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Friday, September 10, 2021

Brexit-Folge: Lieferengpässe, fehlende Lkw-Fahrer – Jetzt weicht Großbritannien Abwasserregeln auf - WELT

Großbritannien weicht die Regeln für die Abwasseraufbereitung auf, nachdem Lieferengpässe und fehlende Lkw-Fahrer auch diese Branche erreicht haben. Anfang der Woche hat die Umweltbehörde eine Leitlinie veröffentlicht, mit der sie den Betreibern von Kläranlagen erlaubt, Abwässer in Flüsse und Grundwasser zurückzuleiten, die nicht behandelt sind. Sie verweist dabei ausdrücklich auf den Brexit als einen der Gründe, warum die nötigen Chemikalien knapp werden können.

Der Verband der Chemiewirtschaft warnt die Politik schon seit dem Beginn des Sommers, dass Probleme mit den Lieferketten dazu führen könnten, dass Chemikalien knapp werden. Vor allem Landwirtschaft und Wasseraufbereitung seien betroffen. In einer Umfrage berichteten 93 Prozent der Mitglieder von Schwierigkeiten bei der Organisation von Transporten, ein deutlicher Sprung im Vergleich zu 61 Prozent im ersten Quartal.

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Lieferengpässe und Transportprobleme beschäftigen Unternehmen in aller Welt seit Monaten. Rasant gestiegene Transportkosten, Verzögerungen durch Unwetter, geschlossene Fabriken und Hafenanlagen in Asien als Folge von sprunghaft steigenden Covid-Infektionen tragen unter anderem dazu bei. In Großbritannien wird die Situation noch erschwert durch den Brexit.

Unter anderem in der Transportbranche fehlen die Arbeiter aus EU-Staaten, von denen viele zu Beginn der Pandemie in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind. Wegen der strengen Zuwanderungsregeln können sie nicht zurück oder haben in der Zwischenzeit andere Jobs gefunden. Bei McDonald’s sind deshalb in den letzten Wochen die Milchshakes ausgegangen, in vielen Supermärkten fehlt Mineralwasser im Angebot, Restaurantketten blieben wegen eines Mangels an Hühnerfleisch zu.

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„Wenn Sie die Chemikalien zur Behandlung des Abwassers, das Sie ausfließen lassen, nicht bekommen, könnten Sie nicht in der Lage sein, die Anforderungen Ihrer Zulassung zu erfüllen“, heißt es in der Leitlinie der Umweltbehörde. Als mögliche Gründe verweisen die Beamten auf das neue Verhältnis des Vereinigten Königreichs mit der EU, Covid-19 und andere zwangsläufige Lieferprobleme, etwa die Pleite eines Herstellers.

Nach einem entsprechenden Antrag müssen Klärwerke dann nur noch die Abwässer behandeln, von denen der größte Umweltschaden droht. Die Leitlinien gelten zunächst bis zum Jahresende. Die Trinkwasserversorgung sei von der Maßgabe nicht betroffen, betonte ein Ministeriumssprecher.

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Das britische Abwassersystem ist in den vergangenen Jahren ohnehin unter Druck gekommen. Plötzliche Starkregenfälle sind durch den Klimawandel häufiger geworden, damit kommen immer öfter Überlaufbecken zum Einsatz, gedacht, um die Kläranlagen in seltenen Sonderfällen zu entlasten.

Daraus fließt ungeklärtes oder kaum behandeltes Wasser in die Flüsse. Ein dringend nötiger Ausbau der Infrastruktur kommt nur langsam voran.

Aktuell droht Eisensulfat knapp zu werden. Das Produkt wird sowohl bei der mechanischen als auch chemikalischen Abwasserreinigung eingesetzt. Schuld an dem Mangel seien die fehlenden Lkw-Fahrer, sagte der Branchenverband Water U.K.

Rund 90.000 Fahrer fehlen im Land. Laut Daten der Statistikbehörde ONS hat allein die Hälfte der früher 40.000 Lkw-Fahrer aus der EU seit Ausbruch der Pandemie das Land verlassen. Hinzu kommen einheimische Fahrer, die den Job an den Nagel gehängt haben. Für viele Monate konnten Pandemie-bedingt auch keine Führerscheinprüfungen abgenommen werden.

Für seine Branche fürchte er, dass sich die Situation lange nicht entschärfen werde, sagte Tim Doggett, Geschäftsführer der Chemical Business Association, dem „Guardian“. Die Anforderungen an Fahrer von Gefahrgütern sind besonders hoch, sie benötigen häufig zusätzliche Qualifikationen.

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„Wenn Sie einen Fahrer haben, der einen Job in Aussicht hat, bei dem er nicht aus dem Fahrerhaus kommen und Gefahrgut bearbeiten muss, und einem, der genauso gut bezahlt wird, aber bei dem Gefahrstoffe zu bearbeiten sind und für den man speziell ausgebildet sein muss, weiß man doch, für welche Arbeit der Fahrer sich entscheidet“, sagte Doggett.

Die Regierung hat auf das Drängen der Industrie bisher mit einer Verkürzung der vorgeschriebenen Ruhezeiten von Fahrern reagiert. Zusätzlich sollen jetzt auch verschiedene Führerscheinprüfungen zusammengefasst werden, um Wartezeiten zu verkürzen.

Betroffene Unternehmen und Verbände drängen seit Wochen auf eine Ausnahmeregel für ausländische Lkw-Fahrer, um diese mit zeitlich begrenzten Visa ins Land zu lassen. Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng hat ihnen aber eine klare Absage erteilt, als er Ende August in einem Brief an Wirtschaftsvertreter betonte, dass ausländische Arbeitskräfte nur eine kurzfristige Übergangslösung darstellen würden, sie daher lieber Einheimische einstellen sollten.

„Ein einziges Chaos“

Die neue Erleichterung sei zwar hilfreich, löse aber nicht das drängende Problem, sagte Duncan Buchanan, Leiter des Politikbereichs bei der Road Haulage Association. Er rechnete vor, dass mit den Erleichterungen bis zu 3000 Lkw-Führerscheintests in der Woche durchgeführt werden könnten. Bei der üblichen Durchfallquote von 44 Prozent würde es dennoch zwei Jahre dauern, um die offenen 90.000 Stellen zu besetzen.

Hinzu komme ein weiteres Problem, vermutete ein Speditionsunternehmer. „Die Führerscheinstelle ist ein einziges Chaos. Mein Eindruck ist, dass die personell auch total unterbesetzt sind.“

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