Herbert Diess tat am Mittwochabend wieder einmal das, was andere Autobosse in der Regel vermeiden: Er setzte sich in eine Fernseh-Talkshow. Und der VW-Chef nutzte seine Bühne bei Markus Lanz - unter anderem für die Botschaft, es werde in Zukunft nicht weniger, sondern mehr Autos auf der Welt geben. Und das sei eine gute Nachricht, schließlich gehe es um Mobilität als wichtiges Gut. Wenn all diese Fahrzeuge auch noch umweltfreundlich (dank Batterieantrieb) und besonders sicher (dank Roboter-Steuerung) seien - wo ist dann das Problem?
Das alles sagte Diess natürlich im Wissen, dass Volkswagen einen Tag später sehr gute Geschäftszahlen präsentieren würde. Eben weil der Konzern im ersten Halbjahr besonders viele Fahrzeuge verkauft hat, fuhren die Wolfsburger in der ersten Jahreshälfte einen so hohen Gewinn im laufenden Geschäft ein wie noch nie: 11,4 Milliarden Euro Betriebsergebnis, Rekord. Dazu treibt Diess den Umbau des Unternehmens weg vom klassischen Autobauer hin zu einem Mobilitätsanbieter weiter voran. Mit Hilfe eines Konsortiums übernimmt VW den französischen Autovermieter Europcar. Der Deal soll möglichst noch dieses Jahr über die Bühne gehen.
Auch das ist eine neue, aber konsequente Volte unter der Verantwortung von Herbert Diess, denn Europcar gehörte bereits Ende der Neunzigerjahre zum Volkswagen-Konzern. 2006 hatten die Niedersachsen den Autoverleiher verkauft und das damit begründet, sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren zu wollen. Damals hieß das noch: Autos verkaufen, nicht verleihen und schon gar nicht teilen. Jetzt will VW den geplanten Rückkauf von Europcar nutzen, um die französische Firma vom reinen Autovermieter zum Service-Netzwerk für die eigenen Angebote umzubauen. "Ein Autovermietungsunternehmen ist nicht unser Ziel", sagte Diess am Donnerstag bei der Vorlage der Geschäftszahlen zum ersten Halbjahr. "Wir wollen es zu einer neuen Mobilitätsplattform entwickeln."
Es ist ein Puzzle, das sich zusammenfügt: Zum Carsharing-Anbieter We-Share und dem Shuttleservice Moia, über den VW schon 2025 Robotaxis in Deutschland betreiben will, kommt Europcar mit einer bestehenden Infrastruktur an strategisch wichtigen Punkten wie Flughäfen oder Bahnhöfen. Das weitverzweigte Netz der Europcar-Standorte dürfte nach Einschätzung von Branchenbeobachtern für VW auch im Rahmen des Ausbaus der Ladeinfrastruktur für Elektroautos interessant sein.
Porsche bleibt die profitabelste Marke im Konzern
Während das eine Wette auf die Zukunft ist, blickten sie bei VW am Donnerstag auch sehr zufrieden auf das vergangene Halbjahr. Wie zuletzt Daimler und Tesla verkündete Volkswagen hervorragende Geschäftszahlen: Der operative Ertrag ist jetzt bereits höher als im vergangenen Jahr. Nach Steuern blieben den Wolfsburgern von Januar bis Juni rund 8,4 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr 2020 hatten sie hier noch mit mehr als einer Milliarde Euro in den roten Zahlen gelegen. Laut Diess lief zuletzt "besonders das Premiumgeschäft mit zweistelligen Renditen sehr gut". Der Umsatz wuchs um mehr als ein Drittel auf gut 130 Milliarden Euro, die Auslieferungen legten um 28 Prozent auf gut fünf Millionen Fahrzeuge zu. Besonders gute Zahlen kamen mal wieder von der VW-Tochter aus Zuffenhausen: Porsche meldete eine Umsatzrendite von 16,9 Prozent und übertraf damit die eigene Zielmarke von 15 Prozent deutlich.
Doch bei all den Erfolgsmeldungen ist man im Konzern vorsichtig, ähnliche Rekorde auch für den Rest des Jahres zu prognostizieren. Denn solange Mikrochips knapp bleiben und damit Millionen Autos weniger gebaut werden können, haben es die Hersteller nur zum Teil selbst in der Hand, wie viele Autos zum Jahresende wirklich auf den Straßen dieser Welt unterwegs sein werden.
VW erzielt Rekordgewinn und kauft Europcar - Süddeutsche Zeitung - SZ.de
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