Es sollte der größte Wohnungsdeal der deutschen Nachkriegsgeschichte werden: die Fusion des größten deutschen Immobilienkonzerns Vonovia mit dem Branchenzweiten Deutsche Wohnen. Jetzt kam heraus: Eine Börsenklausel kann den Aktionären ein milliardenschweres Steuergeschenk zu Lasten der Steuerzahler machen.
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete und finanzpolitische Sprecherin Lisa Paus ist angesichts der geplanten Fusion der beiden großen Immobilienkonzerne Vonovia und Deutsche Wohnen entsetzt. Denn bei der Fusion handelt es sich um eine Transaktion, die von der Börsenklausel ausgenommen sein dürfte. So entgeht dem Fiskus und den Ländern möglicherweise rund eine Milliarde. In Zahlen: Bei einer Übernahme in Höhe von 18 Milliarden und einer effektiven Grunderwerbsteuer zwischen 5 bis 6,5 Prozent könnte sich die Höhe der Steuer schnell auf eine Milliarde belaufen.
Schuld trägt unter anderem auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD), denn Teil des von ihm geförderten Gesetzes ist: Mit der Einführung der sogenannten Börsenklausel zum 1. Juli werden alle Anteilsübertragungen von börsennotierten Unternehmen ausgenommen, solange sie auch über die Börse abgewickelt werden. Dies gilt selbst dann, wenn es sich um reine Immobilienkonzerne handelt.
Das Gesetz wurde erst kürzlich im Bundestag verabschiedet. In diesem Zusammenhang wurden auch die Anwendungsregelungen überarbeitet, sodass die Regelungen zur Umgehung der Grunderwerbsteuer durch Kapitalgesellschaften auf Übergänge von Anteilen Anwendung findet, die ab dem 1. Juli übertragen werden. Die Grünen-Politikerin Paus zeigt sich bestürzt:
"Union und SPD haben den Aktionäre von Vonovia, Deutsche Wohnen und Blackrock mit ihrer verkorksten Reform der Share Deals ein Millionengeschenk auf Kosten der Steuerzahler gemacht. Es sieht so aus, dass Vonovia keine Grunderwerbsteuer bei der historischen Übernahme von Deutsche Wohnen zahlen wird."
Union und SPD haben das Steuerschlupfloch Share Deals weiter offengehalten, obwohl sie es eigentlich anders im Koalitionsvertrag vereinbart hatten. Paus sagt:
"Der angekündigte Zeitpunkt der Fusion der beiden Immobilienriesen für August dürfte kein Zufall sein. Genau dann tritt das neue Gesetz in Kraft."
Die Grünen haben eine konkrete Alternative ausgearbeitet, wonach auch anteilige Übertragungen steuerpflichtig sind. Dieses quotale Modell erweitert nach niederländischem Vorbild erlaubt es, Immobilienunternehmen ab einer Anteilsübertragung von mehr als 10 Prozent anteilig zu besteuern.
Bisher wurde ein mittelbarer Eigentümerwechsel an Grundstücken nur erfasst, wenn bei einer Personengesellschaft mindestens 95 Prozent der Anteile in fünf Jahren an einen anderen übergehen. So wurden oft 94,9 Prozent an den neuen Eigentümer übertragen. Der Rest wurde in Gesellschaften geparkt. Das nennen Immobilienspezialisten einen Real Estate Transfer Tax-Blocker. Paus meint:
"Wenn es Vonovia mit der Ankündigung ein verantwortungsvoller Vermieter sein wollen ernst meint, dann sollte der Konzern regulär Steuern zahlen und einen Beitrag zu Finanzierung des Gemeinwohls leisten. Gerade jetzt in der Coronakrise und dem angespannten Wohnungsmarkt in Berlin wäre es ein fatales Signal, allein das Interesse der Aktionäre in den Vordergrund zu stellen."
Während der Deal voraussichtlich steuerfrei ausläuft, könnte das Nebengeschäft mit der Übernahme von 20.000 Berliner Wohnungen durch senatseigene Gesellschaften anders enden. Bei rund 2 Milliarden Euro Kosten müssten kurioserweise die Gesellschaften des Landes eine Grunderwerbsteuer an den Stadtstaat zahlen.
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