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Thursday, May 6, 2021

Verkehrswende: So viele Jobs gefährdet die E-Mobilität in der Autoindustrie - ZEIT ONLINE

Die deutsche Autoindustrie steckt in einem Dilemma: Sie muss weg von Diesel und Benzin, dem Klima zuliebe. Und gleichzeitig steckt im verpönten Verbrennungsmotor nicht nur ein Großteil ihres Know-hows, sondern auch die meisten ihrer Beschäftigten sind auf die Herstellung von Benzin- und Diesel-Autos spezialisiert. Das Münchner Ifo-Institut hat nun im Auftrag des Verbands der Automobilindustrie (VDA) untersucht, wie sich die Umstellung auf Elektromobilität auf die Beschäftigung in Deutschland auswirkt. Das Ergebnis: Ein Drittel der Jobs in der Branche steht schon bald "zur Disposition".

Bis 2025 sind der Studie des Ifo-Instituts zufolge in der deutschen Autobranche 178.000 Arbeitsplätze bedroht, bis 2030 sogar 215.000. Berechnet man die Menschen mit ein, die in diesem Zeitraum in den Ruhestand gehen, bleiben unterm Strich etwa 100.000 Jobs in Deutschland, die bis 2025 durch den Wandel der Autobranche in Gefahr sind.

Die Berechnungen der Ifo-Studie basieren auf den Regulierungsvorgaben der Europäischen Union zu den Flottengrenzwerten. Sollen diese erreicht werden, muss der Anteil der Elektroautos an den Neuzulassungen kräftig steigen: von 3,5 Prozent im Jahr 2019 auf 29 bis 36 Prozent im Jahr 2025. "Die EU-Regulierung zu den Flottengrenzwerten ist der Kerntreiber der Transformation", sagt Ifo-Präsident Clemens Fuest bei der Vorstellung der Studie.

Insgesamt hängen in Deutschland 613.000 Jobs direkt am Verbrennungsmotor – laut VDA-Präsidentin Hildegard Müller jeder zweite Arbeitsplatz in der Branche. "Die Transformation erfordert von den Unternehmen Investitionen in nie dagewesener Höhe", sagt sie. Dennoch sind von Müller keine Klagen über die europäischen Vorgaben zu hören, die der Studie zugrunde liegen. "Wir bekennen uns zum Ziel der Klimaneutralität bis 2050", beteuert die VDA-Präsidentin. Umso deutlicher kritisiert Müller die aktuelle Debatte um eine Verschärfung der Klimaziele als Reaktion auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts: "Es ist mir unverständlich, dass die Ziele des Klimaschutzes über Nacht verändert werden sollen."

Ein Faktor unter mehreren

Müller verweist auf das Urteil des Gerichts, das Deutschland bis Ende 2022 Zeit gebe, um das Klimagesetz anzupassen. Dem pflichtet auch Ifo-Präsident Fuest bei. "Damit die Transformation funktioniert, braucht es sichere Rahmenbedingungen für die Unternehmen", sagt er und warnt vor einem deutschen Alleingang. Ihre Botschaft an die Politik ist klar: Die Transformation ist auch so schon schwer genug, viel mehr geht nicht.

Allerdings ist der Wandel zur Elektromobilität nur ein Faktor unter mehreren, der sich auf den Arbeitsmarkt in der Autoindustrie auswirkt, wie frühere Berechnungen zeigen. Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) kommt zwar ebenfalls zu dem Ergebnis, dass durch die Umstellung auf E-Mobilität Arbeitsplätze entfallen. Weitaus größere Auswirkungen hat laut einer Studie aber die Automatisierung, durch die Autohersteller und Zulieferer immer weniger Menschen für die Produktion benötigen.

Und auch Standortentscheidungen der Autohersteller spielen eine wichtige Rolle für die weitere Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, wie das Beispiel Volkswagen zeigt. Insgesamt 20 Hybrid- und Elektromodelle baut der Konzern derzeit. Im vergangenen Jahr stieg VW zur Nummer zwei weltweit auf dem Elektroautomarkt auf – nur der US-Konzern Tesla verkaufte noch mehr Autos. Das ist natürlich ein Erfolg für den deutschen Autobauer. Aber ist es auch ein ebenso großer Erfolg für den Autostandort Deutschland? Aktuell baut Volkswagen mehr als die Hälfte seiner Hybrid- und Elektromodelle in China. Überhaupt produzierten die deutschen Hersteller 2019 nur gut 40 Prozent ihrer Fahrzeuge in Deutschland.

Zugleich baut der Branchen-Vorreiter Tesla ein neues Werk in Brandenburg, in dem neben Elektroautos auch Batterien hergestellt werden sollen. Der US-Konzern lenkt die Aufmerksamkeit auch auf einen weiteren Faktor, der für den Arbeitsmarkt in der Autobranche entscheidend ist. Elektroautos basieren nicht nur auf einer anderen Antriebsart, sie verschieben auch die Wertschöpfung in der Autoproduktion: Besonders wichtig ist hier die Batterieproduktion, in der Deutschland bisher trotz der Tesla-Pläne noch weit hinter China zurückhängt.

Doch die vielleicht größte Veränderung in der Wertschöpfung betrifft die Software. Auch hier setzt Tesla Maßstäbe: Mit regelmäßigen Updates über Nacht behebt der Konzern nicht nur Fehler, sondern kann ohne lästigen Werkstattbesuch neue Funktionen an seine Fahrzeug-Flotte ausspielen. Daran nahm sich auch VW ein Beispiel: Im vergangenen Jahr verkündete der Konzern die Gründung einer neuen Software-Einheit, in der 2025 bis zu 10.000 Expertinnen und Experten arbeiten sollen. Die Transformation zur Elektromobilität gefährdet also nicht nur Arbeitsplätze in der Branche, sie schafft auch neue. Allerdings werden die neuen Jobs wohl nicht von den Menschen ausgeführt werden können, die derzeit noch an der Produktion für Autos mit Verbrennungsmotoren beteiligt sind.

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