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Monday, January 22, 2024

Christine Lagarde: EZB-Belegschaft laut IPSO-Umfrage unzufrieden mit EZB-Präsidentin - DER SPIEGEL - DER SPIEGEL

EZB-Chefin Lagarde

EZB-Chefin Lagarde

Foto: Hannibal Hanschke / EPA

Über ihre Chefs haben Mitarbeiter regelmäßig nicht nur positive Dinge zu erzählen. Besonders unangenehm wird es für das Management jedoch, wenn sich in einer Umfrage ein großer Teil insgesamt unzufrieden mit der Arbeit der hoch bezahlten Führungsriege äußert. So geschehen nun im Fall von Christine Lagarde.

Die französische EZB-Präsidentin hat zur Hälfte ihrer laufenden Amtszeit in einer Belegschaftsumfrage, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, ein eher schlechtes Führungszeugnis erhalten. Laut den Ergebnissen war zusammengenommen eine Mehrheit von 50,6 Prozent der 1089 Teilnehmer der Ansicht, insgesamt sei die Leistung von Lagarde bislang eher mager (30,49 Prozent) oder sehr mager (20,11 Prozent) gewesen. Durchgeführt wurde die Umfrage von der Notenbank-Gewerkschaft IPSO.

Draghi hatte deutlich bessere Werte

Darin stuften zusammengenommen nicht einmal ein Viertel der Teilnehmer Lagardes Leistung als gut (12,30 Prozent), sehr gut (7,99 Prozent) oder herausragend (2,57 Prozent) ein. Die ehemalige Chefin des Internationalen Währungsfonds leitet die Europäische Zentralbank (EZB) seit Ende 2019.

Die EZB beschäftigte zuletzt mehr als 3500 Mitarbeiter an ihrem Standort in Frankfurt am Main. Mitglieder der International and European Public Services Organisation (IPSO) sind mit sechs von neun Sitzen im Personalrat der Euro-Notenbank vertreten. Der Umfrage zufolge stimmten zusammengenommen nur 22,76 Prozent der Teilnehmer der Einschätzung zu oder stark zu, dass mit der ehemaligen Finanzministerin Frankreichs zum gegenwärtigen Zeitpunkt die richtige Person den Präsidentenposten innehabe. 53,48 Prozent widersprachen dieser Ansicht. Die verbliebenen 23,77 Prozent gaben an, sie könnten dies nicht sagen.

Eine ähnliche IPSO-Umfrage unter EZB-Beschäftigten hatte 2019 kurz vor dem Ausscheiden von Lagardes Vorgänger Mario Draghi ergeben, dass 54,5 Prozent seine Präsidentschaft mit »sehr gut« oder »hervorragend« bewerteten.

Aber auch damals hatte es reichlich Kritik gegeben. So hatten sich Notenbank-Beschäftigte unter anderem über mangelnde Transparenz bei Stellenbesetzungen und Günstlingskultur beschwert. Der neuen IPSO-Umfrage zufolge haben zusammengenommen 59,25 Prozent von 1075 Teilnehmern ein geringes oder gar kein Vertrauen in das sechsköpfige Direktorium der Notenbank. Das ist eine deutliche Verschlechterung im Vergleich zu einer ähnlichen IPSO-Umfrage im vergangenen Jahr. Damals waren es noch rund 40 Prozent gewesen.

Mehrfachabstimmungen?

Eine EZB-Sprecherin bezeichnete die IPSO-Erhebung als fehlerhaft. Die Erhebung hätte auch mehrmals von derselben Person ausgefüllt werden können. Ähnliche Kritik hatte die EZB bereits bei vorherigen Gewerkschaftsumfragen angebracht.

Die Sprecherin wies zudem darauf hin, dass bei EZB-eigenen Umfragen stets etwa 3000 Beschäftigte teilnähmen. Die IPSO erklärte, sie habe keine verdächtigen Aktivitäten festgestellt. Die Ergebnisse zeichneten ein faires Bild der Ansichten der Notenbank-Beschäftigten.

Die EZB-Sprecherin merkte ebenfalls an, die Erhebung befasse sich auch mit Themen, für die eher das EZB-Direktorium oder der EZB-Rat als nur allein die Präsidentin verantwortlich seien und die zudem nicht in den Zuständigkeitsbereich der Gewerkschaft fielen.

Nur wenige Monate nach dem Amtsantritt von Lagarde im November 2019 war die EZB mit dem Ausbruch der Coronapandemie konfrontiert. Ein scharfer Anstieg der Inflation folgte, was von den meisten Volkswirten in diesem Ausmaß nicht vorhergesehen wurde. Durch den Krieg in der Ukraine und die nachfolgende Energiekrise war die Teuerung danach noch weiter angefacht worden. Im Herbst 2022 lag sie im Euroraum sogar zeitweise bei mehr als zehn Prozent. Nach einer beispiellosen Serie von zehn Zinserhöhungen ist sie inzwischen auf 2,9 Prozent im Dezember gesunken. Viele Ökonomen hatten der Notenbank allerdings vorgeworfen, erst sehr spät mit den Zinsanhebungen gegengesteuert zu haben.

In der neuen IPSO-Umfrage hagelte es aber nicht nur negative Einschätzungen zu Lagarde. So fand eine Mehrheit von zusammengenommen 57,25 Prozent der Teilnehmer es positiv, dass Lagarde das Thema Umweltschutz in die Geldpolitik mitaufgenommen habe.

apr/Reuters

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