Die Insolvenz der Signa-Holding hat Sorgen verstärkt, wonach auch der Warenhauskonzern Galeria erneut in Bedrängnis geraten könnte. Galeria mit seinen 92 Kaufhäusern und rund 13.000 Beschäftigten gehört zu einer Tochterfirma von Signa in der Schweiz, der Signa Retail Selection AG. Diese hat Gläubigerschutz angemeldet und plant jetzt offenbar Galeria zu verkaufen, wie es etwas verklausuliert in einer Mitteilung am Mittwoch hieß: Der Verwaltungsrat gehe davon aus, "sämtliche externen Verbindlichkeiten regeln zu können und die Aktiven gut organisiert und in einem strukturierten Prozess über die nächsten Monate zu veräußern".
Galeria-Filialen waren wieder in der Gewinnzone
Für Galeria ist das ein äußerst schlechter Zeitpunkt, denn immerhin machen die Filialen gerade wieder Gewinn, wenn auch der Gesamtkonzern noch nicht. Vorläufigen Zahlen zufolge hat der Warenhauskonzern im gerade – im September – abgelaufenen Geschäftsjahr 80 Millionen Euro Verlust gemacht. Aber: Im Handelsblatt zeigte sich Unternehmenschef Olivier van den Bossche noch vor einem Monat zuversichtlich, dass sich das spätestens im Geschäftsjahr 2024/2025 ändern werde. Denn schon heute machten die Filialen demnach 70 Millionen Euro Gewinn. Die Verluste würden durch die Firmenzentrale und das Online-Geschäft verursacht.
Ähnlich äußerte sich Mitte November der für Süddeutschland zuständige Manager Philipp Kretzer im Münchner Merkur zu den Häusern in München: "Alle vier Standorte sind profitabel und wir wollen und werden sie weiterführen." Dabei habe die Filiale am Marienplatz "den höchsten Umsatz und Gewinn im ganzen Konzern und ist mit ihrer Lage in der Fußgängerzone unser Aushängeschild." Auch das gerade angelaufene Weihnachtsgeschäft entwickelt sich offenbar positiv, heißt es bei der Gewerkschaft Verdi.
Käufer für Galeria zu finden, wird wohl schwierig
Jetzt einen Käufer für das noch wacklige Warenhausgeschäft zu finden, das scheint allerdings ein sehr schweres Unterfangen zu werden. Zum einen zweifeln Fachleute daran, dass es heute überhaupt noch möglich ist, Kaufhäuser mit ausreichend hohen Gewinnmargen zu betreiben. Zum anderen dürfte Galeria aus der Sicht von Investoren, nach zwei Insolvenzverfahren und verschiedensten Sanierungsbemühungen, auch kein wirklich attraktives Unternehmen für ein großes Investment sein.
Hinzu kommen die hohen Zinsen, die die Finanzierung von Übernahmen teuer machen, genauso wie die sich anschließenden und notwendigen Investitionen. Auch hausgemachte Herausforderungen gibt es, zum Beispiel die zu hohen Mieten in Gebäuden, die Galeria von anderen Signa-Gesellschaften gemietet hat.
Wer Galeria kauft, "hat nicht alle Tassen im Schrank"
"Niemand" will deshalb derzeit einen seit Jahren kriselnden Kaufhauskonzern kaufen, glaubt der Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein. "Wer das macht, hat nicht mehr alle Tassen im Schrank. Unter betriebswirtschaftlichen Aspekten ergibt das keinen Sinn." Auch Johannes Berentzen, Chef der Handelsberatung BBE, erwartet eine schwierige Investorensuche. "Zur Niedrigzinszeit wäre ein Eintritt in den deutschen Markt vielleicht für internationale Investoren oder sogar Handelsgruppen interessant gewesen. In der heutigen Markt- und Zinslage gibt es kaum Chancen, einen Käufer zu finden."
"Noch zu früh zu sagen, was mit Galeria passiert"
Leonard Dobusch, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Innsbruck, zeigte sich im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk allerdings etwas weniger pessimistisch. "Ich glaube, es ist noch zu früh zu sagen, was mit Galeria Kaufhof passieren wird." Das hänge auch davon ab, ob es gelinge, zum Beispiel mit Signa zu einer Einigung bei den Mieten zu kommen. "Dann wäre es durchaus denkbar, dass die Handelskette einen Käufer findet und fortgeführt werden kann."
Helfen könnten möglicherweise auch noch andere, die ein Interesse daran haben, dass Galeria weiterexistiert. Und damit möglicherweise helfen. Bernd Ohlmann, vom Handelsverband Bayern, betonte im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk beispielsweise, Warenhäuser seien "allen Unkenrufen zum Trotz" immer noch ein Frequenzbringer und Magnet, und deshalb besonders wichtig für die Innenstädte. "Die Menschen kommen in die Innenstädte, egal ob nach München oder nach Regensburg oder Augsburg, wenn dort ein Frequenzbringer ist, ein Magnet. Und wenn die ausfallen, dann ist es natürlich für die Innenstadt nicht so gut."
Schließung von Galeria durch klaren Sanierungsplan abwenden
Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnt vor einer Schließung von Filialen. Um die Innenstädte weiterhin attraktiv und lebenswert zu halten, sei es daher wichtig, dass eine Schließung der verbliebenen Galeria-Standorte durch einen klaren Sanierungsfahrplan abgewendet werde, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Galeria-Kaufhäuser sind in vielen Fußgängerzonen weiterhin wichtige Ankerpunkte." Unprofitable Standorte dürften allerdings "nicht wieder und wieder mit Steuergeldern gerettet werden".
Auch die Bundespolitik hat die Folgen der Signa-Pleite im Blick. Der Fall werde sehr genau beobachtet, heißt es im Wirtschaftsministerium. Nach erst wenigen Tagen seien die genauen Folgen aber noch nicht abzuschätzen. "Wir prüfen die Auswirkung", heißt es ergänzend im Finanzministerium.
Haben oder nicht haben: 50 Millionen Euro im Februar
Ein besonders großes Augenmerk dürfte dabei auf einer 50-Millionen Euro-Zahlung liegen, die die insolvente Muttergesellschaft der Tochter Galeria im Februar überweisen wollte. Mit dem Geld dürfte das Überleben deutlich einfacher werden als ohne. Bis dahin könnten vielleicht gute Weihnachtsumsätze den Bestand der 92 Warenhäuser sichern.
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Sorge um Galeria: Was folgt auf die Signa-Insolvenz? - BR24
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