Am Wohnungsmarkt bahnt sich eine Megafusion an: Branchengigant Vonovia will seinen größten Rivalen schlucken. Was der Mieterschutzbund davon hält - und was die Mieter nun erwartet.
Deutschlands größter privater Immobilienkonzern Vonovia will noch größer werden - und dafür die zweitgrößte Wohnungsgesellschaft des Landes für 18 Milliarden Euro übernehmen.
Für die Mieter der Deutsche Wohnen "ändert die Übernahme nichts", versucht Vonovia-Chef Rolf Buch kritische Stimmen zu besänftigen. Im Gegenteil: Es würde "für sie eher besser". Die Versprechungen:
- Begrenzte Modernisierungsausgaben in Berlin
- Begrenzter Mietenanstieg
- Gemeinsame Forschung zur CO2-Reduzierung im Gebäudesektor
- 20.000 Wohnungen für die Stadt Berlin zum Kauf
Was vielsprechend klingt, birgt im Detail dennoch Tücken, findet Claus Deese vom Mieterschutzbund.
Im Interview mit ZDFheute erklärt Deese, …
… wer die Kosten der Deutsche-Wohnen-Übernahme letztlich trägt
So würde sich anfänglich zwar nichts für die Mieter der Deutsche Wohnen ändern, weder organisatorisch noch finanziell. "Vonovia übernimmt ja nur die Aktienmehrheit, die Verträge bleiben die alten, das ist gesetzlich geregelt."
Mittelfristig würden große Summen der Übernahmekosten aber "eins zu eins auf die Mieter überwälzt", ist sich Deese sicher. Dem Konzern sei es schon immer gelungen, "das Maximale aus den Mietern rauszuholen", urteilt der Vorsitzende des Mieterschutzbundes. "Und sie werden es auch diesmal tun."
Wie das zunächst "diskret" gelingen könnte, ohne die Mieten offensichtlich zu erhöhen? Vor allem die Abrechnung von Nebenkosten berge das Potenzial, einen Teil der Kaufsumme an die Mieter weiterzugeben.
Gewinnmaximierungsprinzipien, die sowohl Vonovia als auch die Deutsche Wohnen bereits praktizierten. Hier kämen die Mieter vom "Regen in die Traufe".
… wie Vonovia "social washing" betreibt
Gleichzeitig sei die Zusicherung, die Modernisierungsausgaben in Berlin auf zwei Euro für drei Jahre zu begrenzen, nichts als "social washing", urteilt Deeser. Denn: Bei Wohnungen mit einem Quadratmeterpreis unter sieben Euro sei dies der Maximalbetrag.
Vor allem Vonovia hätte es in den letzten Jahren perfektioniert, sich als "sozial darzustellen" und markentechnisch perfekt aufzutreten. Beispielsweise hätte sich der Konzern immer wieder umbenannt, "wenn die Kritik zu laut wurde". Auch der Umgang mit Rückzahlungen nach dem gekippten Mietendeckel in Berlin sei ein Zeugnis für die geschickte Image-Pflege des Konzerns:
"Als der Mietendeckel gekippt wurde […] hieß es: ‚Die gesenkten Mieten, die schenken wir denen.‘ Dabei hätten die Zahlungen schätzungsweise 10 Millionen Euro eingebracht, bei Gewinnen von mehr als einer Milliarde im letzten Jahr."
… ob der Aufkauf auch Vorteile birgt
Gefragt, ob auch die Klimaversprechen des entstehenden Konzerns vorgeschoben wirken, glaubt Deese, dass durch die Fusion tatsächlich "leichte positive Effekte für das Klima" erzielt werden könnten.
Möglich sei dies aber auch nur, da durch die gestiegene Marktmacht kostengünstigere Abkommen mit Herstellern für energetische Dämmungen oder andere Materialien geschlossen werden könnten.
Leichte Vorteile für die bisherigen Mieter der Deutsche Wohnen sieht er hingegen in der technischen Versorgung. "Der Hausmeisterservice wird vermutlich ein bisschen besser werden." Allerdings erwartet Deese, dass die daraus resultierenden Kosten am Ende von den Mietern getragen werden.
… welche Rolle die Politik spielt
Eine "bessere Zukunft", wie Vonovia-Chef Buch sie verspricht, sieht Deese primär auf Vermieter-Seite. Durch Synergieeffekte auf Verwaltungsebene seien Kosteneinsparungen möglich. Zentral sei durch das Wachstum jedoch die Möglichkeit für bessere Lobbyarbeit. "Mehr Marktmacht bedeutet ein besseres Gehör durch die Politik."
Die Fusion sei schließlich eine "logische Konsequenz" der Politik der letzten 30 Jahre.
So hätten die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit durch die schwarz-gelbe Kohl-Regierung und das Investitionserleichterungsgesetz der rot-grünen Koalition unter Schröder das Wachstum von Wohnungsgesellschaften wie Vonovia bedingt.
Durch Verkäufe von Immobilien aus öffentlicher Hand "für einen Apfel und ein Ei" wäre es Konzernen wie Vonovia erst gelungen, "günstig ein Riesenportfolio zusammenzukaufen", kritisiert Deese. Nun könnten wir gespannt zuschauen, "wen Vonovia als nächstes schluckt".
... wie bezahlbarer Wohnraum gelingen könnte
Sollte eine künftige Regierung Interesse haben, "bezahlbare Mieten und Wohnraum in Großstädten" durchzusetzen, lohne ein Blick nach Wien. Die österreichische Hauptstadt habe durch den Bau von Wohnungen über die Jahre geschafft, größter Wohnungseigentümer zu werden.
Mehr als 60 Prozent der Wiener lebten in einer geförderten oder kommunalen Wohnung. Die Mietkosten: "Fünf bis neun Euro brutto pro Quadratmeter, statt zwölf bis fünfzehn oder noch mehr."
Mieterschutz zur Vonovia-Fusion: Mieter kommen vom "Regen in die Traufe" - ZDFheute
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