E-Auto-Produktion in Grünheide - Brandenburger Landesumweltamt genehmigt Tesla-Fabrik
Fr 04.03.22 | 17:00 Uhr
Tausende Arbeitsplätze, 500.000 E-Autos jährlich und eine der größten E-Autobatteriefabriken der Welt - Die Hoffnungen rund um die Tesla-Ansiedlung sind gigantisch. Nun haben die Behörden das Projekt genehmigt. Von Philip Barnstorf
Es ist soweit: Mit der Tesla-Fabrik in Grünheide hat das Landesumweltamt am Freitag die größte Industrie-Ansiedlung in Ostdeutschland seit der Wende genehmigt. Wie Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Freitag in Potsdam mitteilte, ist am Freitag der 536-seitige Genehmigungsbescheid des Landesumweltamts übergeben worden. Enthalten seien zahlreiche Auflagen. Erst nach Umsetzung kann die Betriebserlaubnis erteilt werden, so Umweltminister Axel Vogel (Grüne). Voraussichtlich Ende März werden die ersten Teslas Made in Brandenburg vom Band rollen.
Batterien werden zunächst noch zugeliefert
Tesla kündigte unterdessen an, alle Auflagen "so schnell wie möglich" abarbeiten zu wollen. Schon im Vorfeld der Genehmigung sind bei Tests in den vergangenen Wochen circa 2.000 Autos gebaut worden. Jetzt plant Tesla das neue Werk schrittweise in Betrieb zu nehmen, so der US-Autobauer gegenüber dem rbb. Zu Anfang werden für die Produktion noch Teile zugeliefert, die später in Grünheide produziert werden sollen. Wichtigstes Beispiel: Die Batterie. Die Fabrik dafür steht nämlich im Gegensatz zum Autowerk bisher nur im Rohbau. Um das Produktionsziel von 500.000 Autos im Jahr zu schaffen, braucht Tesla außerdem circa 12.000 Mitarbeiter. Wie Tesla mitteilte, arbeiten bisher aber nur knapp 3.000 Menschen in dem Brandenburger Werk.
Woidke sieht Brandenburg wirtschaftlich im Wandel
"Wir sind so nicht mehr die verlängerte Werkbank des Westens", sagte Woidke. "Brandenburg ist das Land der klimaneutralen Mobilität." Dieser 4. März sei ein großer Schritt in die Zukunft. Die Ansiedlung von Tesla in Grünheide sei deutschlandweit das erste Großprojekt, das Klimaneutralität mit der Schaffung zusätzlicher Industriearbeitsplätze verbinde.
Tesla ziehe weitere Investitionen im Sektor von klimaneutralen Wertschöpfungsketten im Bereich der Mobilität nach sich, so Woidke. Dazu gehörten beispielsweise Projekte bei der BASF in Schwarzheide, die Produktion des elektrischen Mercedes-Sprinter in Ludwigsfelde oder das geplante Werk von Rock Tech Lithium in Guben.
Recycling-Fabrik könnte bald dazukommen
Aus Behördenkreisen erfuhr der rbb außerdem, dass Tesla wahrscheinlich schon in den kommenden Monaten die nächsten Bauschritte beantragen wird. So plant das Unternehmen laut eigener Aussage auf dem Gelände Schienen und einen Bahnhof anzulegen, damit Mitarbeiter mit einem Shuttle-Zug zunächst aus Erkner und später auch aus Berlin zum Werk fahren können. Außerdem hat Tesla generell angekündigt Anlagen fürs Recycling von Batterien an allen seinen Standorten zu errichten. Diese Recycling-Fabriken dürften noch sehr wichtig werden, denn die meisten Teslas fahren noch mit den ursprünglich verbauten Batterien. Aber in den kommenden Jahren dürften viele dieser Batterien für den Gebrauch in Autos zu alt werden. Dann müssen massentaugliche Recycling-Lösungen her, sonst sieht es mit Teslas Öko-Bilanz schlecht aus.
Verfahrensbeschleunigung beeindruckt Industrievertretrer
Vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) gab es Lob: Die Unterstützung durch die Brandenburger Landesregierung habe zu einer erheblichen Beschleunigung des Verfahrens geführt, sagte Vize-Hauptgeschäftsführer Holger Lösch der Deutschen Presse-Agentur. Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) äußerte sich positiv. Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "In unter drei Jahren ist es gelungen, ein Investitionsprojekt von mehreren Milliarden Euro zu genehmigen und gleichzeitig zu bauen."
Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sprach von einer "Zeitenwende für Deutschland". Das Beispiel Tesla zeige, dass Genehmigungsverfahren in Deutschland beschleunigt werden könnten. Tesla-Chef Elon Musk führe vor Augen, "wir haben uns in unseren Regeln, Verordnungen und Gesetzen hoffnungslos verstrickt", sagte der Leiter des Duisburger CAR-Instituts dem "Handelsblatt".
Umweltrechtliche Bedenken von Naturschützern und Anwohnern
Die Genehmigung hatte sich in den vergangenen Monaten immer weiter verschoben, unter anderem weil das Unternehmen seinen Antrag zur Genehmigung um die Errichtung und den Betrieb einer Batteriefabrik ergänzt hatte. Nach der Auslegung des aktualisierten Antrags begann eine Erörterung Hunderter Einwände von Kritikern, die das Land nach Kritik von Umweltverbänden wegen einer Frist wiederholte.
Naturschützer und Anwohner befürchten Umweltschäden. Sie halten die Wasserversorgung für gefährdet. Ein Teil des Geländes liegt im Wasserschutzgebiet. Tesla hat die Bedenken zurückgewiesen und den geplanten Wasserverbrauch gesenkt.
Trotzdem gibt es einen Gerichtsstreit über die Wasserförderung aus dem Wasserwerk Eggersdorf, das auch Tesla beliefert. Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) verhandelte am Freitag über eine Klage der Grünen Liga und des Naturschutzbundes Brandenburg gegen eine Bewilligung zusätzlicher Wasserentnahme. Eine Entscheidung wurde für Freitag erwartet. Der Wasserverband Strausberg-Erkner hat angekündigt, den Versorgungsvertrag mit Tesla zu kündigen, wenn die Genehmigung für das Wasser gekippt werde.
Umweltminister Vogel zeigte sich gelassen, denn bei der Genehmigung sei auf ein hohes Schutzniveau für Umwelt und Wasser geachtet worden. Wichtig sei gewesen, rechtssicher zu entscheiden, sagte der Grünen-Politiker am Freitag in Potsdam. "Das war eine Mammutaufgabe."
Der Genehmigungsbescheid der Landesbehörden für den US-Autobauer umfasse 536 Seiten zuzüglich 23 700 Seiten Anlagen - 66 Aktenordner oder die Ladung eines Kleinlastwagens, wie Vogel sagte. Einwände von mehr als 800 Personen und Organisationen seien geprüft worden. Die am Freitag erteilte Genehmigung sei mit mehr als 400 Auflagen verbunden worden, fügte der Umweltminister hinzu.
Fabrikbau in Rekordtempo
Im November 2019 hatte Tesla-Chef Elon Musk die Ansiedlungspläne in Berlin verkündet. Schon wenige Wochen später fielen in Grünheide die ersten Kiefern. Genehmigt war da noch nichts, aber das Landesumweltamt erteilte Tesla insgesamt 19 Vorab-Zulassungen. Mit denen baute Tesla in einem Tempo, das man in Deutschland bisher nicht kannte, und zog innerhalb von zwei Jahren Produktionshallen hoch, deren Grundfläche mehr als 20 Fußballfelder misst. Zwischen Bekanntgabe und Ansiedlung des Werks am 12. November 2019 und dem Genehmigungsbescheid am Freitag "lagen damit nur 843 Tage", hob Woidke hervor.
Sendung: Antenne Brandenburg, 04.03.2022, 16 Uhr
Brandenburger Landesumweltamt genehmigt Tesla-Fabrik - rbb24
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