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Saturday, April 29, 2023

Nach Viessmann-Deal: Nun steht China bei den Wärmepumpen in den Startlöchern - fr.de

Die Wärmepumpen-Branche ist besorgt über den erwarteten Wettbewerb aus Asien. Nun verkauft Europas Marktführer Viessmann an den finanzstarken US-Konzern Carrier. Kann das helfen?

München – Den ganzen Tag kursierten bereits Gerüchte, am späten Dienstagabend dann kam die Bestätigung: Der Heizungsbauer Viessmann, Europas Marktführer bei Wärmepumpen, verkauft genau dieses lukrative Segment an den US-Konzern Carrier Global. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kündigte an, den Deal unter die Lupe zu nehmen. „Wichtig ist, dass die Vorteile unserer Energiepolitik und Gewinne, die damit erwirtschaftet werden, auch weiter dem Standort Deutschland zugutekommen“, teilte Habeck am Mittwoch mit. „Darauf werden wir achten.“ Dennoch ist die Stimmung einigermaßen entspannt. Man mag sich kaum die Aufregung vorstellen, hätte ein Konkurrent aus China nach Viessmann gegriffen.

Beide, China und die USA, gelten als gefährlichste Wettbewerber für die deutsche Wärmepumpenbranche. Die Geräte sollen entscheidend zur Wärmewende beitragen, sie sind in ganz Europa auf der Erfolgsspur. Bislang werden die Wärmepumpen für den deutschen Markt hauptsächlich auch hierzulande produziert. Doch mehrere Hersteller aus China, Japan, Südkorea und den USA drängen auf den boomenden Markt. Und immer mehr Komponenten kommen aus Asien, vor allem Chips aus Taiwan und andere Teile aus der Volksrepublik China.

Wärmepumpen: Asiens Hersteller in den Startlöchern

Droht eine Wiederholung des Photovoltaik-Debakels? Zur Erinnerung: Die deutsche Photovoltaik-Branche ging vor mehreren Jahren angesichts einer Schwemme günstiger Anlagen von staatlich subventionierten Herstellern aus China in die Knie. Der deutsche Marktanteil von weltweit rund 20 Prozent stürzte von 2008 an regelrecht ab. Viele Anbieter gingen pleite, Bosch löste seine Solarsparte auf. Der Vorgang zeigte, wie rasant eine solide Wettbewerbsposition verloren gehen kann. Damals wollte der Staat nicht unterstützend eingreifen. Das ist nun anders: Sowohl Berlin als auch die EU wissen inzwischen, dass die Staaten angesichts subventionierter Wettbewerber in den Schlüsseltechnologien der Zukunft auch selbst Geld in die Hand nehmen müssen.

„Das Negativbeispiel der Photovoltaik-Industrie steht omnipräsent im Raum. Das möchte niemand wiederholen“, sagt Björn Schreinermacher, Leiter Politik beim Bundesverband Wärmepumpe. „Wir befinden uns in einer heiklen Übergangsphase, wo wir die ganze Zeit auch gucken müssen, wie die Wettbewerber sich aufstellen.“ Zwar seien europäische Wärmepumpenhersteller in einigen Bereichen Technologieführer, vor allem bei wassergeführten Wärmepumpensystemen. Doch dieser Vorteil trage nicht dauerhaft, weil Wettbewerber aus Asien und Nordamerika aufgrund der dortigen Subventionen schnell aufholen, so Schreinermacher zum Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA.

Wärmepumpen: Subventionierte Hersteller aus dem Ausland drängen auf den boomenden EU-Markt

In den USA ist das unter anderem eben Carrier Global. Bekannte Anbieter aus Japan sind Daikin und Mitsubishi. Auch der riesige Mischkonzern Samsung aus Südkorea – hierzulande eher bekannt durch seine Smartphones – produziert Wärmepumpen für den Export. Und zu den größten Wärmepumpenlieferanten Chinas gehören große Haushaltsgerätehersteller wie Gree, Midea oder Haier. China nimmt Europas Märkte bislang vor allem bei den Luftwärmepumpen ins Visier, die es auch im Inland in immer größerer Stückzahl verbaut. Im ersten Halbjahr 2022 schnellten Chinas Exporte von Luftwärmepumpen nach oben. In der EU gingen nach einem Bericht der staatlichen China Daily allein nach Bulgarien 2022 mehr als das siebenfache Volumen als im Vorjahreszeitraum, nach Polen das fünffache und nach Italien das dreifache. 

Der EU-Markt für Wärmepumpen ist attraktiv, denn er wächst derzeit mit 35 Prozent so schnell wie keine andere Region der Welt. Für 2030 erwartet die Internationale Energie-Agentur (IEA) einen Jahresabsatz von bis zu sieben Millionen Geräten – gegenüber zwei Millionen in 2021. In China boomt die Technologie ebenfalls: 2021 wurden dort nach IEA-Angaben rund 13 Millionen Wärmepumpen installiert. 

In Deutschland wurden im vergangenen Jahr rund 236.000 Wärmepumpen verkauft, das waren sogar 53 Prozent mehr als 2021. Deutsche Hersteller erwirtschafteten 2022 rund 2,8 Milliarden Euro. Die Bundesregierung peilt einen jährlichen Absatz von 500.000 Stück an. Die Hersteller erweitern daher mit hohem finanziellem Einsatz ihre Kapazitäten. Vaillant steigerte seine Kapazität mit der kürzlichen Eröffnung einer Mega-Fabrik im slowakischen Senica um jährlich 300.000 Wärmepumpen auf weit über eine halbe Million Geräte. Und auch Viessmann selbst hatte angekündigt, bis 2025 eine Milliarde Euro in den Ausbau seiner Produktion zu investieren.

Viessmann: Zusammen sind wir stärker

Doch das Familienunternehmen Viessmann scheint nun nicht mehr allein vorangehen zu wollen. Max Viessmann, CEO der Viessmann Group, bezeichnete es am Dienstagabend so: „Wir können die weltweite Energiewende nur dann erfolgreich meistern, wenn Unternehmen global denken, handeln und zusammenarbeiten.“ Durch das Zusammengehen mit Carrier schaffe man einen „zukunftssicheren“ globalen Player für Klimalösungen. „Durch den Zusammenschluss entsteht aus einer Position der Stärke heraus ein schnell wachsender Innovationsführer in einem hart umkämpften Markt.“

Viessmanns Worte verpacken den Deal positiv, zeigen aber doch den ganzen Respekt, der in der Branche vor den künftigen Wettbewerbern herrschen muss. Noch liege der Anteil Chinas auf dem deutschen Markt nur bei gut 20 Prozent, teilt der Bundesverband Wärmepumpe unter Berufung auf das Fraunhofer-Institut mit. Doch so hatte es bei der Photovoltaik auch angefangen. Der Verband und die Hersteller drängen daher auf staatliche Unterstützung. „Der Wettbewerb in der Wärmepumpen-Industrie wird sich auch über den Preis entscheiden – und daher sind Subventionen schon entscheidend“, sagt Schreinermacher. Auch in Europa läuft eine Kampagne für eine Antwort auf die Subventionen der USA, Chinas und anderer Staaten.

Wärmepumpen-Deal: Regierung sieht Qualitätsbeweis für den Standort Deutschland

Welche Konsequenzen das Zusammengehen von Viessmann und Global Carrier haben wird, ist noch offen. Hilft Carrier mit seinem großen Kapital, die nötige Größe aufzubauen, um Konkurrenz aus Asien abzuwehren? Oder will das Unternehmen vor allem einen europäischen Konkurrenten aus dem Weg räumen? „Wir kommen, um in Deutschland zu investieren, um in die Belegschaft zu investieren, in Wachstum zu investieren“, betonte Carrier-Chef David Gitlin.

Als Rückschlag für die Wärmepumpen-Branche sieht die Bundesregierung das Geschäft jedenfalls nicht. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte am Mittwoch, das Beispiel zeige zunächst einmal, dass deutsche Hersteller über Know-how für Zukunftstechnologien verfügten und internationales Kapital anzögen. Wirtschaftsminister Habeck wehrte sich am Mittwoch auch gegen einen Vergleich zur deutschen Solarindustrie. „Wir werden uns das Vorhaben im Rahmen der vorgesehenen Prüfschritte anschauen und sind im Gespräch mit dem Verkäufer und dem Investor“, teilte Habeck mit. „Damit das Projekt unserer Wirtschaft und dem Standort Deutschland dient.“

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