Rechercher dans ce blog

Friday, October 27, 2023

Tiefschlag für Robert Habeck: Siemens Energy braucht 15 Milliarden Euro vom Staat - Berliner Zeitung

Um das Windkraftgeschäft am Laufen zu halten, braucht Siemens Energy dringend Geld. Das veränderte Zinsumfeld und die stark gestiegenen Rohstoffpreise bereiten jetzt nicht nur dem deutschen Branchenprimus Kopfzerbrechen, sondern auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Der Grund: Während das Geschäft mit den Gasturbinen brummt, sorgen technische Pannen ausgerechnet bei der Firmentochter Siemens Gamesa für Millionenverluste. Die Komplettübernahme von Gamesa durch Siemens Energy ist noch nicht mal ein Jahr her und sollte den Konzern in der Energiewende eigentlich an die Spitze katapultieren.

In einer Ad-hoc-Mitteilung schreibt Siemens Energy jetzt: „Das Windgeschäft Siemens Gamesa arbeitet an den Qualitätsproblemen“, der Gas-Turbinen-Zweig würde seine „hervorragende Leistung“ im kommenden Jahr jedoch fortsetzen. Verkehrte Welt: Die alten Gasturbinen erweisen sich als Umsatzbringer und die vermeintlich zukunftsweisenden Windturbinen sorgen für Finanzprobleme. 

Anzeige | Zum Weiterlesen scrollen

Meistgelesene Artikel

Windkraftgeschäft bedroht den Gesamtkonzern

Die schlechten Zahlen der Windkraft-Tochter haben Auswirkungen auf den gesamten Konzern, schließlich benötigt Siemens Energy für den laufenden Geschäftsbetrieb hohe finanzielle Mittel. Die Energiebranche gilt als kapitalintensiv. Zuletzt soll durch das veränderte Zinsumfeld die Fremdfinanzierung für Siemens Energy immer schwieriger geworden sein. 

Die Situation ist jetzt so ernst, dass sich Siemens Energy um Staatshilfe bemüht. Laut Siemens Energy laufen derzeit „Vorgespräche“ mit Banken und der Bundesregierung, „um den Zugang zu einem wachsenden Volumen an Garantien sicherzustellen“. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums gibt sich auf Anfrage der Berliner Zeitung verschlossen: „Die Bundesregierung ist mit dem Unternehmen in engen Gesprächen. Diese dauern an, sodass ich keine näheren Details nennen kann.“

Börse reagiert nervös auf mögliche Regierungsbürgschaften

Die Börse reagiert nervös auf die Ankündigung, der Aktienkurs von Siemens Energy gab zeitweise um 40 Prozent nach. Der Kapitalmarktexperte Christian W. Röhl ist pessimistisch. Er glaubt nicht daran, dass sich die Aktie schnell wieder erholt. Siemens Energy hält er für „ein Fass ohne Boden“, das Unternehmen habe sich mit der Übernahme des spanischen Windturbinenherstellers Gamesa „übernommen“, sagt er. Die Banken würden das Risiko, dass „die malade Wind-Sparte den kompletten Konzern infiziert“, nicht mehr alleine tragen wollen, so Röhl. 

Joe Kaeser, der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Siemens AG, hat die Aufspaltung des Siemens-Konzerns vorangetrieben. Er hatte ferner den Deal mit Gamesa eingefädelt. Das Ziel: Der Konzern sollte grüner werden.

Joe Kaeser, der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Siemens AG, hat die Aufspaltung des Siemens-Konzerns vorangetrieben. Er hatte ferner den Deal mit Gamesa eingefädelt. Das Ziel: Der Konzern sollte grüner werden.picture alliance/dpa

Für Röhl ist klar: „Wenn der Bund sich hier engagiert, dann darf das natürlich nur zu marktgerechten Konditionen sein. Sprich: Der Aval-Zins (die Gebühr für die Bürgschaft, Anm. d. Red.) für die Bürgschaften muss nicht nur das generelle Zinsniveau reflektieren, sondern auch den Umstand, dass Siemens Energy gewisse Aufträge ohne Staatshilfe eben nicht realisieren könnte.“

Für die Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Gitta Connemann (CDU) hat der Siemens-Energy-Crash auch eine politische Dimension: „Grünes Wirtschaftswunder? Fehlanzeige. Deutschlands Schlüsselkonzern für die Energiewende funkt SOS.“ Connemann legt den Finger in die Wunde: „Wenn die Energiewende in unserem Land nur noch mit Bürgschaften funktioniert, stimmen die Wettbewerbsbedingungen nicht mehr.“ Staatliche Bürgschaften dürften laut Connemann nur das letzte Mittel sein, „geknüpft an einen klaren Ausstiegsplan“.

Siemens AG: Bürgschaften für die Firmentochter? Unklar!

Der Mutterkonzern, die Siemens AG, hält immer noch eine Beteiligung von etwa 25 Prozent an Siemens Energy. Die Frage, ob sich die Siemens AG an den Bürgschaften für die Konzerntochter beteiligen wurde, wollte der Münchner Konzern zunächst nicht beantworten. Ein Konzern-Sprecher erklärte auf Anfrage der Berliner Zeitung: „Wie bereits in der Vergangenheit betont, werden wir unsere Entscheidungen im Einklang mit den Interessen der Siemens AG und ihrer Aktionäre treffen.“

Dass Habeck Siemens Energy für seine Energiewende-Pläne braucht, zeigt nicht zuletzt sein Besuch im Berliner Siemens-Energy-Gasturbinenwerk im Mai. Die insgesamt über 4000 Berliner Siemens-Energy-Mitarbeiter arbeiten im Schaltwerk Spandau und im Gasturbinenwerk Moabit.

Siemens Energy als Wasserstoff-Vorreiter? Mitarbeiter sind skeptisch

In einem Imagevideo des Bundeswirtschaftsministeriums ist zu sehen, wie Habeck auf dem Moabiter Werksgelände in die Kamera spricht: „Die Energiewende ist noch mal sehr viel konkreter geworden“, sagt er. Man plane, zusammen mit Norwegen und anderen nordeuropäischen Ländern ein Offshore-Netzwerk zur Wasserstoffproduktion aufzubauen. Eine Wasserstoffleitung soll dann laut Habeck den Energieträger in die deutschen Industriegebiete bringen. Solange „wir noch nicht genug grünen Wasserstoff haben“, so der Minister weiter, soll die Leitung „mit dekarbonisiertem Gas gefüllt werden“.

Ein notwendiger Bestandteil des „grünen Wasserstoffs“, von dem Habeck schwärmt: Windkraftanlagen, die Strom für die Elektrolyse erzeugen sollen. Also genau die Art der Stromgewinnung, für die das Pleite-Unternehmen Siemens Gamesa die Windräder herstellt. Ebenfalls auffällig: Im Video ist nur wenige Sekunden vom Kerngeschäft des Werks – den Gasturbinen – die Rede. Und das auch nur vor dem Hintergrund, dass diese Turbinen auf den Verbrauch von Wasserstoff umgerüstet werden können.

Wenn man mit Siemens-Energy-Mitarbeitern spricht, dann merkt man: Das ist mit großer Wahrscheinlichkeit kein Zufall. Der Minister habe den Gasturbinen in ihrem Werk nur einen Bruchteil seiner Zeit gewidmet, sagen sie. Am liebsten habe er die noch gar nicht marktfertige Elektrolysetechnologie „Sielyzer“ sehen wollen, die Siemens Energy derzeit in einem Joint Venture mit Air Liquide für rund 30 Millionen Euro entwickelt.

Berliner Gasturbinen sind weiterhin gefragt

Die Nachfrage nach Berliner Gasturbinen hat sich nach Unternehmensangaben zwar in den letzten Jahren verringert – eine Entlassungswelle war die Folge –, doch Mitarbeiter sagen, von einem Mangel an Bestellungen sei bei ihnen nichts zu spüren. Nach einem Einbruch während der Corona-Pandemie habe man jetzt sogar mehr zu tun als je zuvor. Jetzt schreibt Siemens Energy ebenfalls in einer offiziellen Pressemitteilung, man verzeichne ein starkes Wachstum des Auftragseingangs, „insbesondere bei den ehemaligen Gas-and-Power-Geschäftseinheiten“. Für die Siemens-Energy-Belegschaft in Moabit und Spandau heißt es deshalb einstweilen: Entwarnung. 

In der Windkraftbranche macht sich hingegen Katerstimmung breit. „In den vergangenen Jahren wurden viele wichtige Weichenstellungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht vorgenommen. Der russische Überfall auf die Ukraine hat den Transformationsdruck weiter erhöht. Gleichzeitig hat sich das wirtschaftliche Umfeld verschärft: Die Preise für Rohstoffe und Komponenten sind entlang der gesamten Wertschöpfungskette um 30 bis 40 Prozent angestiegen“, sagt ein Sprecher des Bundesverbands Windenergie e.V.

Zur Wahrheit gehört auch: Nicht nur im Ausland, auch hierzulande laufen die Gaskraftwerke weiter auf Hochtouren. Die Bundesregierung hält daran fest, dass Deutschland Gaskraftwerke als „Brückentechnologie“ benötige – angesichts eines möglichen Strommangels durch den bereits durchgeführten Atom- und den geplanten Kohleausstieg. Trotz gestiegener Gaspreise bleibt ihr auch kaum etwas anderes übrig, wenn sie die Netzstabilität in Deutschland halten will – erneuerbare Energien wie Solarstrom oder Windkraft reichen dafür nicht aus. Der Ausstieg aus fossilen Energieträgern, gar der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur, bleibt Zukunftsmusik.

Adblock test (Why?)


Tiefschlag für Robert Habeck: Siemens Energy braucht 15 Milliarden Euro vom Staat - Berliner Zeitung
Read More

No comments:

Post a Comment

adidas-Aktie nachbörslich deutlich tiefer: adidas übertrifft eigene Prognose - Yeezy-Verkäufe sorgen für schwarze Zahlen - finanzen.net

Der Sportartikelkonzern adidas hat im vergangenen Jahr besser abgeschnitten als von ihm zuletzt prognostiziert. Der Nike -Rivale kündigte...