Bernd Osterloh steht kurz vor einem Rückzug von der Spitze des VW-Betriebsrats. Bis diesen Freitag gegen 9:30 Uhr wollen die zuständigen Gremien der Arbeitnehmervertreter über die Personalie entscheiden, wie der SPIEGEL aus Unternehmenskreisen erfuhr. Danach soll es eine öffentliche Mitteilung zu Osterlohs Abschied geben. Aller Voraussicht nach wird der Betriebsratsboss am Freitag seinen letzten Arbeitstag in seiner jetzigen Rolle haben.
Osterloh wolle damit einen Generationswechsel einleiten und ein Jahr vor der nächsten Betriebsratswahl den Weg für seine Nachfolgerin und bisherige Stellvertreterin Daniela Cavallo freimachen, heißt es. Auch von seinem Posten im VW-Aufsichtsrat wird Osterloh sich wohl zurückziehen. Die Neuwahlen für das Kontrollgremium stehen 2022 an, schon jetzt müssen die Kandidaten dafür festgelegt werden.
Allerdings will Osterloh, der im September 65 Jahre alt wird, noch nicht in Ruhestand gehen: Er habe ein Angebot bekommen, Personalvorstand bei Volkswagens Lkw-Tochter Traton zu werden, heißt es. Dass dieser Wechsel zustande kommt, gilt als hoch wahrscheinlich. Der Traton-Aufsichtsrat müsste der Personalie noch zustimmen. Weder Volkswagen noch der Betriebsrat gaben einen Kommentar ab, die Lkw-Tochter Traton war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Zuerst hatte die Nachrichtenagentur Reuters über die möglichen personellen Änderungen berichtet.
Die Entscheidung, nicht erneut zur Wahl anzutreten, soll der VW-Betriebsratschef schon um Ostern herum gefällt haben. Ursprünglich war angedacht, dass er zumindest noch für eine halbe Amtsperiode zur Verfügung steht, oder auch eine Doppelspitze mit Cavallo bildet. Letztlich habe Osterloh aber keinen Abschied auf Raten gewollt, heißt es.
Cavallo, Jahrgang 1975, habe ihre Eignung längst unter Beweis gestellt. In ihrer zweieinhalbjährigen Amtszeit habe sie bereits eine zentrale Rolle beim Umbau wichtiger VW-Standorte für das Zeitalter der E-Mobilität gespielt. Beobachter erwarten mit dem Führungswechsel im Betriebsrat auch einen neuen Kommunikationsstil gegenüber dem Management: In der Sache gilt Cavallo zwar als ähnlich hart wie Osterloh, im Ton ist sie aber zurückhaltender.
Bei Osterlohs Entscheidung könnte auch der anstehende Prozess vor dem Landgericht Braunschweig gegen ehemalige VW-Personalmanager eine Rolle gespielt haben. Darin geht es um eine angeblich überhöhte Betriebsratsvergütung, auch für Osterloh. Der Betriebsratschef selbst ist zwar nicht angeklagt, dürfte aber ebenfalls ins Rampenlicht gezogen werden.
Osterloh ist seit 44 Jahren bei Volkswagen angestellt, 2005 wurde er Betriebsratschef und Aufsichtsratsmitglied. In seine Amtszeit fällt die Übernahmeschlacht mit Porsche, der zeitweilige Aufstieg Volkswagens zum größten Autohersteller der Welt, die Dieselaffäre – und nicht zuletzt die E-Offensive und damit der größte Umbau der Konzerngeschichte.
Als Betriebsratsboss hat Osterloh vier verschiedene VW-Chefs erlebt. Mit dem aktuellen Vorstandsvorsitzenden Herbert Diess lieferte er sich mehrere erbitterte Machtkämpfe. Vergangenes Jahr hätte Diess im Zwist mit Osterloh beinahe seinen Job verloren.
Wechsel zur Lkw-Tochter: VW-Betriebsratsboss Osterloh tritt ab - DER SPIEGEL
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