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Friday, May 21, 2021

Was hat der neue Investor mit Condor vor? - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Condorianer“ – aus dem Mund von Friedrich Andreae klingt das Wort, das die Beschäftigten des Ferienfluggesellschaft Condor für sich verwenden, noch etwas holprig. „Das muss ich noch üben“, sagt Andreae. Und Zeit dafür dürfte sein. Andreaes Arbeitgeber, der Vermögensverwalter Attestor, wird neuer Mehrheitseigner der staatlich gestützten Condor. Gerade eine Stunde waren die Verträge unterzeichnet, als Andreae über den Fortbestand aller 4050 Condor-Arbeitsplätze sprach.

Dass das Wort Condorianer noch holpert, dürften Piloten und Flugbegleiter ihm nachsehen. Von Attestor hatten viele von ihnen bislang wohl auch nicht gehört. Dabei gibt es Attestor seit 2012, gegründet wurde die Gesellschaft vom Deutschen Jan-Christoph Peters. Beteiligungen im Wert von etwa 5,5 Milliarden Euro zählen nach eigenen Angaben zum Portfolio.

Condor ist das aber erste Engagement in der Luftfahrt für den Vermögensverwalter mit Sitz in London, der sich auf Unternehmen in Umbruchphasen spezialisiert hat. Im Tourismussektor sei man aber schon aktiv, hebt Andreae hervor. So hält Attestor 12 Prozent am Autovermieter Europcar Mobility Group, ist dort drittgrößter Aktionär. Auch Hotels in Italien und den Niederlanden zählen zum Portfolio.

Geld für neue Flugzeuge

Mit 200 Millionen Euro frischem Eigenkapital will Attestor 51 Prozent an Condor übernehmen. Der Rest liegt vorerst weiter bei der SG Luftfahrtgesellschaft, die seit dem Abschluss des Condor-Schutzschirmverfahrens die Anteile als Treuhänder verwaltet und als Sicherheit für einen Hilfskredit an die staatliche KfW-Bank verpfändet hat. Attestor hält aber eine Option, auch den Rest zu übernehmen. Weitere 250 Millionen Eigenkapital will Attestor zur Erneuerung der Langstreckenflotte beisteuern, die in die Jahre gekommen ist.
„Die Verträge sind von allen Beteiligten verbindlich unterschrieben, die Arbeitsplätze sind gesichert“, ist Condor-Chef Ralf Teckentrup erfreut.

Daran waren zuletzt wieder Zweifel aufgekommen, da sich die Corona-Pandemie länger als vom Condor-Management erwartet hinzieht. Ein 550-Millionen-Euro-Hilfsdarlehen der KfW aus dem April 2020, für das der Bund und das Land Hessen Garantien gaben, war zur Überbrückung der härtesten Krisenphase gedacht.

Trotz vieler Sparbemühungen geht es nach zwölf Monaten zur Neige, 256 Millionen Euro waren ohnehin für die Tilgung einer vorherigen Hilfe zu verwenden. „Ein Kredit vom Bund und dem Land Hessen ist von endlicher Natur“, räumt Condor-Chef Teckentrup ein. Doch aktuell ziehen nach langer Flaute die Buchungen an. Man habe Gespräche mit Investoren gesucht, der Kontakt mit Attestor soll Anfang Januar zustande gekommen sein.

„Dreimal k.o.“

Dass Condor gut ins Portfolio passe, sieht Andreae schon dadurch belegt, dass das Management trotz einer Serie der Rückschläge nicht aufgegeben habe. Die Fluggesellschaft war im Herbst 2019 durch die Insolvenz des damaligen Mutterkonzerns Thomas Cook in Bedrängnis geraten. In einem ersten Bieterverfahren setzt sich die staatliche polnische Luftfahrtholding PGL, Muttergesellschaft der Airline Lot, durch.

Mit der Corona-Pandemie geriet Lot selbst in Bedrängnis, wollte an geschlossenen Verträgen nicht mehr festhalten.  Die lange Phase der Einschränkungen war die nächste Last. „Wenn man dreimal k.o. geschlagen wird und immer noch steht, zeugt das von der Qualität des Unternehmens“, sagt Andreae über Condor.

Trotz des bevorstehenden Kapitalzuflusses bleibt der Staat, der für Hilfsdarlehen der staatlichen KfW-Bank Garantien gab, bei Condor vorerst involviert. „Der Bund und das Land engagieren sich weiter, das KfW-Darlehen wird strukturiert und angepasst“, sagte Condor-Finanzchef Christoph Debus, der für die Fluggesellschaft die Investorenvereinbarung federführend verhandelt hat. Wie groß die Kreditsumme ausfällt, lässt er offen. Das hänge auch vom Ausgang der Beihilfegenehmigung durch die EU-Kommission ab. Doch Condor werde „einen großen Teil“ des bisherigen Darlehens bald zurückzahlen.

Zurück zum Normalbetrieb

Für den Kurs in die Zukunft präsentiert Andreas einen Plan mit drei Stufen. „Zunächst geht es darum, wieder zum Fliegen zu kommen und in den Normalbetrieb zurückzukehren“, umschrieb er den ersten Schritt, der die größte Herausforderung im laufenden Jahr sein wird. Condor litt darunter, dass über Monate viele Urlaubsziele mit Reisewarnungen belegt waren und Rückkehrer sich in Zwangsquarantäne begeben mussten. Dass seit März Mallorca ohne anschließende Pflicht zur Absonderung zu bereisen war, half zwar etwas, insgesamt aber wenig.

Im zweiten Schritt strebt Andreae eine Erneuerung der in die Jahre gekommenen Langstreckenflotte an. „Die Flotte ist alt, unter einen anderem Eigentümer als Thomas Cook wäre die Erneuerung wohl auch eher in Angriff genommen worden“, diagnostizierte er. Ein Tausch der Jets für Flüge nach Nordamerika, auf Karibikinseln und zu afrikanischen Zielen werden die Langstreckenflotte auch deutlich nachhaltiger machen. Zudem sei ein neues Flugzeug wegen des geringeren Kraftstoffverbrauch auch wesentlich wettbewerbsfähiger.

Buchungen steigen wieder: Ein Condor-Flugzeug landet in Frankfurt

Buchungen steigen wieder: Ein Condor-Flugzeug landet in Frankfurt : Bild: Lando Hass

Das wegen der Finanzknappheit bei Thomas Cook die Erneuerung unterlieben war, sieht er wegen der Corona-Pandemie gar nicht mehr als Nachteil. „Im Augenblick sind die Preise für Flugzeuge sehr niedrig“, sagte er. Neben den 250 Millionen Euro Eigenkapital, die Attestor für das Verjüngungsprogramm beisteuert, soll Fremdkapital genutzt werden. Bis zu einer Milliarde Euro für den Wechsel der Langstreckenflotte zusammenkommen. „Es wird Boeing oder Airbus“, scherzt Condor-Chef Teckentrup. Andere Hersteller stehen auch nicht zur Verfügung.

Ziel: Führender europäischer Ferienflieger

Der Humor ist bei Condor nach bangen Phasen zurückgekehrt. Attestor lässt auch keinen Zweifel, an Teckentrup und Debus als Führungsduo festhalten zu wollen. Der Flottenerneuerung soll schnell erfolgen. „Normalerweise dauert es sechs bis neun Monate, bis Verträge unterzeichnet sind, bis zur Lieferung vergehen weitere 18 Monate. Wir glauben, dass wir zügiger sein werden“, sagt Teckentrup.

Dass es noch eine dritte Stufe im Attestor-Plan gibt, soll verdeutlichen, dass keine schnelle Weiterveräußerung geplant ist. Es solle um „Expansion“ gehen, Condor zum „führenden europäischen Ferienflieger“ aufsteigen. Diese Rolle hätte wohl auch der Lufthansa-Konzern für die Dauer gern, der mit seiner Tochtermarke Eurowings stärker in das Urlaubergeschäft vordringt.

Die Geschehen rund um Condor hat man in dem größeren Konzern - Lufthansa hat am Ende ihres Sparkurses 650 Flugzeuge, Condor aktuell rund 50 – sehr argwöhnisch beobachtet. Der Konzern kündigte ein lange bestehendes Partnerabkommen über Lufthansa-Zubringer zu Condor-Langstreckenflügen, das Condor solide Konditionen sicherte. Gleichzeitig nahm Lufthansa eigene Urlauberlangestreckenflüge der Marke Eurowings Discover in den Plan. Auf Kritik der EU-Kommission an diesem Hakeleien zweier staatlich gestützter Unternehmen und Bedenken des Bundeskartellamts ruderte der Konzern zurück. Das Zubringerabkommen ist für zunächst ein Jahr verlängert.

Nicht nur die gewünschte Stärkung von Eurowings Discover dürfte Lufthansa zur Kündigung der Kooperation bewegt haben. Es bestand offenbar auch die Sorge, dass man über das  Abkommen ungewollt Starthilfe für einen ausländischen Rivalen aus der Luftfahrt gewähren hätte, falls ein Konkurrent bei Condor eingestiegen wäre. Condor-Finanzchef Debus sagt jedenfalls, dass die Ferienfluggesellschaft kein Ladenhüter gewesen sei. Neun Interessenten hätten sich gemeldet, mit dreien sei man in vertiefte Verhandlungen gegangen. Am Ende habe Attestor das „beste Angebot“ unterbreitet. Wettbewerbsbehörden müssen noch zustimmen, damit rechnet man in den nächsten sechs Wochen.

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