Signa Prime hält prestigeträchtige Immobilien im deutschsprachigen Raum. Zum Portefeuille gehören auch Liegenschaften, die an die Globus-Warenhauskette vermietet sind.
Vor rund einem Monat hat René Benkos Signa-Holding Insolvenz angemeldet, später entschlossen sich weitere kleine Signa-Firmen zu diesem Schritt. Am Donnerstag hat die Tochtergesellschaft Signa Prime dasselbe Schicksal ereilt. Beim Handelsgericht in Wien hat das Management einen Antrag auf Insolvenz mit Eigenverantwortung eingereicht. Die Firmenführung ist also zum Schluss gekommen, dass die liquiden Mittel nicht mehr ausreichen, um die Rechnungen zeitgerecht zu begleichen. Zudem ist die Firma überschuldet.
Signa Prime gehören 54 Immobilien vornehmlich in den deutschsprachigen Ländern. In der Schweiz besitzt das Unternehmen eine Beteiligung von 50 Prozent an den Liegenschaften, die an die Globus-Warenhauskette vermietet sind. Die andere Hälfte gehört der Central Group aus Thailand. Für das Handelsgeschäft von Globus dürfte der Insolvenzantrag vorerst keine Folgen haben. Möglich ist, dass Central die Immobilien vollständig übernimmt. Die Thailänder haben zwar schon vor Wochen – allein oder mit einem Partner – bei Bedarf Unterstützung für die europäischen Luxuswarenhäuser signalisiert, konkretisiert hat sich aber bisher noch nichts.
An den Immobilien von Globus beteiligt
Signa Prime ist das bedeutendste Unternehmen von Benkos Firmengruppe. Es besass und bewirtschaftete laut Geschäftsbericht Ende 2022 Immobilien im Wert von 20,4 Milliarden Euro. In jenem Jahr erlitt das Unternehmen einen Verlust von 1 Milliarde Euro. Dieser war massgeblich auf Abschreibungen in derselben Höhe zurückzuführen.
Sie mussten in erster Linie wegen der steigenden Zinsen vorgenommen werden. Im Raum steht allerdings auch der Verdacht, dass die Signa ihre Immobilien aggressiv bewertet hat, etwa um an neue Kredite zu gelangen. Ende November hätte Signa Prime zudem eine Anleihe im Umfang von 200 Millionen Euro zurückzahlen müssen.
Signa und Central hatten Globus im Mai 2020 von der Migros übernommen. Die Transaktion ist dem Vernehmen nach auch von Julius Bär und einigen Kantonalbanken finanziert worden. Julius Bär vergab an die Signa-Gruppe Kredite von 606 Millionen Franken. Dafür hat sie bereits Rückstellungen von maximal 70 Millionen Franken getätigt, weitere dürften folgen. Die Darlehen sind an verschiedene Einheiten von Signa geflossen. Sonst hat bisher keine europäische Bank offengelegt, wie hoch das Engagement gegenüber Benkos Firmengruppe ist.
Grossprojekte in Deutschland
Sehr häufig befinden sich die Immobilien von Signa Prime an zentralen Lagen in den Innenstädten. In Wien besitzt die Firma etwa das sogenannte Goldene Quartier im ersten Bezirk mit Wohn-, Büro- und Detailhandelsräumlichkeiten sowie das Hotel Park Hyatt. In Deutschland umfasst das Portefeuille Immobilien in Hamburg, Düsseldorf, Berlin, München und Hamburg. Die Liegenschaften der deutschen Galeria-Kette und des Londoner Warenhauses Selfridges besitzt Signa Prime zur Hälfte, die Immobilie des Berliner Warenhauses KaDeWe gehört ihr zu 50,1 Prozent.
Gleichzeitig errichtet das Unternehmen teilweise umfangreiche Überbauungen. Das wohl bekannteste Vorhaben ist der Elbtower in Hamburg, das mit 64 Stockwerken das höchste Gebäude der Stadt werden soll.
Auf den Baustellen der Signa-Gruppe waren die Arbeiten jedoch schon vor Weihnachten mehrheitlich eingestellt worden, weil das Unternehmen zumindest teilweise Rechnungen nicht mehr beglichen hatte. Die Umbauarbeiten des Globus-Warenhauses in Basel sind dagegen weitergegangen, und man ist im Zeitplan.
Baustopps sind finanziell problematisch, weil dadurch die Kosten eines Projekts stark steigen. Die Zeit drängt also, auch um die Gläubiger zu bedienen.
Zinsen übersteigen den Betriebsgewinn
Die Finanzkennzahlen von Signa Prime hatten bereits 2022 wenig solide gewirkt. So war der Betriebsgewinn der Gesellschaft niedriger als die Zinsaufwendungen. Die Gesellschaft war also nicht mehr in der Lage, die Kosten für Anleihen und Bankkredite aus dem laufenden Betrieb zu finanzieren. Dieses Missverhältnis dürfte sich in den vergangenen Monaten infolge der steigenden Zinsen verstärkt haben.
Die Beteiligungsverhältnisse bei der Signa-Gruppe sind sehr undurchsichtig. Deren Gläubiger beklagen sich, sie könnten sich keinen Überblick darüber verschaffen, wie die Aktiven und die Passiven des Unternehmens aussehen. Die Signa-Holding besitzt 58 Prozent an der Signa Prime, die Dachgesellschaft ihrerseits gehört zu 51 Prozent der Familie-Benko-Privatstiftung.
Die Signa-Holding hat bei Firmen des Konglomerats Verpflichtungen von mehreren hundert Millionen Euro. Wahrscheinlich bestehen solche auch gegenüber der Signa Prime. Laut dem Insolvenzantrag besitzt diese Forderungen gegenüber anderen Unternehmen der Signa-Gruppe in Höhe von 2,5 Milliarden Euro. Benkos Firmenkonstrukt wirkt daher wie ein Kartenhaus, das gerade in Zeitlupe zusammenfällt.
Weitere Insolvenzanträge sind absehbar. Am 29. Dezember soll laut Angaben des Managements auch die Signa Development einen solchen Schritt vollziehen. Diese Gesellschaft verfolgt Immobilienprojekte an weniger zentral gelegenen Standorten als Signa Prime.
Das Management arbeitet weiter
Wie die Signa Holding strebt Signa Prime ein Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung an. Das bedeutet, dass das bestehende Management die Firma weiterhin führt, der Insolvenzverwalter aber zu allen Ausgaben das letzte Wort hat. Ziel des Verfahrens ist es laut dem Signa-Prime-Management, den Geschäftsbetrieb langfristig fortzuführen. Die Werthaltigkeit der Immobilien soll erhalten bleiben. Das ist jedoch ein schwieriges Unterfangen, weil die Käufer am Immobilienmarkt derzeit am längeren Hebel sitzen. Signa Primes Verbindlichkeiten beliefen sich Ende 2022 auf 11,5 Milliarden Euro.
Benko-Debakel: Signa Prime meldet in Wien Insolvenz an - Neue Zürcher Zeitung - NZZ
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