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Thursday, September 23, 2021

Siemens, Conti & Co.: Industriebündnis will Transformationsschock verhindern - WELT

Auf den letzten Metern vor der Bundestagswahl melden sich Deutschlands Großunternehmen mit einem Thema zu Wort, das aus ihrer Sicht im Wahlkampf zu wenig beachtet wurde: den Auswirkungen von Klimapolitik und Digitalisierung auf ihre Mitarbeiter. In einer neu gegründeten „Allianz der Chancen“ fordern 26 Konzerne mit zusammen mehr als einer Million Mitarbeitern im Land von der künftigen Bundesregierung eine neue Ausrichtung in der Arbeitsmarktpolitik.

Zu den Mitgliedern der Allianz zählen unter anderem BASF, Bosch, Deutsche Bahn, Deutsche Post und Deutsche Telekom, Henkel und Siemens. Die Personalvorstände der Konzerne warnen vor den Auswirkungen künftiger Strukturbrüche auf den Arbeitsmarkt. Dagegen helfen sollten ein neuer politischer Rahmen und eine veränderte Rolle der Bundesagentur für Arbeit.

In der Automobilindustrie hat der Wandel bereits begonnen. „Wir haben tektonische Verschiebungen in der Beschäftigung“, sagte Ariane Reinhardt, Vorstandsmitglied des Automobilzulieferers Continental und Sprecherin der Initiative. „Und wir wollen dabei keine Verlierer produzieren.“ Die großen Veränderungen in fast allen Teilen der Wirtschaft, ausgelöst durch Dekarbonisierung und Digitalisierung, sollten nicht zu mehr Arbeitslosigkeit führen.

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In Unternehmen wie Continental fallen Jobs in der Produktion weg, die mit Komponenten für Verbrennungsmotoren oder analogen Instrumenten, etwa Tachos, zu tun haben. Mitarbeiter aus diesen Bereichen schult das Unternehmen bereits in großem Stil um oder bildet sie neu aus. Ein Ziel ist dabei, den Beschäftigten einen Wechsel in andere Branchen zu ermöglichen, wo dringend Mitarbeiter gesucht werden.

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Ein Schlagwort in der Debatte lautet: „vom Band ans Bett“. In Aachen, wo Conti eine Reifenfabrik schließt, setzt das Unternehmen dieses Muster tatsächlich um. Eine Klasse bisheriger Fabrikarbeiter werde nun zu Altenpflegern ausgebildet, sagte Reinhardt. Auch für andere Berufe bietet der Konzern seinen Leuten Umschulungen an. „In der Metall- und Elektroindustrie haben wir in den vergangenen zwei Jahren über 200.000 Arbeitsplätze verloren, gleichzeitig sind im Handwerk über 60.000 Stellen offen“, sagte Reinhardt.

Mitarbeiter innerhalb des eigenen Unternehmens für neue Jobs zu qualifizieren sei nichts neues, sagte Birgit Bohle, Personalvorständin der Deutschen Telekom. „Über Branchengrenzen hinweg ist das aber etwas schwieriger.“ Deswegen strebt die Initiative eine bessere Vernetzung von Unternehmen und Branchen an. Bohles Beispiel sind die Angestellten in den Telekom-Shops, die absehbar weniger werden, weil sich das Geschäft ins Internet verlagert.

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„Der Einzelhandel steht unter Druck durch Digitalisierung“, sagte Bohle, gleichzeitig wachse der Bedarf an Berufen rund um die Gesundheit älterer Menschen. Eine Idee sei es da, Mitarbeiter aus den Läden zu Hörgeräteakustikern auszubilden. „Das ist nicht so weit hergeholt, wie es zunächst klingt“, sagte die Managerin. Die Umschulung könnten die Mitarbeiter in Bildungsteilzeit absolvieren – an deren Finanzierung sich auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) beteiligen könnte.

„Die BA sollte eine neue, erweiterte Rolle einnehmen und Menschen über den gesamten Karriereweg begleiten“, sagte Bohle. Mit Weiterbildungslotsen oder Transformationsbegleitern könne die Agentur Mitarbeiter unterstützen, wenn sich Veränderungen in den Unternehmen abzeichnen.

Für die Konzerne sei dieser Weg günstiger als Abfindungen zu bezahlen, das Motto der Initiative „von Arbeit in Arbeit“ helfe aber auch den Beschäftigten und dem Staat, weil damit Arbeitslosigkeit vermieden werden kann. Nach einer Schätzung der Unternehmensberatung McKinsey seien bis 2030 rund sechs Millionen Arbeitnehmer in Deutschland unmittelbar von der Dekarbonisierung betroffen.

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Francesco Grioli, Vorstandsmitglied der Chemiegewerkschaft IG BCE, betonte, dass es vor allem die Pflicht der Unternehmensleitungen sei, Zielbilder für diesen Wandel zu entwickeln. „Es braucht aber auch eine Idee der Politik, wohin sich die Wirtschaft entwickelt“, sagte Grioli, dessen Gewerkschaft Teil der Initiative ist.

Zur Dekarbonisierung komme auch die demografische Entwicklung mit einer absehbaren Verschärfung des Fachkräftemangels. „Es wäre schlimm, wenn wir einen Teil unserer Wettbewerbsfähigkeit verlieren, weil wir nicht die richtigen Menschen an den richtigen Stellen haben“, sagte Grioli.

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Von der Politik erwarten die Manager „eine strategische Personalplanung für das Land“, wie es Reinhardt beschreibt. „Was ist denn genau der Transformationsfahrplan? Das habe ich persönlich in den Parteiprogrammen vermisst“, sagte sie. Mit der neuen Bundesregierung wolle man einen solchen Fahrplan gemeinsam erarbeiten. Auf einem Transformationsgipfel.

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