Die US-Notenbank hat im Kampf gegen die Inflation ihren Leitzins um 0,5 Prozentpunkte angehoben. Damit hat die Federal Reserve (Fed) am Mittwoch zwar einen etwas moderateren Kurs eingeleitet – aber gleichzeitig weitere Zinserhöhungen signalisiert. Der Leitzins liegt nun in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent. „Wir werden den Kurs beibehalten, bis die Aufgabe erledigt ist“, sagte Fed-Chef Jerome Powell bei einer Pressekonferenz. Die Prognosen der Fed zeigen, dass die Inflation länger als erwartet hoch bleiben wird. Auch die Konjunkturprognose für die USA ist wenig optimistisch.
Zuletzt hatte die Fed vier Mal in Folge den Leitzins um beachtliche 0,75 Prozentpunkte angehoben – insgesamt ist es die siebte Anhebung in diesem Jahr. Fed-Chef Powell hatte im November angedeutet, dass zumindest mit den großen Sprüngen Schluss sein könnte. Die neuen Inflationsdaten des Arbeitsministeriums dürften ihn in dieser Entscheidung bestärkt haben – sie zeigten den fünften Rückgang der Inflationsrate in Folge. Die langfristigen Schätzungen der Verbraucherpreise zeigen allerdings, dass die Teuerungsrate langfristig von den zwei Prozent, die sich die Fed wünscht, noch weit entfernt ist.
Die Teuerungsrate soll in diesem Jahr durchschnittlich bei 5,6 Prozent liegen. Das deutet darauf hin, dass die Dynamik des Preisanstiegs nachlässt. Aber für das 2023 prognostiziert die Fed eine Inflationsrate von durchschnittlich 3,1 Prozent, für das Jahr 2024 dann 2,5 Prozent. „Wir gehen nach wie vor davon aus, dass weitere Erhöhungen angemessen sind“, sagte Powell. Aktuell reichten die Anzeichen einfach nicht aus, um sicher zu sein, dass die Inflation nachhaltig zurückgehe – eher im Gegenteil.
Der neuerliche Zinsschritt ist zwar kleiner als die vorherigen – aber immer noch beachtlich. Gewöhnlich zieht es die Fed vor, den Leitzins in Schritten von 0,25 Prozentpunkten anzuheben. Die Entscheider der Fed rechnen für 2023 im Mittel mit einem Leitzins von 5,1 Prozent. Durch die Erhöhung des Leitzinses verteuern sich Kredite, was die Nachfrage ausbremst. Das hilft dabei, die Teuerungsrate zu senken, schwächt aber auch das Wirtschaftswachstum. Mit der strengen Geldpolitik der Fed wächst also das Risiko, dass die Bank die Wirtschaft so stark bremst, dass Arbeitsmarkt und Konjunktur abgewürgt werden.
Die Fed sagt nun für das kommende Jahr ein deutlich geringeres Wirtschaftswachstum voraus als noch vor drei Monaten angenommen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der weltgrößten Volkswirtschaft wird demnach 2023 um 0,5 Prozent wachsen. Im September hatte die Fed noch ein Wachstum von 1,2 Prozent vorhergesagt. „Ich glaube nicht, dass irgendjemand weiß, ob es eine Rezession geben wird oder nicht“, betonte der Fed-Chef. Und falls es eine gebe, lasse sich auch nicht sagen, wie heftig diese werde.
Hinter der US-Notenbank liegt ein turbulentes Jahr. Die drastischen Maßnahmen sind die Folge einer Inflation, die zeitweise so hoch war wie seit Jahrzehnten nicht. Die Fed hatte Mühe, mit den steigenden Verbraucherpreisen Schritt zu halten und setzte auf ein ungewöhnliches Tempo bei ihren Zinsschritten. Erfolge schienen zunächst auszubleiben. Das liegt auch daran, dass die Zinsentscheidungen der Fed erst verzögert Wirkung zeigen. Und so könnte sich die volle Wucht der ungewöhnlich großen Zinsschritte erst im kommenden Jahr bemerkbar machen.
Die New Yorker Börsen sind trotz der ins Auge gefassten weiteren Zinserhöhungen mit einem blauen Auge davongekommen. Die wichtigsten Indizes rutschten nach den Fed-Aussagen zwar ins Minus, blieben letztlich aber über ihren danach markierten Tagestiefs.
Der Leitindex Dow Jones Industrial dämmte seinen Verlust zum Handelsende bei 33 966,35 Punkten auf 0,42 Prozent ein. Für den marktbreiten S&P 500 ging es am Ende um 0,61 Prozent auf 3995,32 Punkte bergab und der technologielastige Nasdaq 100 sank um 0,79 Prozent auf 11 740,92 Zähler.
Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners zog aus den Fed-Aussagen ein durchwachsenes Fazit: „Die Fed geht vom Gas. Die Zeit der Jumbo-Erhöhungen ist Vergangenheit. Das neue Tempo liegt bei 50 Basispunkten. Das ist die gute Nachricht“, betonte der Experte. „Aber: Alle, die auf ein schnelles Ende des aktuellen Erhöhungszyklus gesetzt haben, werden heute bitter enttäuscht.“ Entsprechende Hoffnungen hatte am Dienstag eine überraschend deutliche Abschwächung der Inflation in den USA geschürt.
Unter den Einzelwerten stachen am Mittwoch Moderna mit einem Plus von 5,8 Prozent auf 208,95 US-Dollar als Nasdaq-100-Spitzenreiter erneut positiv heraus. Am Vortag hatten die Aktien des Biotech-Unternehmens dank positiver Studienergebnisse zu einer Kombi-Therapie aus einem Moderna-Krebsimpfstoff und dem Tumor-Arzneistoff Pembrolizumab von Merck & Co erstmals seit Mitte Januar wieder die 200-Dollar-Marke geknackt. Und ähnlich wie tags zuvor zogen die Titel des Mainzer Konkurrenten Biontech im Kielwasser von Moderna um 4,4 Prozent an.
Derweil war Vortags-Nasdaq-Schlusslicht Tesla mit einem Minus von über zweieinhalb Prozent erneut nicht gefragt. Die Aktien des Elektroautobauers notieren damit weiter auf dem niedrigsten Niveau seit zwei Jahren – 2022 haben sie bislang über die Hälfte ihres Werts eingebüßt. Bernstein-Analyst Toni Sacconaghi argumentierte bereits Ende November in einer Studie, dass die Aktie im Vergleich zu traditionellen Autobauern immer noch hoch bewertet bleibe. Der Marktwert, der in Spitzenzeiten etwa 1,3 Billionen Dollar betrug, ist aktuell zwar auf unter 500 Milliarden Dollar gefallen. Zeitgleich kommen die drei großen deutschen Autohersteller Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW zusammen aber nur auf umgerechnet 215 Milliarden Dollar.
USA: Notenbank Fed drosselt Tempo bei Zinserhöhungen – Aktionäre trotzdem enttäuscht - WELT
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