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Saturday, September 18, 2021

Das Ende des Homeoffice naht – die Unternehmen wollen das Büro zurück - WELT

Kamera ab! Die Frankfurter Privatbank Bethmann verwandelt gerade ihren ehemaligen Handelsraum und ihre Bibliothek in professionelle Fernsehstudios. Mit Kameras, Licht und allem, was dazugehört. Sie bereitet sich darauf vor, dass ihre Mitarbeiter und Kunden auch nach der Pandemie verstärkt von zu Hause aus arbeiten werden. Das Institut will dabei möglichst gut aussehen: Veranstaltungen und Wortmeldungen der Zentrale sollen künftig von einem modernen Set kommen, nicht mehr aus einem schnöden Konferenzraum.

Andere Unternehmen allerdings wollen sich mit dem Homeoffice als Dauerzustand nicht abfinden. In Chefetagen der deutschen Wirtschaft und in Beratungsfirmen wachsen Zweifel an der virtuellen Zusammenarbeit. Die einen klagen, dass wichtige Kräfte im Büro fehlen und ihre Loyalität schwindet. Andere bemängeln, dass die Unternehmenskultur leidet und von zu Hause wenig neue Ideen kommen, die das Geschäft voranbringen.

Mehrheit der Firmen will Mitarbeiter zurückholen

Imeyen Ebong von der Unternehmensberatung Bain & Company hat in den vergangenen Wochen Dutzende CEOs und Vorstände von Großkonzernen oder deutschen Mittelständlern getroffen. Keine Frage werde derzeit so heftig diskutiert wie die Rückkehr ins Büro. „Für fast alle Unternehmen ist das noch immer ein ungelöstes Problem.“ Die überwiegende Mehrheit der Firmen wolle, dass die Angestellten wieder mindestens 70 bis 80 Prozent vom Büro aus arbeiten.

Davon sind die meisten allerdings weit entfernt. Eine Umfrage der WELT AM SONNTAG unter den Dax-Konzernen zeigt, dass zwar gesetzliche Einschränkungen entfallen, trotzdem aber viele Büros leer bleiben. Beim Rückversicherer Munich Re liegt die Homeoffice-Quote beispielsweise bei 90 Prozent, bei der Allianz sind es 76 Prozent, bei den Verwaltungsstandorten von Continental sind es 70 Prozent wie auch beim Immobilienkonzern Vonovia.

Großunternehmen wie TUI und Vodafone stellen es ihren Mitarbeitern mittlerweile frei, von wo aus sie arbeiten. Vorbild war dabei Google. Das Tech-Unternehmen kämpft aber nun darum, seine Mitarbeiter ins Büro zurückzuholen.

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Auch in Deutschland sehen viele Führungskräfte die Heimarbeit mittlerweile zwiespältig. So fehlten oftmals im Büro erfahrene Kräfte, die ihr Wissen und die Unternehmenskultur an die Nachwuchskräfte weitergeben würden, sagt Bain-Berater Ebong. „Die Unternehmen haben das Gefühl, ihrem Ausbildungsauftrag nicht gerecht zu werden“, sagt er. Gleichzeitig sei es aber schwierig, ausgerechnet Mitarbeiter, die von zu Hause sehr effizient arbeiten würden, zu zwingen, wieder ins Büro zu kommen.

Und dann wiederum, so Ebong, höre er von Führungskräften immer wieder Sätze wie diese: „Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob dieser Mitarbeiter zu Hause wirklich arbeitet. Ich erreiche ihn nie tagsüber, sondern nur am frühen Morgen oder Abend.“ Dass viele Menschen ihre Kernarbeitszeit zunehmend in die Abendstunden verlegen und teilweise bis 23 Uhr hinter dem Laptop sitzen, stört einige Führungskräfte. „Sie wollen Zugriff auf ihre Arbeitskräfte“, sagt Berater Ebong.

Solange die Angestellten ihre Arbeit erledigen, mag das nebensächlich klingen. Doch für viele Tätigkeiten bedarf es Absprachen mit dem Team. Wenn aber nur ein Teil des Teams im Büro ist und die übrigen virtuell zugeschaltet oder gar nicht erreichbar sind, funktioniert das nicht, klagen Unternehmen.

Die Kreativität leidet

Hinzu kommt: „Innovationen entstehen bei der zufälligen Begegnung in der Kaffeepause – nicht in der regulären Videokonferenz“, sagt Julia Sperling von der Unternehmensberatung McKinsey. Beim Chiphersteller Infineon klingt es ähnlich. Zwar hat das Unternehmen positive Erfahrungen mit dem Homeoffice gemacht, doch: „Wenn es um Kreativität, innovative Lösungen oder die Einarbeitung neuer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen geht, braucht es auch die persönliche Interaktion.“ Sperling glaubt aber, dass man das auch über spezielle virtuelle Formate lösen kann.

Fakt ist: Nicht jeder Arbeitnehmer ist für das Homeoffice geeignet. „Das hat viel mit den persönlichen Umständen, aber auch der hohen Selbstdisziplin zu tun, die Beschäftigte zu Hause aufbringen müssen“, sagt Oliver Stettes vom Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Das wissen die Vorgesetzten und haben vor der Pandemie bestimmten Mitarbeitern immer wieder den Wunsch nach Heimarbeit verweigert.

Als Grund nannten sie oftmals betriebliche Gründe. Dem IW-Ökonomen zufolge trifft das auf jeden fünften Angestellten zu. Er beruft sich dabei auf eine Befragung des Bundesinstituts für Berufsbildung. „Durch den Infektionsschutz dürften diese Gründe in vielen Fällen ausgehebelt worden sein.“ Das dürfte schwer wieder rückgängig zu machen sein.

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Jens Jahn von der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) erwartet jedenfalls, dass jeder zweite Arbeitnehmer auch langfristig von zu Hause aus arbeiten will. Zu denen, die als Erste ins Büro zurückkehren, dürften jene gehören, die Karriere machen und sich gegenüber dem Chef zeigen wollen. Vor allem aber: „Sich zu vernetzen, also der direkte Kollegenkontakt, ist ein zentraler Treiber, wieder ins Büro zu gehen“, sagt Jahn.

Laut den Erfahrungen der vergangenen Monate sorgt die anhaltende Distanz dafür, dass die Loyalität der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen schwindet und ihre Wechselbereitschaft steigt. Die Analysten der Deutschen Bank weisen zudem auf Risiken für die psychische Gesundheit der Mitarbeiter und die Anfälligkeit für Cyberangriffe im Homeoffice hin.

Wie sehr die Unternehmen versuchen, ihre Mitarbeiter trotz positiver Erfahrung mit dem Homeoffice ins Büro zu locken, veranschaulicht die Deutsche Telekom: Sie hat für diesen Monat an vielen Standorten Aktionen vorbereitet, die Lust aufs Büro machen sollen. Dazu zählen Reden zu strategischen Themen bis hin zu „Kulturveranstaltungen“ und Achtsamkeitstrainings.

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