ganz klar: "Wir haben im EZB-Rat nicht über Pläne diskutiert, das PEPP-Programm auslaufen zu lassen", so die Präsidentin. "Das wäre auch völlig verfrüht." Ein klarer Wink an die "Falken", nicht zu voreilig zu sein. Denn wegen der verkorksten Impfkampagne der EU ist die wirtschaftliche Erholung im Euroraum viel geringer und zieht sich wie Kaugummi. Im Vergleich zu den großen Volkswirtschaften in den USA und China sind Daten und Konjunkturrweartungen in der Eurozone mehr als enttäuschend - zumal die dritte Coronawelle den alten Kontinent fest im Griff hat und eine Besserung sich derzeit nicht abzeichnet.

So richten sich die Blicke also schon jetzt auf die kommende EZB-Sitzung im Juni. Sie dürfte entscheidend werden für das weitere Vorgehen. Dann wird sich zeigen, ob die Wirtschaft weiterhin so schwach ist, dass die Währungshüter ihr PEPP-Programm vielleicht sogar ein zweites Mal aufpeppen, weil die bislang geplanten Mittel nicht ausreichen - oder ob die Konjunkturprognosen so vielversprechend sind, dass die "Falken" ihre lang ersehnte Wende in der Geldpolitik endlich einleiten können.

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