Krisenjahr? Nicht für DAX-Anleger. Das deutsche Börsenbarometer legt im laufenden Jahr gut ein Fünftel zu. Die zahlreichen geopolitischen Verwerfungen werden vom Ende der Zinsanhebungen überstrahlt.
Für Anleger ist es doch noch ein gutes Jahr geworden. Am letzten Handelstag schloss der deutsche Aktienmarkt im Plus. Bei 16.752 Punkten blieb der Leitindex DAX stehen, nachdem jüngst bereits über die 17.000er Marke geäugt hatte. Seit Jahresbeginn kommt somit ein Anstieg um mehr als 20 Prozent zusammen. Zugleich wird die Delle aus dem Vorjahr mehr als aufgeholt. In der zweiten Reihe schaffte der MDAX dagegen nur ein Plus von 8 Prozent, der SDAX brachte es auf 17 Prozent. Für den TecDAX ging es um 14,2 Prozent nach oben. Dass die Indizes der Nebenwerte schlechter als der DAX abschneiden ist eher die Ausnahme. Für 2024 könnte das Chancen eröffnen.
"Alles in allem können wir sagen, dass sich die Dinge 2023 zum Guten gewendet haben: Die Inflation ging zurück, zu einer Rezession kam es nicht", erklärten die Investmentexperten vom Vermögensverwalter Eurizon. Die eigentliche Überraschung sei die Widerstandsfähigkeit des Wirtschaftswachstums gewesen, insbesondere das der USA.
Doch Experten mahnten mit Blick auf den Januar zu Vorsicht. "Sobald im neuen Jahr alle aus ihrem Urlaub zurückkommen, steht ein Realitätscheck für die Jahresendrally am Aktienmarkt an", sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter QC Partners. "Dann muss sich zeigen, wie sehr die Börsianer zum Jahresstart ins Risiko gehen. Und ob sie wirklich bereit sind, auf den aktuellen Kursniveaus auch größere Summen zu investieren." Die hohen Erwartungen der Investoren hinsichtlich Zinssenkungen hielten viel Enttäuschungspotenzial bereit, sagte Takehiko Masuzawa vom Broker Phillip Securities in Japan.
Die deutschen Unternehmen schafften es trotz hoher Energiekosten und politischem Gegenwind, solide Gewinne zu erwirtschaften. Haupttreiber der Aktienkurse waren aber die Zinsen - insbesondere im letzten Viertel des Jahres. Nachdem die Renditen an den Anleihemärkten im Oktober auf mehrjährige Höchststände gestiegen waren, ging es danach rapide bergab. Zum Jahresende lagen sie beispielsweise im Zehnjahresbereich in Deutschland bei 2,0 Prozent, in den USA mit 3,88 Prozent deutlicher darüber. Im jeweiligen Hoch hatten die Anleihen im Oktober bei knapp 3 und knapp 5 Prozent rentiert.
Sinkende Inflationsraten hatten nach sechs Zinserhöhungen 2023 das Feld bereitet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) 2024 eine weniger restriktive Zinspolitik fahren kann. Die damit einhergehende Spekulation auf im kommenden Jahr deutlich sinkende Leitzinsen sorgte für Druck auf die Marktzinsen und bescherte dem Aktienmarkt eine Jahresendrally. Die Geopolitik mit dem andauernden Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und dem Terrorangriff auf Israel kam dagegen letztlich nicht an, sie sorgte nur zwischenzeitlich für Störfeuer am Aktienmarkt.
Schwergewichte ziehen Index nach oben
Der DAX profitierte von der Stärke seiner Schwergewichte: SAP (44,7 Prozent) , Siemens (31,7 Prozent) und auch Airbus (25,8 Prozent) schnitten teils deutlich besser ab als der Index. Obwohl Siemens nahe einem Rekordhoch notieren, sehen Analysten mit Kurszielen um 200 Euro weiteres Potenzial, auch weil die Aktie im Vergleich zu europäischen Wettbewerbertiteln preiswert sei.
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Mehr als 50 Prozent legten die Aktien von Rheinmetall und Heidelberg Materials zu und waren damit die Spitzenreiter. Covestro beendeten 2023 mit einem Plus von 44,1 Prozent. Kurstreiber waren Meldungen über Übernahme-Interesse des Ölkonzerns Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc), worauf Covestro dann auch bestätigte, dass man sich in ergebnisoffenen Gesprächen befinde. Zuletzt wurde in Berichten ein Übernahmepreis von bis zu 60 Euro je Aktie kolportiert.
Zwölf Werte verlieren gegen den Trend
Ungeachtet des guten DAX-Jahresergebnisses schlossen 12 der 40 DAX-Werte auf Jahressicht im Minus. Gegen den Trend verloren zum Beispiel Bayer rund 30 Prozent an Wert, belastet weiterhin von Prozessrisiken, immer noch resultierend aus der Monsanto-Übernahme im Jahr 2018. Zwar fallen Urteile wegen angeblicher Krebserkrankungen als Folge des von Monsanto entwickelten Unkrautvernichters Glyphosat auch immer wieder mal günstig für Bayer aus, aber längst nicht immer.
Dazu kam im November die Nachricht vom Abbruch einer Studie für den wichtigen Medikamentenkandidaten Asundexian wegen mangelnder Wirksamkeit. Der Gerinnungshemmer war als potenzieller Nachfolger des Medikaments Xarelto gesehen worden. Auf die Nachricht stürzte der Bayer-Kurs um rund 20 Prozent ab und hat sich seitdem nur leicht erholt.
Schwächste DAX-Werte waren 2023 Zalando (minus 35 Prozent) und Siemens Energy (minus 31,7 Prozent). Die Zalando-Aktie litt insbesondere unter der hohen Inflation, die bei den Konsumenten zu Kaufzurückhaltung führte. Siemens Energy wiederum warnte wiederholt wegen Problemen bei der spanischen Windenergietochter Gamesa. Als das Unternehmen im Oktober den Staat um Hilfe bat, brach der Kurs an nur einem Tag um bis zu 40 Prozent ein. Tatsächlich bat Siemens Energy aber nur um staatliche Garantien zur Aufnahme finanzieller Mittel, um die überbordenden Aufträge und Großprojekte abarbeiten zu können. Mit der Zusage staatlicher Garantien und auch Garantien von Banken sowie Hilfe der Mutter Siemens erholte sich der Kurs zumindest von diesem Rücksetzer dann innerhalb von drei Wochen wieder.
Zinskurs schlägt Krisen: DAX verbucht sattes Jahresplus - "Realitätscheck im Januar" - n-tv.de - n-tv NACHRICHTEN
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