Marktbericht
Stand: 06.01.2022 09:51 Uhr
Gestern fast Rekordhoch, heute ein harter Rückschlag: Der DAX startet mit einem deutlichen Minus in den Handel. Die Aussicht auf eine straffere US-Geldpolitik verdirbt den Anlegern die Laune.
Der DAX notiert zur XETRA-Eröffnung mit einem Abschlag von mehr als einem Prozent bei knapp 16.100 Zählern. Am Mittwoch hatte er noch 0,7 Prozent auf 16.271 Zähler zugelegt. Im Tagesverlauf war der deutsche Leitindex sogar nur wenige Punkte an seinem Rekordhoch bei 16.290 Punkten vorbeigeschrammt.
Die Anleger reagieren geschockt auf die gestern veröffentlichten Protokolle der Federal Reserve zur jüngsten Notenbanksitzung. Aus ihnen geht hervor, dass die Notenbanker aufgrund der US-Wirtschafts- und Inflationsentwicklung einen rascheren Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik nicht ausschließen. Für die Investoren sind das schlechte Nachrichten, weil die lockere Geldpolitik der Notenbanken als Hauptgrund für den mittlerweile Jahre anhaltenden Höhenflug an den Aktienmärkten gilt.
Die geldpolitischen Erwartungen würden als Bremsfaktor für den Aktienmarkt wirken, konstatieren die Fachleute der Helaba. Das gestrige Sitzungsprotokoll der Federal Reserve stoße den Anlegern sauer auf, meint auch Christian Henke, Marktbeobachter beim Broker IG.
Industrieaufträge ziehen an
Positive Signale sendet dagegen die Industrie. Sie hat sich im November dank der guten Auslandsnachfrage stärker als erwartet vom zuvor erlittenen Auftragseinbruch erholt. Die Unternehmen zogen 3,7 Prozent mehr Bestellungen an Land als im Vormonat, teilte das Statistische Bundesamt mit. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Wachstum von 2,1 Prozent gerechnet.
"Für die konjunkturellen Aussichten liefert dies einen positiven Impuls, wenngleich die wirtschaftliche Aktivität durch bestehende Lieferengpässe weiterhin belastet wird", erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Die Unternehmen säßen auf einem riesigen Berg an Aufträgen, kommentiert Christoph Weil, Volkswirt bei der Commerzbank. "Entsprechend gehen wir davon aus, dass die Industrie auch in den kommenden Monaten das Wirtschaftswachstum stützen wird."
Kursverluste bei Dow und Nikkei
Die von der Fed hervorgerufenen Zinsfantasien hatten die Wall Street bereits gestern tief ins Minus gedrückt: Der Dow Jones, der zeitweise auf ein Rekordhoch von 36.952 Punkten gestiegen war, sackte 1,1 Prozent tiefer auf 36.407 Punkte. Der technologielastige Nasdaq gab 3,3 Prozent auf 15.100 Punkte nach. Der breit gefasste S&P 500 büßte 1,9 Prozent auf 4700 Punkte ein.
Auch in Asien fielen die Märkte deshalb zurück. Der japanische Nikkei-Index schloss 2,9 Prozent tiefer bei 28.488 Punkten. Auch in China ging es bergab. Die Börse in Shanghai gab 0,3 Prozent nach, der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzen fiel um ein Prozent.
Eurokurs kaum verändert
Der Euro hat sich heute bislang wenig bewegt. Am Morgen wurde die Gemeinschaftswährung bei 1,1304 US-Dollar gehandelt und damit etwa zum gleichen Kurs wie am Vorabend. Die Abwärtsbewegung des Euro setzt sich damit zunächst nicht fort. Ein rascherer Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik der Fed sollte den Dollar stützen und den Euro im Gegenzug belasten.
Ölpreis: WTI und Brent werden billiger
Die allgemein trübe Stimmung auf den Finanzmärkten zog auch die Notierungen am Ölmarkt nach unten. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am Morgen 80,13 Dollar. Das waren 67 Cent weniger als am Vortag. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte WTI fiel um 63 Cent auf 77,22 Dollar. Zum einen verweisen Fachleute auf das Protokoll der jüngsten Zinssitzung der US-Notenbank Fed. Außerdem wurde auf die Corona-Krise in China verwiesen. Die Regierung hat zuletzt mehrmals Ausgangsverbote in großen Städten verhängt. Wegen der Einschränkung der Mobilität befürchten Anleger einen Rückgang der Nachfrage nach Rohöl in China.
Zudem hat sich der Ölverbund Opec+ trotz der schnellen Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus für eine erneute Erhöhung der Fördermenge entschieden. Im Verlauf der Woche wurde beschlossen, dass die von Saudi-Arabien und Russland dominierte Allianz ihre Fördermenge im Februar um weitere 400.000 Barrel pro Tag ausweiten wird.
Zinsfantasien belasten Bitcoin
Aus Furcht vor rascher steigenden Zinsen in den USA ziehen sich Investoren aus riskanteren Anlagen wie Kryptowährungen zurück. Der Bitcoin fällt in der Spitze um 2,7 Prozent auf 42.413 Dollar, den niedrigsten Stand seit knapp fünf Wochen. Für Ethereum geht es mehr als vier Prozent bergab, die Cyber-Devise ist mit 3403 Dollar so billig wie seit knapp drei Monaten nicht mehr. "Das Abdrehen des Geldhahns lässt Krypto-Assets wieder unattraktiver werden", konstatiert Timo Emden von Emden Research.
Amazon und Stellantis arbeiten zusammen
Amazon sichert sich über einen Deal mit dem Auto-Konzern Stellantis einen prominenteren Platz in Millionen künftiger Fahrzeuge. Der Konzern mit Marken wie Peugeot, Chrysler, Fiat und Opel will unter anderem Amazons Sprachassistentin Alexa in sein neues digitales Cockpit einbetten, wie die Unternehmen zur Technik-Messe CES in Las Vegas mitteilten.
Für den weltgrößten Online-Händler ist es ein Erfolg im Wettlauf unter anderem mit Google um den Platz im Auto. Der Internet-Konzern versucht ebenfalls, unter anderem mit der Alexa-Konkurrenz Google Assistant, seine Nutzer auch im Auto zu erreichen. Amazon sichert sich mit dem Deal aber auch Geschäft für seinen Clouddienst AWS, auf den die Stellantis-Fahrzeuge zurückgreifen sollen.
Société Générale baut Leasinggeschäft aus
Die französische Bank Société Générale stellt ihr Geschäft rund um Fahrzeugleasing und Flottenmanagement mit einer Milliardenübernahme neu auf. Der zum Konzern gehörende Fuhrparkmanager ALD Automotive wolle den niederländischen Konkurrenten Leaseplan für 4,9 Milliarden Euro übernehmen, teilte das Institut mit. Verkäufer sei ein vom Finanzinvestor TDR Capital angeführtes Konsortium. Leaseplan war bis zum Verkauf 2016 eine Beteiligung des Volkswagen-Konzerns.
Société Générale wird nach der Transaktion etwas mehr als die Hälfte der Anteile des fusionierten Leasinganbieters halten, der dann zusammengenommen 3,5 Millionen Fahrzeuge verwaltet. Zuletzt hielt die Bank knapp 80 Prozent an ALD. Société Générale hatte das Unternehmen 2001 gekauft und 2017 an die Börse gebracht. Der Börsenwert von ALD lag zuletzt bei rund 5,3 Milliarden Euro.
Harter Rückschlag droht: Anleger fürchten höhere Zinsen | tagesschau.de - tagesschau.de
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