Die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft in Deutschland werden nach Einschätzung internationaler Konzerne immer schlechter. »Zu teuer und zu langsam bei der Transformation« lautet einer KPMG-Befragung zufolge das Fazit der Unternehmen für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Für das Steuersystem und die digitale Infrastruktur wurden in der Befragung besonders schlechte Noten vergeben. Hier habe Deutschland »im EU-Vergleich weiter an Wettbewerbsfähigkeit verloren«, teilte KPMG zu einer Erhebung mit, die am Mittwoch vorgestellt wird. Als größtes Investitionshemmnis nannten die befragten Konzernvorstände eine unzureichende digitale Infrastruktur. Für neun Prozent der Befragten ist sie »die schlechteste in der EU«, für weitere 24 Prozent zählt sie »zu den fünf schlechtesten in der EU«.
Die Wirtschaftsprüfer von KPMG hatten zwischen Mitte Juni und Mitte August 360 Finanzvorstände von deutschen Tochtergesellschaften ausländischer Mutterkonzerne aus den USA, China, Japan und Europa befragt. Jeweils mindestens 30 Tochtergesellschaften stammen aus jedem der acht größten Investorenländer der letzten Jahre: Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, der Schweiz, Österreich, China sowie Japan. Für die USA wurden 100 Finanzvorstände befragt. Zusätzlich wurden 50 aus Brasilien, Dänemark, Finnland, Griechenland, Indien, Italien, Schweden, Spanien sowie Südkorea befragt.
Gute Noten für Lebensstandard und politische Stabilität
Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: »Deutschland ist zu teuer – bei Strom, Steuern und Arbeitskosten.« Bei Industriestrom sei Deutschland mit Kosten von 18,18 Cent pro Kilowattstunde inzwischen das Schlusslicht in der EU. Das deutsche Steuersystem stuften die befragten Finanzvorstände zudem »als nicht wettbewerbsfähig« ein.
Bemängelt würden inzwischen auch marode Straßen, Brücken und Schienen. Nur noch 59 Prozent der befragten Konzernvorstände stuften die logistische Infrastruktur unter den Top 5 in der EU ein.
Die schlechte Bewertung hat laut KPMG-Befragung auch Folgen: Die Konzerne führen ihre Investitionen hierzulande zurück. Der Untersuchung zufolge planen nur noch 19 Prozent, in den kommenden fünf Jahren mindestens zehn Millionen Euro pro Jahr in Deutschland zu investieren. Vor vier Jahren wollten dies noch 34 Prozent.
Die besten Bewertungen erhält der Wirtschaftsstandort für Lebensstandard (81 Prozent), öffentliche Sicherheit (80 Prozent) und politische Stabilität (80 Prozent). Als Forschungsstandort sehen 56 Prozent der befragten Manager Deutschland im EU-Vergleich in der Spitzengruppe. Deutliche Fortschritte gebe es bei der Verfügbarkeit qualifizierter Fachkräfte: Laut der KPMG-Umfrage sehen 38 Prozent der Konzerne Deutschland in diesem Punkt unter den Top 5 in der EU.
Allerdings liegen die Arbeitskosten mit durchschnittlich 36,60 Euro pro Stunde weit über dem EU-Durchschnitt von 28,50 Euro. Aufgrund der hohen Arbeitsproduktivität hätten internationale Investoren dies bislang in Kauf genommen. Für 72 Prozent der Befragten zählte Deutschland hier zur Spitze. »Jedoch nehmen Investoren die seit 2018 währende Stagnation der Arbeitsproduktivität in Deutschland mit Sorge wahr.«
Auch zähle nur noch jeder dritte Befragte Deutschland zu den Top-5-Standorten mit einem innovationsfördernden Umfeld. Die Attraktivität des Standorts schwinde. »Ein weiteres Anwachsen von Regulierung und Bürokratie infolge der geplanten EU-Umweltgesetzgebung« sei eine Bedrohung für den Investitionsstandort Deutschland, warnte KPMG-Bereichsvorstand Andreas Glunz.
Zu teuer, zu langsam, zu marode: Konzerne rechnen mit Wirtschaftsstandort Deutschland ab - DER SPIEGEL
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