München Der Wälzlager-Spezialist Schaeffler hat große Pläne in der Robotik. Der Herzogenauracher Konzern verkündete am Montag die Übernahme der Melior Motion GmbH. „Wir haben die Robotik als weltweiten Wachstumsmarkt identifiziert“, sagte Schaeffler-Industrie-Vorstand Stefan Spindler dem Handelsblatt.
Nach ersten eigenen Entwicklungen im Bereich der kleinen, kollaborierenden Roboter (Cobots), die in diesem Jahr auf den Markt kommen, will Schaeffler mit Melior Motion nun auch in das Segment der Komponenten für schwere Industrieroboter einsteigen. „Das ist die perfekte Ergänzung.“
In diesem Jahr wolle man in der Kombination 50 Millionen Umsatz als Robotikzulieferer erzielen, sagte Spindler. „2025 sollen es schon 150 Millionen Euro sein.“ Im Bereich der Getriebe für Roboter würde das einem Marktanteil von 15 Prozent entsprechen.
Schaeffler ist als Autozulieferer noch stark vom Verbrennungsmotor abhängig. Daher will das börsennotierte Unternehmen zum einen die Elektromobilität ausbauen. Zudem soll das Industriegeschäft weiter gestärkt werden. Schaeffler liefert zum Beispiel Komponenten und Systeme für Windräder, die Luftfahrt und die Industrieautomatisierung.
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Nun arbeitet sich der Konzern verstärkt in die Robotik vor. Schaeffler selbst hat ein Wellgetriebe mit Elektromotor und Sensorik für Cobots entwickelt. Mit der Übernahme von Melior Motion wird das Portfolio nun um leistungsstärkere Getriebe für höhere Traglasten erweitert. Zudem schafft sich Schaeffler neue Kundenzugänge vor allem in China und Europa.
Melior Motion kam zuletzt mit gut 100 Mitarbeitern auf 23 Millionen Umsatz. Die Wachstumsraten lagen im hohen zweistelligen Prozentbereich. „Wir wollen kräftig investieren und das Wachstumstempo beibehalten“, sagte Spindler.
Industriesparte wächst schneller als der Gesamtkonzern
Der Hauptsitz von Melior Motion ist Hameln. Geplant war der Bau eines Werks in China. Hier kann nun aber ein Schaeffler-Werk in Nanjing genutzt werden, in dem auch die Cobot-Aktivitäten aufgebaut werden.
In früheren Jahren hatte es immer wieder einmal Spekulationen gegeben, dass sich Schaeffler von der zeitweise ertragsschwachen Industriesparte trennen könnte. Doch die breitere Aufstellung erwies sich als Vorteil, wenn die Autoindustrie mal schwächelte. „Wir sind froh, dass wir dieses zweite Standbein haben“, sagte Spindler.
Das zeigte sich zeitweise auch in den vergangenen beiden Jahren, als Corona und der Chipmangel den Autobauern zu schaffen machte. Für 2021 erwartete Schaeffler zuletzt ein Wachstum von elf bis 13 Prozent in der Industriesparte. Das ist deutlich mehr als im Gesamtkonzern.
In den ersten neun Monaten hatte die Sparte die Erlöse um 14 Prozent auf 2,65 Milliarden Euro gesteigert. Die operative Marge (Ebit) vor Sonderfaktoren lag bei guten 12,1 Prozent.
Mit der Robotik soll nun ein neues Absatzfeld aufgebaut werden. Melior Motion hat unter anderem ein neuartiges Planetengetriebe für Industrieroboter entwickelt, das besonders leistungsfähig sein soll. Als Kunde konnte vor allem Kuka gewonnen werden.
Mit der Unterstützung von Schaeffler sollen die Geschäfte nun breit ausgerollt werden. Man könne von der globalen Aufstellung, der Vertriebsstruktur, der Fertigungskompetenz und der Fähigkeit zur Skalierung des neuen Eigentümers profitieren, sagte Melior-Motion-Geschäftsführer Christopher Morrell. Man wolle so eine „beschleunigte Wachstumsphase“ einleiten.
China hat Nachholbedarf bei Industrierobotern
Die Robotikbranche ist weltweit seit Jahren auf Wachstumskurs, unterbrochen nur von einem kurzen Durchhänger zu Beginn der Coronakrise. Für 2021 rechnete der Branchenverband International Federation of Robotics (IFR) zuletzt mit einem Anstieg des Absatzes um rund 13 Prozent auf 435.000 verkaufte Roboter. Damit würde das Rekordniveau von 2018 übertroffen.
Auch die langfristigen Perspektiven sind gut. Die IFR prognostiziert für 2024 erstmals eine halbe Million verkaufte Roboter.
Angetrieben wird der Markt von China. Schon heute ist das Land der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt für Anbieter wie ABB, Kuka, Yaskawa und Fanuc. Doch noch immer gibt es Nachholbedarf bei der Automatisierung.
Das zeigt ein Blick auf die sogenannte Roboterdichte. In China kommen auf 10.000 Beschäftigte 246 Roboter. In Südkorea sind es 932, in Deutschland 371 Einheiten. Beim Aufholprozess will China vor allem die einheimischen Anbieter stärken und in einigen Jahren auf dem Weltmarkt eine führende Rolle spielen.
Entsprechend sieht auch Melior Motion vor allem in China Wachstumschancen. Man wolle die Produktionskapazitäten dort deutlich hochfahren, sagte Geschäftsführer Morrell. „Dies kann nun wesentlich schneller innerhalb der bestehenden Infrastruktur von Schaeffler erfolgen.“
Spindler will die Robotiksparte in den nächsten Jahren ausbauen. Dabei seien auch weitere Akquisitionen möglich. „Unser M&A-Radar ist weit aufgespannt.“ Man habe jetzt aber auch eine starke Ausgangslage für weitere Eigenentwicklungen.
Vielleicht geben die neuen Robotikaktivitäten ja auch der Schaeffler-Aktie etwas Schub. Bislang konnte der Familienkonzern an der Börse keine Erfolgsgeschichte schreiben. Die Aktie war vor gut sechs Jahren zu einem Ausgabepreis von 12,50 Euro gestartet. Derzeit liegt der Kurs bei rund sieben Euro.
Schaeffler: Autozulieferer übernimmt Robotikfirma Melior Motion - Handelsblatt
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