Marktbericht
Stand: 01.06.2021 22:22 Uhr
Nach flottem Start ist der Wall Street die Puste ausgegangen. Robuste Konjunkturzahlen sorgen derzeit bei den Anlegern eher für Zinssorgen als für Begeisterung. Der DAX markierte heute ein Rekordhoch.
Die US-Börsen haben am ersten Handelstag im Juni nach einem starken Auftakt den Schwung verloren. Der Dow Jones Industrial legte nach dem langen Wochenende erst um fast ein Prozent zu, die Freude über die deutlichen Kursgewinne währte aber nicht lange. Der Leitindex ging am Ende des Tages bei 34.575 Punkten aus dem Handel, ein leichter Gewinn von 0,13 Prozent.
Auch die anderen großen Indizes konnten anfängliche Avancen nicht behaupten und schlossen leicht im Minus. Der marktbreite S&P-500-Index blieb nahezu unverändert bei 4202 Stellen. Ähnlich das Bild an der Technologiebörse Nasdaq, die bei 13.736 Punkten leicht um 0,1 Prozent nachgab. Der Auswahlindex Nasdaq 100 gab 0,23 Prozent nach auf 13.654 Zähler.
Unter den Einzelwerten ging es für die Papiere von Johnson & Johnson um 2,2 Prozent bergab. Der Oberste Gerichtshof der USA wies eine Berufung des Pharma- und Konsumgüter-Herstellers gegen eine zwei Milliarden Dollar schwere Strafzahlung wegen mutmaßlich Asbest-verseuchtem Babypuder zurück.
Konjunkturzahlen wecken Zinsängste
Befeuert wird die Zurückhaltung der Anleger derzeit durch robuste Konjunkturzahlen. So lag in einer zweiten Schätzung die Industriestimmung in den USA im Mai bei 62,1 Punkten nach 61,5 Punkten in der ersten Schätzung. Der Einkaufsmanagerindex des ISM (Institute for Supply Management) kletterte um 0,5 auf 61,2 Punkte. Der Anstieg der Bauausgaben stieg im April um 0,2 Prozent und blieb damit unter den Erwartungen. Laut der NordLB trägt der Anstieg des Einkaufsmanagerindex auf 61,2 Punkte dazu bei, dass "uns das brisante Thema Inflation in den USA im Sommer erhalten bleiben wird".
Im Wochenverlauf blicken die Märkte auf den am am Freitag anstehenden Arbeitsmarktbericht für den Mai. Morgen wird der Konjunkturbericht der Fed erwartet, das Beige Book. Über allem steht die Sorge der Börse, ob die Notenbank Federal Reserve in Anbetracht der anziehenden Wirtschaftsdaten womöglich die geldpolitischen Zügel wieder straffen könnte. Führende Vertreter der Fed hatten dies zuletzt angedeutet.
DAX auf Rekordhoch
Der DAX hat heute nach zahlreichen Versuchen den Sprung über die bisherigen Bestmarken geschafft. In der Spitze steigt er bis auf 15.685 Punkte, so hoch wie noch nie. Er überwand damit die technische Widerstandszone zwischen 15.500 und 15.550 Punkten. Am Ende konnte der deutsche Leitindex aber die hohen Gewinne nicht halten und schloss unter seinem Tageshoch bei 15.567 Punkten um ein Prozent im Plus. Er folgte damit der Wall Street, die sich im Verlauf wegen aufkommender Zinsängste abschwächte. Trotzdem war es für den DAX der höchste jemals erreichte Schlusskurs.
Der Index schließt damit fast punktgenau auf seinem bisherigen Rekordhoch von 15.568 Punkten. Für technische Analysten ist nun wichtig, ob er dieses Niveau als neues Unterstützungsniveau behaupten kann. Fundamental erhält der Markt Rückenwind von einer starken Konjunkturerholung, wie auch die abgelaufene Berichtssaison der Unternehmen für das erste Quartal gezeigt hat.
Nur ein Etappensieg?
Insbesondere die Entwicklung an der Wall Street ist aber geeignet, die Euphorie zu bremsen. Denn die Kehrseite des starken Wirtschaftsaufschwungs in den USA nach dem Abflauen der Pandemie sorgt für anhaltende Zins- und Inflationsängste. Dem kann sich auch der heimische Markt nicht entziehen, obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrem Zinszyklus noch weit hinter der US-Notenbank zurückbleibt. Mit Rückschlägen ist daher immer mal wieder zu rechnen, auch wenn die Märkte insgesamt weiter auf hohem Niveau handeln sollten.
Industriestimmung steigt
Fundamental wurde der Markt heute durch robuste Konjunkturdaten gestützt. So hat die Stimmung in den Industrieunternehmen der Eurozone im Mai erneut ein Rekordhoch erreicht. Der Einkaufsmanagerindex des Forschungsunternehmens IHS Markit stieg um 0,2 Punkte auf 63,1 Zähler. Schon im April hatte der Indikator bei 62,9 Punkten den bis dahin höchsten Wert seit Beginn der Umfrage im Juni 1997 erreicht. Außerdem liegt der Indexwert seit mittlerweile elf Monaten über der Marke von 50 Punkten, ab der Wachstum signalisiert wird.
Die Inflation legt zu
Gleichzeitig zieht aber auch die Inflation in der Eurozone stärker an. Im Mai nahmen die Lebenshaltungskosten binnen Jahresfrist um 2,0 Prozent zu, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat heute nach einer Schnellschätzung mitteilte. Das ist das höchste Niveau seit Herbst 2018. Volkswirte hatten mit einem Anstieg der Verbraucherpreise von 1,9 Prozent gerechnet.
Haupttreiber für die Preise sind derzeit die steigenden Energiepreise. Experten hatten sich aber zuletzt dahingehend geäußert, dass in der Eurozone nur kurzfristig mit höheren Raten zu rechnen sein dürfte und kein Druck auf die EZB besteht, ihre Geldpolitik zu ändern.
Autoaktien besonders gefragt
Auf der Gewinnerliste im DAX standen vor allem die zyklischen Autoaktien. Continental führen den DAX derzeit an. Die weltweite Autoindustrie hat im ersten Quartal laut einer Studie schon wieder mehr umgesetzt und operativ auch mehr Geld eingenommen als vor der Pandemie. Adidas standen am Indexende moderat im Minus, waren aber zuvor gut gelaufen.
Euro gut unterstützt
Der Euro ist im Handelsverlauf aus seiner engen Handelsspanne nach oben ausgebrochen, konnte höhere Niveaus bei fast 1,2250 Dollar aber nicht halten. im US-Handel wird der Greenback derzeit bei 1,2220 Dollar immer noch etwas höher gehandelt als im bisherigen Tagesverlauf, als er seitwärts um die Marke von 1,22 Dollar lief. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,2225 (Montag: 1,2201) US-Dollar fest.
Robuste Konjunkturdaten aus der Eurozone stützten den Euro. "Rufe nach einem Überdenken des aktuellen geldpolitischen Kurses gibt es zwar aus den Reihen der EZB-Notenbanker, diese dürften jedoch einstweilen in der Minderheit bleiben", erklärte Elmar Völker, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg. "Ein Grund hierfür ist nicht zuletzt die weiterhin gemäßigte Kerninflation." Bei der Kerninflation werden schwankungsanfällige Größen wie Energie- und Lebensmittel herausgerechnet.
Ölpreise ziehen an, Brent über 70 Dollar
Öl wurde heute deutlich teurer. Ein Barrel (159 Liter) der Nordsee-Sorte Brent kostete zeitweise über 71 Dollar und stand am Ende bei etwas über 70 Dollar je Fass. Treiber ist die erwartete höhere Kraftstoffnachfrage in den Sommermonaten. Auch eine im Raum stehende Ausweitung der Produktion kann die Kauflaune nicht trüben.
Opec-Insidern zufolge werden sich die großen Rohöl-Exportländer bei ihrem heutigen Treffen wohl darauf verständigen, die Lieferberschränkungen weiter zu lockern. "Es gibt keine Anzeichen für eine Spaltung innerhalb der Gruppe und wir erwarten, dass sie einen stabilen Kurs mit einer sehr guten Kontrolle über den Markt beibehält", sagte Bjarne Schieldrop, Rohstoffanalyst bei der Bank SEB in Oslo. Angesichts der erwarteten Erholung der Nachfrage hatte sich die Gruppe Opec+ im April auf eine schrittweise Lockerung der Förderbremse geeinigt.
Goldpreis im Aufwind
Der Goldpreis hat jüngste Kursgewinne am Dienstag fortgesetzt und den höchsten Stand seit fünf Monaten erreicht. Zeitweise wurde die Feinunze (rund 31,1 Gramm) an der Börse in London für 1916,64 US-Dollar gehandelt. Das ist die höchste Notierung seit Anfang Januar. Das hohe Preisniveau konnte aber im weiteren Verlauf nicht gehalten werden. Am Markt wurde der steigende Goldpreis unter anderem mit zuletzt steigenden Inflationsraten erklärt. In Euro gerechnet erreichte Gold mit 1566 Euro je Unze ebenfalls den höchsten Stand seit Januar.
Börsengang für Batteriegeschäft von VW?
Der Volkswagen-Konzern denkt über einen Börsengang für seinen Batteriebereich nach. "Wir schließen zunächst nichts aus - zumindest für das Zellgeschäft", sagte Technikvorstand Thomas Schmall dem "Handelsblatt". "Ein einzelnes Zellwerk ließe sich nicht an die Börse bringen, das Ganze muss schon auf höherer Ebene zusammengefasst werden."
Außerdem zeichnet sich für den Konzern laut einem Medienbericht eine Einigung mit mehreren ehemaligen Vorständen ab. Laut Vertragsentwürfen habe sich Ex-VW-Chef Martin Winterkorn bereit erklärt, rund zehn Millionen Euro an das Unternehmen zu zahlen, berichtete das Wirtschaftsmagazin "Business Insider".
Daimler und Nokia einigen sich
Im Patentstreit zwischen dem Netzwerkausrüster Nokia und Daimler gibt es eine außergerichtliche Einigung. Beide Unternehmen gaben bekannt, in der Sache einen Patentlizenzvertrag unterzeichnet zu haben. Mit diesem Kontrakt lizenziere Nokia Mobilfunktechnologie an Daimler und erhalte im Gegenzug dafür Zahlungen. Wie hoch diese sind, blieb unbekannt.
Lufthansa will Staatshilfen zurückzahlen
Die in der Pandemie zwischenzeitlich von Insolvenz bedrohte Fluggesellschaft Lufthansa will die staatlichen Stabilisierungshilfen "so rasch wie möglich" zurückzahlen. Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, der Konzern wolle sich lieber wieder am Kapitalmarkt finanzieren.
ProSiebenSat.1 will von Fusionen nichts wissen
ProSiebenSat.1 sieht sich trotz des Interesses nationalen und internationaler Medienunternehmen stark genug für eine Zukunft ohne einen Zusammenschluss. Der Medienkonzern nimmt zudem wieder deutlich mehr Geld mit Werbung ein. Im April hätten die Werbeerlöse um gut 40 Prozent, im Mai sogar um 60 Prozent über Vorjahr gelegen und damit "auf dem Niveau vor Beginn der Corona-Pandemie", sagte Vorstandssprecher Rainer Beaujean heute auf der Online-Hauptversammlung.
Großaktionäre trennen sich von Auto1-Anteilen
Knapp vier Monate nach dem Börsendebüt werfen Großaktionäre Anteile des Online-Gebrauchtwagenhändlers auf den Markt. Nach Aussagen einer begleitenden Bank werden bis zu 9,7 Millionen Anteile in einem beschleunigten Verfahren platziert. Im Frankfurter Späthandel verloren die Papiere 3,6 Prozent auf 43 Euro, notierten damit aber immer noch rund 13 Prozent über ihrem Ausgabepreis.
Großauftrag für LPKF
Der Laserspezialist LPKF hat sich einen Folgeauftrag aus der Halbleiterbranche für seine LIDE-Technologie gesichert. Demnach habe ein weltweit führender Chiphersteller weitere Systeme bei den Niedersachsen bestellt, wie das im TecDAX notierte Unternehmen mitteilte. Der Auftrag hat ein Volumen von fünf bis acht Millionen Euro und soll sich im Wesentlichen 2022 auf den Umsatz auswirken.
Indus empfohlen
Im SDAX gehören die Aktien der Industrieholding Indus zu den stärksten Werten. Die Commerzbank hat das Papier von "Hold" auf "Buy" hochgestuft und das Kursziel von 36 auf 43 Euro angehoben. Analyst Norbert Kretlow nahm in einer Studie eine zuletzt überraschend gute Entwicklung bei Metalltechnologie-Beteiligungen zum Anlass für mehr Optimismus. Mittlerweile seien drei der fünf Segmente der Beteiligungsgesellschaft auf Erholungskurs. Unter den anderen beiden Standbeinen bleibe der Baubereich stark und der Gesundheitsbereich werde wohl ein Gewinner nachlassender Restriktionen in der Corona-Krise.
Sixt herabgestuft
Nach einer Abstufung stehen die Stammaktien von Sixt kräftig unter Druck. Analyst Benjamin Pfannes-Varrow von der Berenberg Bank wies in seiner Studie auf die im historischen Vergleich hohe Bewertung der Papiere hin und hat daher seine Kaufempfehlung zurückgenommen. Im hohen Aktienkurs komme ein hohes Maß an Optimismus für die Ergebnisse in 2022 und vor allem 2023 zum Ausdruck, den er so nicht teile.
Neuer Chef bei OMV
Der Wiener Öl- und Gaskonzern OMV wird künftig von Ex-Borealis-Chef Alfred Stern geführt. Das gab das Unternehmen am Abend nach Börsenschluss in einer adhoc-Mitteilung bekannt. Der OMV-Aufsichtsrat tagte seit dem frühen Nachmittag, um einen Nachfolger für den scheidenden Konzernchef Rainer Seele zu finden.
Eine Neubestellung ist notwendig, weil Seele seinen Ende Juni 2022 auslaufenden Vertrag nicht verlängern will. Der 56-jährige Stern war zuletzt seit April im Vorstand für den neu geschaffenen Bereich Chemicals & Materials verantwortlich. Er übernimmt nun das Ruder bei der OMV ab dem 1. September für die Dauer von drei Jahren mit einer Verlängerungsoption um weitere zwei Jahre, teilte die OMV mit. Seele scheidet per 31.8.2021 aus.
1400 Prozent plus bei AMC
Nach einer 230 Millionen Dollar schweren Kapitalerhöhung steigen Anleger wieder bei AMC ein. Die Aktien der weltgrößten Kinokette steigen an der Wall Street um gut 20 Prozent. Damit summiert sich das Plus seit Jahresbeginn auf fast 1400 Prozent. Der Kurs profitiert ähnlich wie der des Videospiele-Händlers GameStop vor allem von Kommentaren in einschlägigen Internet-Foren, wo sich Kleinanleger gegenseitig zu Aktienkäufen ermuntern. Hinzu kommen ermutigende Kinobesucher-Zahlen am vergangenen verlängerten Wochenende in den USA.
Warner Bros. Discovery entsteht
Das neu fusionierte Unternehmen aus der Mediensparte von AT&T und Discovery bekommt den Namen Warner Bros. Discovery. Das teilten beide Firmen mit. AT&T hatte vor knapp zwei Wochen erklärt, seine Mediensparte mit dem Medienkonzern Discovery zusammenzutun. Damit reagiert AT&T unter anderem auf den durch die Corona-Krise beschleunigten Boom von Streamingdiensten wie Netflix und Disney+. Das neue Unternehmen peilt einen Jahresumsatz von mehr als 50 Milliarden Dollar an.
Wegen Zinsängsten: US-Börse verliert den Schwung | tagesschau.de - tagesschau.de - tagesschau.de
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