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Wednesday, January 10, 2024

Benko-Beben in München reißt Galeria in die Pleite – aber jetzt kommt der 'Befreiungsschlag' - Abendzeitung

Deutschlands letzte große Warenhauskette ist zum dritten Mal pleite. Ist damit das endgültige Aus eingeläutet? Oder ist es ein "Befreiungsschlag", da sich Galeria nun aus der "Umklammerung" von Benkos Signa lösen kann?
Bei Galeria – hier die Filiale am Marienplatz in München – gehen wieder einmal die Lichter aus.
Bei Galeria – hier die Filiale am Marienplatz in München – gehen wieder einmal die Lichter aus. © IMAGO / Wolfgang Maria Weber

München - Schon zwei Mal seit 2020 musste die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof eine schmerzhafte Schrumpfkur durchmachen, um zu überleben. Viele Mitarbeiter verloren ihre Jobs oder mussten auf Teile ihres Gehalts verzichten, viele Standorte wurden geschlossen. Ende Januar werden weitere 18 dichtmachen müssen – so war es bereits mit dem letzten Sanierungsplan von 2023 beschlossen worden. Nun ist die Warenhauskette erneut pleite. Am Dienstag hat Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) beim Amtsgericht Essen einen Insolvenzantrag gestellt.

Galeria insolvent: Ob noch mehr Filialen schließen, "können wir jetzt nicht sagen"

Die Galeria-Chefs geben sich nichtsdestotrotz zuversichtlich. Man suche einen neuen Eigentümer. Gespräche mit potenziellen Investoren seien bereits angelaufen, Ziel sei die Fortführung von Galeria. Der vorläufige Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus appellierte an die Beschäftigten, "dem Unternehmen die Treue zu halten".

Ob es nun noch mehr Standortschließungen geben wird, ist nach Angaben der Geschäftsleitung noch offen. "Das können wir jetzt nicht sagen", sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung, Olivier van den Bossche. Der Galeria-Boss sieht den Dienstag als einen Tag, an dem man sich aus der "Umklammerung" von René Benkos Signa lösen könne. "Wir sehen in dem heutigen Tag ausdrücklich einen Befreiungsschlag", schrieb er in einer Mitteilung. "Galerias operativer Erfolg wird durch die Rahmenbedingungen der alten Eigentümerstruktur belastet."

Weiter heißt es: "Die Insolvenzen der Signa-Gruppe schädigen Galeria massiv, behindern das laufende Geschäft und schränken durch hohe Mieten und teure Dienstleistungen die künftige Entwicklungsmöglichkeit stark ein." Dieses Mal ist Galeria Karstadt Kaufhof pleitegegangen, nachdem der Mutterkonzern in existenzbedrohliche finanzielle Schieflage geraten ist. GKK war 2018 von der Signa des österreichischen Immobilienmilliardärs René Benko übernommen worden. Im vergangenen November musste die Signa Holding Insolvenz anmelden.

Weitere Unternehmen aus Benkos Handels- und Immobiliengruppe folgten: darunter die Signa Retail Selection AG, zu der GKK gehört. Sie hatte –  ebenfalls Ende November – angekündigt, ihr Geschäft geordnet abzuwickeln, was einen Verkauf von Galeria Karstadt Kaufhof bedeutet.

Erst Ende 2022 hatte die GKK Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Im März vergangenen Jahres stimmte die Gläubigerversammlung dem Insolvenzplan zu. Für die Sanierung hatte Signa der Warenhauskette 200 Millionen Euro zugesagt, die in mehreren Tranchen bis 2025 fließen sollen, die ersten 50 Millionen sollten im Februar gezahlt werden. Ein Galeria-Manager sagte der AZ bereits am Montag: "Die 200 Millionen werden offensichtlich nicht mehr kommen."

Im Januar geht in 18 Galeria-Filialen das Licht aus

Galeria hatte im Zuge der zweiten Insolvenz rund 40 Filialen schließen müssen. Auch für den Standort am Hauptbahnhof/Schützenstraße mit 250 Mitarbeitern kam das Aus. Ende Juni 2023 ging dort das Licht aus. Für 18 weitere Filialen ist in diesem Monat Schluss. Derzeit hat Galeria nach eigenen Angaben noch 15.500 festangestellte Mitarbeiter, nach den Schließungen im Januar sollten noch 92 Warenhäuser bleiben.

Während des letzten Insolvenzverfahrens hatte die Bundesagentur für Arbeit den Galeria-Beschäftigten drei Monate lang Insolvenzgeld gezahlt. Die Gläubiger im ersten und zweiten Insolvenzverfahren hatten auf Milliardenforderungen verzichtet, damit die Kaufhauskette aus der Krise findet. Auch der deutsche Staat half: 2021 und 2022 hatte der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) 680 Millionen Euro für die Rettung zur Verfügung gestellt. Voriges Frühjahr hieß es, zurückbekommen werde der WSF nur einen kleinen Teil aus der Verwertung des Warenbestands.

Die Galeria-Geschäftsführung bleibt nun erst mal im Amt, braucht aber für alle Geschäfte die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters Stefan Denkhaus. Der appellierte an alle: "Geben Sie uns die Chance, dass wir gemeinsam den Karren aus dem Dreck ziehen und in eine gute Zukunft führen." Eine frische Geldspritze vom Staat erwartet er nicht mehr.

Die Galeria-Chefs versuchen Optimismus zu verbreiten

Die bittere Nachricht erfuhren die Münchner Galeria-Mitarbeiter am Dienstagmorgen noch vor den Medien. An den vier Standorten Marienplatz, Rotkreuzplatz, OEZ  und Schwabing ging morgens eine Mail ein: "Liebe Kolleginnen und Kollegen", hieß es in einem Schreiben, das Galeria-Boss Olivier van den Bossche und Finanz-Geschäftsführer Guido Mager unterzeichnet hatten. "Wir haben heute, am 09.01.2024, einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Essen gestellt." Die Chefs bemühen sich in dem Schreiben, Mut zu machen und Optimismus zu verbreiten.

"Die kommenden Wochen werden für uns alle sehr anstrengend, aber wir werden sie gemeinsam bewältigen!", schreiben sie. Man glaube an Galeria. Die Zahlung von Insolvenzgeld sei sichergestellt. "Wir wollen Galeria als Ganzes erhalten", eine Zerschlagung sei ausdrücklich nicht gewollt, heißt es weiter. Das letzte Quartal sei gut gelaufen, die GKK-Filialen zukunftsfähig. "Gespräche mit potenziellen Investoren laufen bereits."

Galeria-Chef Olivier van den Bossche.
Galeria-Chef Olivier van den Bossche. © Rolf Vennenbernd/dpa

Früherer Galeria-Angestellter: "Die Stimmung ist extrem schlecht"

Und wie optimistisch sind die Mitarbeiter? "Die Stimmung ist extrem schlecht", sagt ein früherer Galeria-Angestellter, der noch zu vielen Ex-Kollegen Kontakt hält. Sie tun ihm leid. "Dieses Hin und Her, dann glaubt man, man ist gerettet, schöpft Hoffnung – und nun das."

Er glaubt, dass diejenigen, deren Filialen im Januar schließen, nun nicht mal mehr eine Abfindung bekommen. Für die anderen, deren Häuser bereits 2023 schlossen, gab’s wenigstens noch bis zu 7500 Euro – die allerdings noch versteuert werden mussten.

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