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Friday, September 10, 2021

Vorwürfe an die HSBC: Geldwäsche made in Hongkong - WELT

Jörg Bayer ist selbstständiger IT-Berater, er erzählt, er habe sich durch seinen Beruf ein solides Finanzpolster erarbeitet. Bayer, dessen echter Name der Redaktion bekannt ist, ist 58 Jahre alt und lebt in einem Einfamilienhaus in Köln. Als er vor rund zwei Jahren einen Anruf von einem Briten bekam, fand er das unverdächtig, sagt er. Der Brite gab an, er habe Bayers Nummer in einer Liste deutscher Unternehmer gefunden.

Der Mann am Telefon erzählte, er arbeite für eine Investmentfirma in Taiwan und sei auf der Suche nach neuen Kunden. Er klang dabei seriös. Bayer griff zu, kaufte Aktien des Batterieherstellers CATL, es lief gut. Ein paar Wochen später rief ihn ein anderer Broker derselben Firma an.

Bayer habe nun die „Chance seines Lebens“: Eine Hightech-Firma aus Hongkong wolle an die Börse gehen, Bayer könne einsteigen, es werde sicher einen enormen Kurssprung geben. Es gebe nur einen kleinen Haken: Bayer könne nur mitmachen, wenn er eine hohe Menge der Aktien kaufe.

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Bayer sagt heute, zwar habe er etwas Bauchschmerzen dabei gehabt. Letztlich aber griff er zu. Heute ist er um 160.000 Euro ärmer. Die vermeintlichen britischen Broker stellten sich als Betrüger heraus, die aus Asien agierten.

Der Kölner ist nicht der einzige Betroffene in Europa. Eine Gruppe von 84 geprellten Anlegern hat sich an WELT gewandt und ihre Geschichte erzählt. Insgesamt verloren sie 22,6 Millionen Euro. Was die Geschichte besonders pikant macht: In den Betrugsskandal ist eine internationale Großbank involviert, die HSBC in Hongkong.

Verwickelt ist die Bank, weil das Geld auf deren Konten floss. Eigentlich sind Banken gesetzlich verpflichtet, vor Aufnahme einer Geschäftsbeziehung den Kunden sorgfältig zu überprüfen, dies nennt sich „Costumer Due Diligence.“ Diese Maßnahmen müssen Banken erneut umsetzen, wenn der Kunde oder das Konto des Kunden verdächtigt wird, in Geldwäscheaktivitäten involviert zu sein.

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Doch hier habe die HSBC versagt, sagen die Betroffenen und Elfriede Sixt, Mitgründerin der Wiener Anlegerschutzorganisation „European Funds Recovery Initiative“ (EFRI), die die Gruppe betreut. Sixt hat mit EFRI bei mehreren Behörden in Hongkong und Europa Strafanzeige gegen die HSBC gestellt, darunter bei der Hongkonger Finanzaufsicht HKMA. In der Beschwerde wird HSBC vorgeworfen, den Millionenbetrug durch mangelnde Geldwäsche-Präventionsmaßnahmen überhaupt erst möglich gemacht zu haben.

Schon in der Vergangenheit fiel die britische Großbank mit mangelnder Geldwäsche-Prävention auf. 2012 musste die HSBC 1,9 Milliarden an das US-Justizministerium abführen – die bisher größte Geldstrafe, die eine Bank wegen eines Geldwäscheskandals zahlen musste.

Nun steht die Tochtergesellschaft in Hongkong in der Kritik. Denn mehr als 10,5 Millionen Euro – also fast die Hälfte des Gesamtschadens der Betrugsopfer – seien auf insgesamt 34 Konten der HSBC Hong Kong eingegangen. Die Konten gehören zu Mantelfirmen, die die Betrüger in Hongkong über Strohmänner eröffnen ließen. Der einzige Zweck dieser Mantelfirmen: das Geld der arglosen, eher älteren Opfer einzusammeln.

Die Betroffenen konnten in der Schweiz Dokumente der Hongkonger Ermittlungsbehörden einsehen, die einen Einblick in drei der verdächtigen Konten bieten und die WELT vorliegen. Sie zeigen: Unverdächtig waren die Aktivitäten auf diesen Konten keineswegs. Alle drei Konten waren jeweils nur wenige Monate aktiv. Kurze Zeit nach Kontoeröffnung wurde bei jedem der drei Mantelunternehmen die Firmenleitung ausgetauscht und eine Französin namens Caroline Virgine Valerie Tessier übernahm die Führung.

Dokumente aus den Ermittlungen der Hongkonger Behörden zeigen die verdächtigen Aktivitäten auf den Betrügerkonten. Fünf- bis sechsstellige Summen gehen am selben Tag ein und werden direkt weiterüberwiesen
Dokumente aus den Ermittlungen der Hongkonger Behörden zeigen die verdächtigen Aktivitäten auf den Betrügerkonten. Fünf- bis sechsstellige Summen gehen am selben Tag ein und werden... direkt weiterüberwiesen
Quelle: Screenshot WELT

Innerhalb von 24 Stunden wurden zudem höhere Summen, hauptsächlich aus EU-Ländern, erst von den Opfern überwiesen und dann von den Tätern auf andere Konten weiter transferiert.

Die Höhe der überwiesenen Summen und auch die Häufigkeit der Transfers stehen dabei nicht im Verhältnis zu den Geschäftsaktivitäten und Verträgen, die bei Kontoeröffnung der Bank präsentiert wurden.

In den Dokumenten der Ermittlungsbehörden finden sich auch Hinweise darauf, dass das Geld, das die Opfer auf die Konten übermittelten, innerhalb Hongkongs weiterüberwiesen wurde – dem Geld zu folgen, um die Betrüger zu finden, ist also nahezu unmöglich.

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Ein Grund, weshalb der HSBC die verdächtigen Konten durchs Netz gingen, könnte die kurze Dauer sein, während der sie aktiv genutzt wurden. So sei es der HSBC kaum möglich gewesen, verdächtige Aktivitäten zu bemerken, erklärt Wirtschaftsjurist Olaf Bausch, der als Consultant bei der BB Rechtsanwaltsgesellschaft tätig ist. Die Verantwortung für den Betrug bei den Banken zu suchen, halte er für überspitzt.

Zudem haben die Mantelfirmen laut den vorliegenden Dokumenten als Unternehmenszweck „Großhandel“ angegeben. Bei einer Großhandelsfirma, erklärt Bausch, würden Banken davon ausgehen, dass die jeweiligen Waren containerweise gekauft oder verkauft werden. Daher würden hohe Transaktionssummen im fünf- oder sechsstelligen Bereich aus Sicht der HSBC per se nicht verdächtig wirken.

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Laut ihres Geschäftsberichts hat die HSBC im vergangenen Jahr 708 Millionen Transaktionen auf Anzeichen für Geldwäsche geprüft und fast 50.000 verdächtige Aktivitäten den Behörden gemeldet.

Sie wehrt sich gegen die Anschuldigungen. „Die HSBC ist entschlossen, Kriminelle am Zugang zum Finanzsystem zu hindern“, so ein Sprecher auf Nachfrage. Das sei allerdings eine große Herausforderung, da Kriminelle, die versuchen, ihr Geld zu waschen, äußerst raffiniert agierten. HSBC habe, so sagt die Bank, daher viel investiert, um auch komplexe Finanzkriminalität zu identifizieren und treibe auch die Entwicklung neuer Technologien zur Geldwäsche-Prävention voran.

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Ob der HSBC die Mantelfirmen bekannt sind, auf die die Betrugsopfer ihr Geld überwiesen haben, darf das Geldhaus nicht sagen. Auch die Hongkonger Aufsichtsbehörde Hong Kong Monetary Authority (HKMA) möchte die Fälle nicht kommentieren. Der deutschen Finanzmarktaufsicht BaFin sind die Vorgehensweisen der Betrüger hingegen mittlerweile bekannt. Das zeigt eine schriftliche Frage des FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler an die Bundesregierung, die WELT exklusiv vorliegt.

Dass die Betroffenen eine Chance haben, ihr Geld zurückzubekommen, heißt das aber nicht. Soweit es um die strafrechtliche Verfolgung der betrügerischen Aktivitäten ginge, seien die entsprechenden Behörden zuständig, so die Regierung. „Die Vorfälle zeigen die Wichtigkeit einer international verzahnten Finanz- und Geldwäscheaufsicht“, so Frank Schäffler. Die Behörden, so erzählen die Betroffenen, verweisen nur auf das ausgesetzte Rechtshilfeabkommen mit Hongkong und sagten, ihnen seien somit mehr oder weniger die Hände gebunden.

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