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Tuesday, November 28, 2023

Michelin: Keine Lastwagenreifen mehr aus Deutschland - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Ab dem Jahr 2026 will Michelin Lastwagenreifen nicht mehr in Deutschland produzieren. Das Traditionswerk in Karlsruhe, das bis vor wenigen Jahren als Deutschland-Zentrale diente, wird komplett geschlossen, ebenso wie ein kleines Werk in Trier, das Vorprodukte herstellt. Zudem verlieren im saarländischen Homburg 840 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz, deutschlandweit sind es mehr als 1500.

Maria Röttger, für das Deutschlandgeschäft des größten europäischen Reifenherstellers verantwortlich, begründete den Schritt mit mangelnder wirtschaftlicher Perspektive. Einerseits habe die Billigkonkurrenz aus Asien zugenommen, andererseits seien die Kosten für die energieintensive Reifenproduktion am Standort Deutschland erheblich gestiegen.

Die Herstellung von jährlich mehr als zwei Millionen Reifen sowie den teilweise auch für Autoreifen gedachten Vorprodukte soll sukzessive bis Ende des Jahres 2025 ins Ausland verlagert werden. Das Geschäft mit der bei Lastwagen üblichen Runderneuerung abgefahrener Reifen bleibt hingegen in Deutschland, auch aus logistischen Gründen. Das Management unterrichtete die Mitarbeiter der betroffenen Standorte am Dienstag. Matthias Hille, Mainzer Bezirksleiter der Gewerkschaft ­IGBCE, hatte bereits im Vorfeld „Widerstand gegen einen Kahlschlag“ angekündigt.

Effizienz hoch, Kosten aber auch

Die Energiekosten schlagen sich in der Reifenproduktion stark nieder, da das Gummi eines Reifen erst in einem Vulkanisationsprozess seine endgültigen Eigenschaften erhält. Üblicherweise stammt die dafür verwendete Wärme aus dem Verbrennen von Erdgas. Michelin hatte vor einigen Jahren ein Verfahren entwickelt und patentiert, mit dem die Werkzeuge ausschließlich mit Strom beheizt werden. Die Technik soll um den Faktor sechs bis acht energieeffizienter sein als das Verbrennen von Erdgas und lässt sich zudem leichter auf regenerative Energie umstellen.

Das Werk in Karlsruhe, in dem bislang Reifen für leichte Nutzfahrzeuge mit einem hohen Automatisierungsgrad entstehen, ist bereits vollständig auf die sogenannte Elektrovulkanisation umgestellt. Nach Aussage von Röttger reicht die damit zu erzielende Energieersparnis jedoch nicht für eine rentable Herstellung. Sie führt Zahlen des Verbands der Chemischen Industrie an, denen zufolge der Industriestrompreis derzeit mehr als doppelt so hoch ist wie im Jahr 2015.

Im Gespräch mit der F.A.Z. macht Röttger deutlich, dass die Energiekosten nicht der einzige Grund für die Verlagerung sind. Auch die Personal- und die Logistikkosten seien stark gestiegen. Nicht zuletzt sei die höhere Lastwagenmaut eine Belastung, und dies in doppelter Hinsicht. Einerseits verteuerten sich die eigenen Transportkosten, andererseits seien die Taschen der im harten Wettbewerb stehenden mittelständischen Fuhrunternehmer leer. Diese würde daher vermehrt in Billigreifen statt in die Premiummarken investieren.

Ehemaliger Stammsitz: Das Michelin-Werk in Karlsruhe besteht seit 1931.

Ehemaliger Stammsitz: Das Michelin-Werk in Karlsruhe besteht seit 1931. : Bild: Michelin Reifenwerke

Das Segment besonders kostengünstiger Reifen ist laut Michelin in den letzten zehn Jahren um 220 Prozent gewachsen, bei insgesamt stagnierendem Absatz. Die Frage, ob die Billigimporte vor allem aus China stammten, verneint die Managerin entschieden. „Es gibt im Billigsegment mehr als 100 Anbieter aus verschiedenen asiatischen Ländern und ständig kommen neue hinzu.“ Immer wieder entdecke sie ihr völlig unbekannte Anbieter.

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