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Tuesday, January 25, 2022

Was die italienische Airline Ita für Lufthansa interessant macht - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Kein allzu großer Kapitaleinsatz und trotzdem größer in Italien Fuß fassen – für die Deutsche Lufthansa erscheint der Plan, sich gemeinsam mit der Containerschiff- und Kreuzfahrtreederei MSC die Fluggesellschaft Ita zu nähern, überaus attraktiv. Lufthansa hatte stets Interesse am Geschäft in Italien bekundet.

Das Land ist ohnehin der größte europäische Auslandsmarkt, in dem der Konzern nicht mit einer Tochtergesellschaft wie in Österreich, der Schweiz und Belgien präsent ist. Doch einem Einstieg bei der dauerleidenden Ita-Vorgängerin Alitalia lehnte der Konzern trotz massivem Werbens aus Italien stets ab. Zu groß war das finanzielle Risiko.

Das hat sich mit dem Vorstoß der schweizerisch-italienischen Reederei, die ihren Hauptsitz ohne Meerzugang in Genf hat, geändert. MSC hat Interesse an einer Mehrheit an Ita bekundet. Die noch staatliche Fluggesellschaft ist neu aufgestellt, von Alitalia-Altlasten erleichtert, die Flotte ist geschrumpft. Das Interesse von MSC, mit Lufthansa als Partner nach Ita zu greifen, ist nach F.A.Z.-Informationen für Europas größten Luftfahrtkonzern noch so frisch, dass man in der Lufthansa-Zentrale noch intensiv über das weitere Vorgehen berät.

Lufthansa-Beteiligung möglich

Am Dienstag sollte es direkt auf die Tagesordnung des Vorstands kommen. Dabei gilt sogar nicht mehr als ausgeschlossen, dass Lufthansa doch im ersten Schritt gleich Ita-Anteile übernimmt. Entschieden ist aber nichts. MSC und Lufthansa wünschen nun eine 90-Tage-Frist, während der die beiden Konzerne exklusiv Ita-Bücher prüfen und mögliche Hürden ausloten wollen. Diese Frist werde man nutzen, um sämtliche Optionen einschließlich einer Beteiligung zu prüfen, sagte ein Lufthansa-Sprecher am Dienstag.

Ita-Präsident Alfredo Altavilla ist derweil in seiner Euphorie kaum zu bremsen. Die industrielle Logik der Offerte sei „sehr überzeugend“, sagte er dem „Handelsblatt“, lobte das „strategische Geschick“ der Chefs von Lufthansa und MSC, Carsten Spohr und Gianluigi Aponte. Zugleich stellte er in Aussicht, Ita werde nach Verhandlungsabschluss das Luftfahrt-Bündnis Skyteam um Air France-KLM verlassen und sich der Star Alliance um Lufthansa zuwenden, Teil des Lufthansa-Vielfliegerprogramms Miles & More wolle man dann auch werden.

Für Lufthansa ist Italien ein Dauerthema. 2008 schuf der Konzern sogar die Tochtergesellschaft Lufthansa Italia, um von der chronischen Schwäche von Alitalia zu profitieren. Doch 2011 gab man das Projekt wieder auf. „Angesichts des Preisverfalls im Kontinentalverkehr“ sei es „außerordentlich schwierig“ gewesen, in Italien ein profitables Netz mit Europa-Strecken unter einer separaten Marke zu etablieren, begründete der damalige Vorstandsvorsitzende Christoph Franz die Wende.

Die Rolle von Ryanair in Italien

Danach widerstand der Konzern dem wiederholten Werben aus Italien, sich an Alitalia zu beteiligen. Gleichzeitig bekundete Lufthansa aber stets Interesse, mit einer entschlackten „New Alitalia“ ins Geschäft zu kommen. Mit der neuen Ita, die seit Herbst 2021 fliegt, sieht man in der Lufthansa-Zentrale in Frankfurt offenbar vieles von dem umgesetzt, was man einst mit „New Alitalia“ meinte.

Wegen der vielen Krisen von Alitalia haben sich in Italien die Billigflieger Ryanair und Easyjet über die Jahre die Führungspositionen für Kurz- und Mittelstreckenflüge gesichert. Auf Europa-Strecken träte Lufthansa in einem Pakt mit Ita mehr mit diesen in Wettbewerb, als es in Deutschland je der Fall war. Daher dürfte sich das aktuelle Interesse vor allem auf Fernflüge mit Kunden aus Italien und auf dem Weg dorthin richten.

Bislang bietet Lufthansa Zubringer zu ihren Drehkreuzen wie Frankfurt und München, an denen Passagiere umsteigen müssen. Wie bei der Übernahme von Austrian Airlines und Swiss dürfte nun mit Blick auf Ita das Ziel sein, nicht das Langstreckengeschäft im Ausland stark zu kürzen. Vielmehr wird darum gehen, mit italienischen Standorten das Netz engmaschiger zu gestalten – zumal der British-Airways-Mutterkonzern IAG gerade einen neuen Anlauf nimmt, bei der spanischen Air Europa einzusteigen.

Synergien im Frachttransport

Auch der Frachtflug spielt eine Rolle, in dem einst Alitalia wenig präsent war und es Ita auch heute nicht ist. In der Corona-Pandemie hat sich Lufthansa Cargo mit Rekordergebnissen, während der Rest des Konzerns litt, zur Perle entwickelt. Nahezu alle Branchenschätzungen gehen davon aus, dass Engpässe in Lieferketten andauern werden, und sich somit hohe Frachtraten durchsetzen lassen.

Größter Containerschiffreeder: MSC-Schiff in Hamburg

Größter Containerschiffreeder: MSC-Schiff in Hamburg : Bild: dpa

MSC ist der größte Containerschiffreeder der Welt vor Maersk aus Dänemark. Überlegungen, die eigene Wertschöpfungskette auszudehnen, dürften angesichts der hohe Transportnachfrage und Engpässen bei Containern an Aktualität gewonnen haben. Frachtflüge werden so zur Ergänzung für Containerschiffe. Das Interesse an Ita gründe „auf der Möglichkeit für Synergien“ im Frachttransport und in der Passagierbeförderung, hatte MSC am Dienstagabend mitgeteilt. Finanziell dürfte die Reederei für einen Einstieg gerüstet sein, die hohen Preise im Containertransport halfen schon in der Corona-Krise, die Schwierigkeiten der MSC-Kreuzfahrtschiffe wegzustecken, ohne staatliche Hilfen anzufragen.

Ein Rolle – wenn auch eine untergeordnete – wird für MSC spielen, die Kontrolle über Flugkapazitäten zu bekommen, um Urlauber zu den eigenen Ferienschiffen zu bringen. In der Pandemie hatte der Konzern Mühe, separate Flüge für seine Urlaubskunden zu organisieren, um diese zu Starthäfen zu bringen. Denn Airlines hatten Flugpläne ausgedünnt und Flugzeuge längerfristig geparkt.

Nach der Pandemie strebt MSC an, größte Kreuzfahrtmarke in Europa zu werden, wie Kreuzfahrtchef Gianni Onorato 2021 im Gespräch mit der F.A.Z. sagte. Bis 2027 steht die Auslieferung von acht bestellten Urlauberschiffen aus. Von 2023 an sind weitere Aufträge für die nächsten Schiffsgeneration in Planung. Die Kreuzfahrtpassagiere werden nicht ausreichen, um die Sitze in Ita-Flugzeugen zu füllen. Lufthansa mit deren Interesse am italienischen Markt ins Bündnis zu holen, war für MSC daher der Kniff, um den eigenen Ita-Plan zu komplettieren.

An der Börse wurden die Meldungen über die mögliche Lufthansa-Rolle in der Ita-Zukunft vorsichtig optimistisch aufgenommen. Die Lufthansa-Aktien stand am Dienstag im Handelsverlauf mit einem Kursplus von 1,8 Prozent auf der Gewinnerseite im M-Dax.

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