Bundesbank-Präsident Joachim Nagel sieht keine rasche Rückkehr zu dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) angestrebten Inflationsziel. Im Gespräch mit RTL/ntv sagte Nagel, das Inflationsziel der EZB laute zwei Prozent, dort werde man wieder hinkommen. Allerdings werde das noch etwas dauern.
Zunächst werde es im Dezember niedrigere Inflationsraten geben als Folge der Gaspreisbremse. 2023 würden dann aber wieder sieben Prozent erreicht. »Ab dem Jahr 2024 werden die Inflationsraten dann deutlich zurückgehen«, sagte der Bundesbank-Präsident weiter. Zinserhöhungen hätten Wirkungsverzögerungen von 18 Monaten bis zu zwei Jahren: »Deswegen muss ich an dieser Stelle noch um Geduld bitten.« Ähnlich äußerte sich Nagel auch im Gespräch mit dem »Stern«.
Kräftige Lohnsteigerungen erwartet
Die EZB strebt für den Währungsraum mittelfristig ein stabiles Preisniveau bei einer jährlichen Teuerungsrate von zwei Prozent an. Getrieben wird die Inflation vor allem von Energie- und Lebensmittelpreisen, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine kräftig gestiegen sind. In diesem Jahr wird die Teuerungsrate im Euroraum nach Einschätzung der Notenbank im Schnitt 8,4 Prozent betragen. Für das kommende Jahr rechnen die Experten im Jahresschnitt mit 6,3 Prozent. 2024 könnte die Teuerung dann auf 3,4 Prozent sinken und 2025 auf 2,3 Prozent.
Dem »Stern« sagte Nagel, Arbeitnehmer in Deutschland hätten gute Chancen, in den kommenden Jahren deutlich mehr zu verdienen. »Wir rechnen damit, dass die Löhne in Deutschland in den nächsten Jahren kräftiger steigen werden als in den vergangenen.« Grund sei trotz Wirtschaftskrise, Inflation und hoher Energiepreise der stabile Arbeitsmarkt, der ein »echter Lichtblick« sei.
Zuletzt waren Tarifverhandlungen geprägt von der Debatte über eine drohende »Lohn-Preis-Spirale«, die die ohnehin hohen Inflationsraten weiter anheizen könnte. Ökonomen hatten vor zu hohen Lohnabschlüssen gewarnt. Steigen Löhne als Reaktion auf die hohe Inflation zu stark, könnte das die Preise weiter nach oben treiben.
Nagel lobte dagegen im »Stern«-Gespräch die Zurückhaltung der Tarifpartner. »Eine Lohn-Preis-Spirale suggeriert massive Lohnerhöhungen, die dann die Preise treiben. Aktuell sei es eher umgekehrt: Wir haben einen Kostenschub erlebt, der zu höheren Preisen geführt hat.« Die Lohnabschlüsse in diesem Jahr hätten »erkennbar die Balance« zwischen den Interessen der Arbeitnehmer und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gehalten.
Hohe Inflation: Bundesbankpräsident verspricht Normalisierung erst für 2024 - DER SPIEGEL
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