Die Teuerungsrate in Deutschland ist im November auf den höchsten Wert seit fast 30 Jahren gestiegen. Die Verbraucherpreise lagen 5,2 Prozent über Vorjahresniveau - vor allem wegen der explodierenden Energiekosten. Erstmals seit mehr als 29 Jahren ist die deutsche Inflationsrate im November über die Marke von fünf Prozent gestiegen, berichten die Statistiker des Statistischen Bundesamtes in ihren Vorbericht. Waren und Dienstleistungen kosteten 5,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Ein stärkerer Preisanstieg wurde zuletzt während der Wiedervereinig im Juni 1992 mit 5,8 Prozent gemessen. Für den starken Preisschub sorgte vor allem die extrem teure Energie. Im Oktober hatte die Inflationsrate noch bei 4,5 Prozent gelegen, im September bei 4,1 Prozent. Die Energiepreise waren im November nach Berechnungen von Destatis um 22,1 Prozent höher als ein Jahr zuvor.
Die Verbraucherpreise für Nahrungsmittel waren 4,5 Prozent höher als im vorigen Jahr. Dabei wurden die stärksten Preisaufschläge zuletzt für Brot mit 5 Prozent, für Fleisch mit 4,5 Prozent und für Milchprodukte mit 6 Prozent und bei Pflanzenölen sogar mit 7,3 Prozent (Stand Oktober) gemessen. Nur das bei Milch und Schweinefleisch davon nichts bei den Bauern ankommt.
Die Preise von Dienstleistungen stiegen ebenfalls um 2,8 Prozent, Wohnungsmieten verteuerten sich um 1,4 Prozent an. Commerzbank-Chefvolkswirts Jörg Krämer sagte gegenüber der Tageschau: „Mittlerweile legen die Preise auf breiterer Front zu, es geht nicht mehr nur um Energie oder einige besonders von Corona betroffene Güter".
Die deutsche EZB-Direktorin Isabel Schnabel erwartet jedoch nicht, das es so weiter geht. Sie sagte gegenüber dem ZDF: „Wir gehen davon aus, dass im November der Höhepunkt der Inflationsentwicklung erreicht ist". Die Teuerungsrate werde 2022 wahrscheinlich wieder in Richtung zwei Prozent sinken. Das ist die der Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB).
Kosten steigen so stark wie seit 70 Jahren nicht
Die steigenden Verbraucherpreise sind jedoch nur eine Seite der Medaille und spiegeln für die Landwirte auch den Anstieg der Erzegerpreise für Getreide, Pflanzenöle, Milchprodukte und Rindfleisch wider. Auf der anderen Seite explodieren die Kosten. Und das offenbar erheblich stärker als die Erlöse.
Das zeigt die Entwicklung der so genannten gewerblichen Erzeugerpreise der Industrie und der gewerblichen Produzenten. Diese Preise sind zusagen die Abgabepreise der Hersteller und zeigen die Preise die die Einkäufer aller Handelsstufen für diese Vorprodukte ausgeben müssen -also die Entwicklung der Kosten.
Die Erzeugerpreise, die als Indikator für die weitere Inflation gelten, sind im Oktober um 18,4 Prozent in die Höhe geschossen - und damit stärker als während der Ölkrise. Damit kletterten die Preise für gewerbliche Produkte so stark an wie seit 70 Jahren nicht mehr, teilte das Statistische Bundesamt heute mit. Das ist der stärkste Zuwachs seit November 1951. Auch zum Vormonat September verzeichneten die gewerblichen Erzeugerpreise ein Plus von 3,8 Prozent.
Haupttreiber für die Entwicklung waren auch hier die gewaltigen Preissprünge bei Energie, wo die Preise im Oktober im Durchschnitt um 48,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zulegten. Auch gegenüber dem Vormonat (September) stiegen die Energiepreise um gut zwölf Prozent. Besonders deutlich verteuerten sich Erdgas mit 81,4 Prozent und elektrischer Strom mit 49,6 Prozent.
Darüber hinaus kosteten viele Vorleistungsgüter wie Holz und Metall mit einem Aufschlag von rund 18 Prozent deutlich mehr. Verantwortlich sind unter anderem die Unterbrechungen der Lieferketten und die extrem hohen Transportkosten.
Auch die ständigen Lockdows in Europa und Asien während der Corona-Pandemie zeigen Wirkung. Am stärksten gestiegen sind die Preise für nichtmetallische Sekundärrohstoffe mit 95,7 Prozent, für Nadelschnittholz mit 91,8 Prozent sowie für Verpackungsmittel aus Holz mit 82 Prozent.
Die Inflation ist gekommen um zu bleiben
Die Europäische Zentralbank (EZB) hält den Preisauftrieb für eine vorübergehende Situation und erwartet eine Absenkung im Laufe des kommenden Jahres. Die Inflation dürfte nicht so schnell fallen, wie die EZB dies derzeit erwartet, sagte LBBW-Analyst Niklasch gegenüber der Tagesschau Er gehe davon aus, dass die Unternehmen zumindest einen Teil der dadurch entstehenden Kosten an die Endverbraucher weitergeben. "Inflation dürfte damit auch 2022 ein beherrschendes Thema bleiben."
Die Statistiker sagen: „Hauptverantwortlich für den Anstieg der gewerblichen Erzeugerpreise gegenüber Oktober 2020 war die Preisentwicklung bei Energie." Sie verteuerte sich um durchschnittlich 48,2 Prozent, allein zum Vormonat um gut zwölf Prozent. Klammert man Energie aus, lagen die Erzeugerpreise jedoch auch noch 9,2 Prozent über dem Vorjahr.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde hält die hohe Teuerung im Euro-Raum für eine temporäre Erscheinung und sieht sie ganz besonders als ein deutsches Phänomen. Die vorübergehende Absenkung und Wiederanhebung der Mehrwertsteuer hierzulande mache derzeit etwa 1,2 Prozentpunkte an der deutschen Inflationsrate aus, erklärte sie unlängst auf dem virtuellen European Banking Congress in Frankfurt. Von Juli bis Dezember würden bei der Messung der Inflation Preise mit der höheren Mehrwertsteuer aus diesem Jahr mit denen mit der niedrigeren Steuer 2020 verglichen.
Gegen diese Aussage spricht allerdings, dass die Preise für Energie, Nahrungsmittel und auch viele Vorprodukte und Rohstoffe europaweit steigen und in zahlreichen europäischen Ländern – wie n Frankreich, Spanien, Italien der Polen - schon Schutzmaßnahmen zu Gunsten der Verbraucher auslöst haben.
Die meisten Banker und Ökonomen widersprechen Lagarde zudem. "Diese Inflation wird länger anhalten, und die Inflationsraten werden höher bleiben als viele denken", sagte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing auf dem Frankfurter Banken-Kongress. Auch Commerzbank-Chef Manfred Knof betont, die Inflation sei gekommen, um zu bleiben.
Inflation und Kosten-Explosion bedrohen die Bauern - agrarheute.com
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