Im Streit um Schadensersatzforderungen für den Dieselskandal steht zwischen Volkswagen und früheren Vorständen eine Einigung offenbar kurz bevor. Der Aufsichtsrat des Konzerns hatte im März beschlossen, den einstigen VW-Chef Martin Winterkorn, den früheren Audi-Chef Rupert Stadler und andere Spitzenmanager von Audi, Porsche und der Kernmarke VW wegen aktienrechtlicher Sorgfaltspflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Wie das Online-Magazin Business Insider unter Berufung auf Vertragsentwürfe am Montagabend berichtete, hat sich Winterkorn bereit erklärt, deswegen rund zehn Millionen Euro an das Unternehmen zu zahlen.
Entsprechende Vereinbarungen mit ihm und den anderen ehemaligen Top-Managern sollen auch nach Informationen der F.A.Z. möglicherweise noch in dieser oder nächster Woche unterzeichnet werden. Im Zuge dessen soll sich der Autohersteller dem Business Insider zufolge mit dem Konsortium der Managerhaftpflicht-Versicherer auf eine Zahlung weiterer 200 bis 300 Millionen Euro verständigt haben. Ein Sprecher des VW-Aufsichtsrats wollte die Vorgänge nicht kommentieren.
Riesiger D&O-Schadensfall
Für seine Führungskräfte schloss der Konzern eine Managerhaftpflicht, eine sogenannte Directors and Officers Police (D&O) ab. Die Deckungssumme für die Versicherung beträgt 500 Millionen Euro, nach Marktinformationen soll es sich um eines der größten D&O-Programme im deutschen Markt handeln. Allerdings kommen die Versicherer, unter Führung der Zurich, nur für die Kosten auf, wenn Winterkorn und Stadler weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen wird.
Daher beschloss der Aufsichtsrat nach mehrjähriger Vorprüfung durch die Wirtschaftskanzlei Gleiss Lutz die früheren Konzernchefs von VW und Audi wegen aktienrechtlicher Sorgfaltspflichtverletzungen in Anspruch zu nehmen. Nach den Beschlüssen sollen außerdem die ehemaligen Audi-Vorstände Ulrich Hackenberg und Stefan Knirsch, sowie der frühere Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz Schadenersatz zahlen. Sie haben die Vorwürfe bislang stets bestritten. In einer Mitteilung des Aufsichtsrats von März hieß es, strafrechtlich habe sich kein damaliger Manager bei VW, Audi oder Porsche etwas zuschulden kommen.
Die Anwälte stellten in ihrem Gutachten fest, dass es Winterkorn in der Zeit ab dem 27. Juli 2015 unterließ, die Hintergründe des Einsatzes unzulässiger Softwarefunktionen in Dieselmotoren unverzüglich und umfassend aufzuklären. Auch dem ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler und weiteren früheren Markenvorständen von VW, Audi und Porsche warfen die Gutachter Pflichtverletzungen vor. Wie in Wolfsburg zu hören ist, hat das Unternehmen großes Interesse daran, die Einigung noch vor der Hauptversammlung unter Dach und Fach zu bringen, damit dort endgültig darüber entschieden werden kann. Ein genaues Datum für das Aktionärstreffen steht noch nicht fest, es soll aber bis zum Sommer stattfinden.
Lange Zivilprozesse bleiben erspart
Winterkorn ließ nach Bekanntwerden der Forderungen über seine Anwälte erklären, „alles Erforderliche getan und nichts unterlassen zu haben, was dazu geführt hätte, den entstandenen Schaden zu vermeiden oder geringer zu halten“. Die anderen betroffenen Vorstände äußerten sich ähnlich. Dem Vernehmen nach sind nun aber fast alle bereit, Schadensersatz zu zahlen. Damit ersparen sie sich wohl auch einen langjährigen Zivilprozess, mit dem VW im Vorfeld gedroht hatte.
Ungeachtet dessen müssen sich Winterkorn und weitere Angeklagte von Mitte September an wegen mutmaßlichen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs vor einem Gericht in Braunschweig verantworten. Der Strafprozess gegen Stadler und Hatz hatte im September 2020 am Landgericht München begonnen.
Vergleich von Winterkorn und Volkswagen in Reichweite - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung
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