Düsseldorf Der US-Autoriese Ford steht offenbar kurz vor dem Verkauf seines deutschen Werks in Saarlouis. „Wir befinden uns derzeit in fortgeschrittenen Verhandlungen mit Investoren mit dem Potenzial, rund 2500 Arbeitsplätze zu schaffen“, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Ziel sei es, den Standort „umzugestalten und künftige Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen“.
Derzeit sind rund 4500 Mitarbeiter bei Ford im Saarland beschäftigt. Am Donnerstagmittag fand eine Betriebsversammlung vor Ort statt, auf der die Mitarbeiter ein Update zur Zukunft des Standorts von Deutschlandchef Martin Sander erhielten. Allerdings blieb die Veranstaltung noch ohne finale Ergebnisse. Wenn weiter nichts komme, seien Streiks möglich, drohte die Gewerkschaft IG Metall.
Fords Ziel ist es, „schnellstmöglich“ eine Vereinbarung mit einem Käufer zu erzielen – einen sogenannten Letter of Intent. Dieser wäre die Basis für weitere Gespräche und um den Mitarbeitern eine Perspektive zu bieten, erklärt das Unternehmen. Man spreche nicht mehr von Monaten bis zu einer Entscheidungsverkündung, sagte eine Person, die mit dem Stand der Verhandlungen vertraut ist. Ein Letter of Intent ist eine schriftliche Vorvereinbarung, die rechtlich nicht bindend ist.
BYD als Käufer des Ford-Werks in Saarlouis?
Details zu einem Investor gab Ford nicht bekannt. Aus Kreisen, die nah an den Verhandlungen dran sind, verlautet es jedoch, dass sich die Wahl auf ein bis zwei Kandidaten kapriziert hat. Von einer Person hieß es, dass keiner der engeren Käuferkandidaten aus Europa komme. Insgesamt soll Ford mit etwa 30 Investoren gesprochen haben.
Einer der Kandidaten, mit denen Ford zuletzt Gespräche geführt haben soll, ist nach Informationen des Handelsblatts der chinesische Autobauer BYD. Allerdings soll das Unternehmen nicht der derzeitige Favorit sein.
BYD könnte dem Wunsch Fords nachkommen, das Werk weiter als Fertigungsstätte für die Autobranche zu betreiben. Ford betont immer die gute Infrastruktur des Standorts für die Industrie und das hohe Qualifizierungsniveau der Belegschaft.
Auf der anderen Seite gilt BYD als direkter Rivale von Volumenherstellern wie Ford oder Volkswagen. Das Unternehmen ist derzeit auf Expansionskurs – auch in Europa. Auf einem Finanztreffen in den USA sagte Ford-CEO Jim Farley kürzlich, seine Hauptkonkurrenz seien „nicht Toyota oder General Motors“, sondern die chinesischen Autohersteller.
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Werksverkauf könnte politische Friktionen mit sich bringen
Laut dem Wirtschaftsdienst „Bloomberg“ soll neben BYD auch eine Gruppe kleinerer chinesischer Autobauer an dem Ford-Standort im Saarland interessiert sein. Ein Deal mit einem chinesischen Investor dürfte Berlin auf den Plan rufen, da die Bundesregierung um Kanzler Olaf Scholz (SPD) derzeit viel tut, um die wirtschaftliche Abhängigkeit von der Volksrepublik zu verringern und somit Lieferketten hierzulande widerstandsfähiger zu machen. Als weiteres Szenario ist eine Batterie-Recyclinganlage auf dem Gelände im Gespräch.
Im Ford-Werk in Saarlouis wird derzeit das Kompaktmodell Focus gebaut. Die Produktion wird 2025 eingestampft, wie Ford bereits im Sommer 2022 verkündete. Den Zuschlag für eine neue Elektroauto-Plattform erhielt ein Werk im spanischen Valencia. Seither ist die Zukunft der Ford-Beschäftigten im Saarland ungewiss.
Im Zuge der Umstellung auf Elektromobilität reduziert der US-Autobauer in Europa seine Präsenz massiv. So sollen in den kommenden drei Jahren bis zu 3800 Jobs bei Ford auf dem Kontinent wegfallen, die meisten davon in Deutschland und Großbritannien.
Ford will 1000 Arbeitsplätze im Saarland erhalten
Für den Standort Saarlouis hat Ford die Zusage gemacht, etwa 1000 Arbeitsplätze zu erhalten. Allerdings würde diese Zusage obsolet, sobald das Werk als Ganzes den Besitzer wechselt. Auch ist mehreren Hundert Mitarbeitern in Saarlouis angeboten worden, an den Standort Köln zu wechseln, wo Ford kürzlich sein „Electric Vehicle Center“ eingeweiht hat.
Neben einem Ankerinvestor, der den Standort als Fertigung weiterbetreibt, liegt auch die Option eines Mehrzweck-Innovationsparks auf dem Tisch. Allerdings wird das Ford-intern als Plan B für den Standort gesehen.
Von Betriebsratsseite heißt es, dass den Mitarbeitern nach einem Jahr der Ungewissheit schnell eine Lösung präsentiert werden müsse. Die Gewerkschaft IG Metall fordert einen Sozialplan für den Fall, dass keine Anschlusslösung für das Werk gefunden werde. Es geht um Abfindungen in Höhe von mindestens 100.000 Euro plus Zuschläge. Am Montag waren Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag zwischen Geschäftsführung und Gewerkschaft wie erwartet zunächst gescheitert.
Ford-Werk in Saarlouis: Neuer Investor könnte 2500 Arbeitsplätze schaffen - Handelsblatt
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