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Wednesday, September 29, 2021

E-Commerce : So will die Otto Group die Schwächen von Amazon für die Expansion nutzen - Handelsblatt

Düsseldorf Für die Otto Group, Deutschlands zweitgrößten Onlinehändler, war die Pandemie geradezu ein Konjunkturprogramm. Das hat sich auch in der gerade abgelaufenen ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2021/22 gezeigt – mit deutlich zweistelligen Wachstumsraten.  

So konnte das Unternehmen, zu dem auch mehrere Händler mit stationären Ketten gehören, den Umsatz im ersten Halbjahr um gut 20 Prozent steigern. Die E-Commerce-Tochter Otto.de wuchs sogar um 30 Prozent. Im vergangenen Jahr hatte die Otto Group einen Umsatz von 15,6 Milliarden Euro gemacht. Zum Halbjahr berichtet das Familienunternehmen keine absoluten Umsatzzahlen.

Damit wächst Otto aktuell sogar dynamischer als der große Konkurrent Amazon, bei dem der Boom aus der Coronazeit schon wieder abebbt. Otto profitiert dabei besonders von seiner Logistik.

„Wir haben in den vergangenen Jahren einen hohen dreistelligen Millionenbetrag in die Logistikcenter investiert“, sagt Alexander Birken, Chef der Otto Group, im Interview mit dem Handelsblatt: „Das ist ein Glücksfall für uns, denn es ist heutzutage schwer, an gute Logistikflächen zu kommen.“

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Das spürt auch der große Konkurrent Amazon. Während Otto zumindest im Moment noch ungebremst zulegt, stößt der größte Konkurrent Amazon jetzt schon deutlich an Wachstumsgrenzen. So hatte das Unternehmen in seinem eigenen Onlinehandel im abgelaufenen Quartal nur noch um 16 Prozent zugelegt.

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Für das aktuelle Quartal rechnet Amazon insgesamt noch mit einem Umsatzwachstum zwischen zehn und 16 Prozent. Da das Cloudgeschäft regelmäßig einen überproportionalen Anteil am Umsatzwachstum hat, dürfte damit der Handelsbereich von Amazon wohl nur noch einstellig wachsen.

Logistik wird zum Flaschenhals im E-Commerce

Das hat einen klaren Grund. „Die Logistik wird immer mehr zum Flaschenhals im E-Commerce“, beobachtet Nils Zündorf, E-Commerce-Experte und Geschäftsführer der größten europäischen Amazon-Agentur factor-a. „Auch Amazon stößt wegen fehlender Logistikkapazitäten massiv an Wachstumsgrenzen“, sagt Zündorf. Die Agentur factor-a berät Markenhersteller beim Geschäft auf Amazon und kennt deshalb die Zahlen der Marktplätze genau.

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Amazon habe Schwierigkeiten, die Flächen zu bekommen, um neue Logistikcenter zu bauen. „In vielen Kommunen wächst der Widerstand gegen neue Logistiklager“, erklärt der Handelsexperte.

Da ist die Otto Group im Vorteil, sie hat sich rechtzeitig umfangreiche Logistikflächen gesichert. Damals habe das Unternehmen sich noch Gedanken darüber gemacht, wie es diese Kapazitäten auslasten könne. „Heute sind wir heilfroh, dass wir dieses Investment getätigt haben“, so Birken. 

Der Chef der Otto Group gibt sich entsprechend angriffslustig: „Wenn wir uns stetig weiterentwickeln und unsere Werte leben, dann haben wir eine gute Chance, auch gegen die großen Wettbewerber aus den USA und aus China zu bestehen.“ Im vergangenen Jahr habe die Otto Group – auch dank Anteilsverkäufen – „die beste Gewinnsituation in der Firmengeschichte“ gehabt: „Und wir gehen davon aus, dass wir in diesem Jahr wieder auf dem gleichen hohen Niveau beim operativen Gewinn unterwegs sein werden.“

Amazon verärgert Händler auf dem Marketplace

„Zurzeit kann man bei vielen großen Händlern beobachten, dass sie in Lagerflächen investieren, um lieferfähig zu bleiben“, bestätigt E-Commerce-Experte Zündorf. Der Onlinehändler Berlin Brands Group beispielsweise hat angekündigt, zusätzliche Versandzentren mit einer Gesamtkapazität von rund 150.000 Kubikmetern zu errichten. Auch die Handelsplattform Galaxus will ihre Lagerfläche in Krefeld fast vervierfachen.

Mit den Logistikproblemen hat Amazon viele Dritthändler auf seinem Marketplace zusätzlich gegen sich aufgebracht. „Seit dem Frühjahr hatte Amazon massiv bestellt und eingelagert“, berichtet Zündorf, „offenbar hatte sich der Algorithmus an den hohen Mengen des Vorjahres in der Hochphase der Corona-Pandemie orientiert.“

Die Folge: Die Lager seien jetzt voll mit Waren, die nicht verkauft werden können. „Für Händler heißt das, dass sie weniger in den Amazon-Lagern einlagern dürfen und viel öfter kleinere Mengen nachliefern müssen, was für sie mit höheren Kosten und weniger Flexibilität verbunden ist.“

Ebay will Geschäft von Amazon weglocken

Ebay hat genau da angesetzt und eine eigene Logistik für Händler der Plattform aufgebaut – in der Hoffnung damit Geschäft von Amazon weglocken zu können. Zusammen mit dem Logistikunternehmen Fiege hat es ein Liefernetzwerk gestartet, das genau auf die Bedürfnisse kleiner Händler zugeschnitten ist.

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Aber auch Otto verzeichnet auf seinem eigenen Marktplatz einen Zustrom von Händlern, die eine Alternative zu Amazon suchen. War es das Ziel, bis Ende vergangenen Jahres 1500 Händler und Marken auf die Otto-Plattform zu bekommen, sind es jetzt schon 2.200.

„Wir haben einen großen Zugang an Partnern, die auf anderen Plattformen aufgrund von Logistikproblemen an Wachstumsgrenzen stoßen“, bestätigt Birken. Das Interesse habe aber auch andere Gründe. „Wir erleben einen großen Zuspruch, weil uns die Partner als fair und transparent empfinden“, sagt der Otto-Chef.

„Wir sorgen beispielsweise dafür, dass wir keine Grauimportware auf der Plattform haben und dass jeder unserer Verkaufspartner – auch die aus China – in Deutschland seine Umsatzsteuer abführt“, bekräftigt Birken. Gerade Amazon war immer wieder dafür kritisiert worden, dass viele der chinesischen Händler auf der Plattform jahrelang in Deutschland keine Umsatzsteuer abgeführt hatten. Für die deutschen Marktplatzhändler war das ein großer Wettbewerbsnachteil.

„Es wurde immer wieder kolportiert: Es kann nur einen Marktplatz geben. Im E-Commerce gibt es das Highlander-Prinzip aber nicht“, betont der Otto-Chef. Der Markt sei groß genug und die Konsumenten und Konsumentinnen wollten eine Alternative haben. „Und auch für Marken und Handelspartner ist die Abhängigkeit von nur einem Marktplatz ungesund.“

Modehandel wieder im Aufschwung

Bei der Otto Group insgesamt war die Umsatzmaschine nach Birkens Worten schon sechs bis acht Wochen nach dem ersten Lockdown wieder voll angelaufen, aber zunächst mit einer ganz anderen Struktur als zuvor. „Wir haben viel mehr Technik verkauft, Möbel, Baumarktartikel und große Haushaltsgeräte, weil die Menschen angefangen haben, sich ihr Zuhause schön zu machen“, erklärt Birken. Nun komme auch die Mode wieder dazu.

„Im ersten Halbjahr dieses Geschäftsjahres erleben wir jetzt einen starken Aufschwung bei den Modeartikeln, da werden Käufe nachgeholt, die im vergangenen Jahr nicht getätigt wurden“, sagt Birken. So konnte der auch zur Gruppe gehörende Modehändler Bonprix den Umsatz um 17 Prozent steigern.

Die Unternehmen der Otto Group hätten keine hohen Lagerbestände, die sie mit Rabatt abverkaufen müssten. Dabei habe auch die Digitalisierung der Lieferkette geholfen. „Mithilfe Künstlicher Intelligenz können wir die Nachfrage relativ genau vorhersagen und auf diese Weise sehr gezielt die Waren bestellen“, erläutert Birken.

Die Otto Group wächst dabei nicht nur mit ihren reinen Onlinehändlern, auch die traditionellen Händler der Gruppe konnten zulegen. „Wir fahren jetzt die Ernte unserer jahrelangen Digitalinvestments ein“, erklärt Birken.

Manufactum-Geschäft in Bremen

Möbel, Dekoration und Haushaltswaren waren während der Pandemie sehr gefragt.

(Foto:&#160Manufactum)

Wie stark sich die Investments in Digitalisierung ausgezahlt haben, könne man insbesondere bei den Einrichtungshäusern wie Manufactum und Crate and Barrel sehen. „Beide Firmen hatten im Lockdown ihre Stationärgeschäfte, die jeweils 50 Prozent ihrer Geschäfte ausmachen, vorübergehend komplett geschlossen“, so Birken. Aber beide hätten es geschafft, den Umsatzausfall durch das Onlinegeschäft überzukompensieren. „Wir waren gut vorbereitet auf das, was da auf uns zugekommen ist.“

Mehr: So wird Tiktok zum Amazon der nächsten Generation.

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